1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Ein Tag trauriger Erinnerung"

27. Januar 2005

In ganz Europa haben Spitzenpolitiker zusammen mit Überlebenden der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz gedacht.

Im KZ Auschwitz-BirkenauBild: AP

"Die Geschichte dieser Lager mahnt uns, dass das Böse real ist und bekämpft werden muss", sagte US-Vizepräsident Richard Cheney anlässlich des 60. Jahrestags der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz. "Wir werden daran erinnert, dass der Antisemitismus mit Worten beginnt, aber kaum dabei stehen bleibt. Und dass dieser Botschaft der Intoleranz und des Hasses begegnet werden muss, bevor sie sich zu Taten des Schreckens wandelt", so Cheney weiter.

Ein Kranz auf Schienen, die zur Gedenkstätte Oswiecim (Auschwitz) führen, 27.01.2004Bild: AP

Der 92-jährige Anatoli Schapiro, Kommandeur der russischen Truppen, die am 27. Januar 1945 als erste das Todeslager Auschwitz erreichten, wandte sich in eindringlichen Worten an die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung: "Ich möchte den Menschen in aller Welt sagen: Dies darf niemals wieder geschehen. Ich sah die Gesichter der Menschen, die wir befreiten - diese Menschen waren durch die Hölle gegangen", sagte Schapiro über Video-Link aus den USA.

Todesmaschine

In den Lagern Auschwitz und Birkenau kamen nach Schätzung von Historikern bis zu 1,5 Millionen Menschen um, in der Mehrzahl Juden, aber auch viele Polen, Sinti und Roma, Homosexuelle und andere. Etwa 85 Prozent der damals in Polen lebenden Juden - etwa 2,8 Millionen Menschen - wurden in den NS-Todeslagern umgebracht.

Staats- und Regierungschefs aus 30 Ländern kamen am Donnerstag (27.1.2005) zu der Gedenkveranstaltung in Krakau, unter ihnen Bundespräsident Horst Köhler, der israelische Staatspräsident Mosche Katzav und der russische Präsident Wladimir Putin. Putin warnte vor einem Erstarken des Antisemitismus. Auch in Russland gebe es solche Tendenzen, und er schäme sich dafür. Katzav rief Europa dazu auf, die Erinnerung an den Massenmord in Auschwitz als festen Bestandteil der politischen Kultur zu verankern: "Auschwitz muss den zentralen Platz im kollektiven Gedächtnis des vereinten Europas erhalten."

"Wir werden weniger"

Die zum Jahrestag nach Polen gekommenen ehemaligen Insassen des Lagers betonten, jede Generation müsse sich von neuem mit der Geschichte des Massenmords beschäftigen. "Ihr seid die letzte Generation, die mit Überlebenden sprechen kann", sagte Trudy Spira, die als Elfjährige mit ihrer Familie aus der Slowakei nach Auschwitz deportiert wurde. "Wir werden jeden Tag weniger."

Gedenken im Bundestag

Der Deutsche Bundestag gedachte am Vormittag in einer bewegenden Feierstunde an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz und an die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse erinnerte an die Millionen Menschen, die der "infernalen Todesmaschinerie" der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind. An dem "entsetzlichsten Ort der deutschen Geschichte" sei offenbar geworden, was Menschen in der Lage seien, anderen Menschen anzutun, sagte Thierse.

Die Veranstaltung wurde musikalisch von dem Liedermacher Wolf Biermann begleitet. Biermann, dessen Vater in Auschwitz ermordet wurde, trug Lieder aus dem "Großen Gesang vom ausgerotteten jüdischen Volk" von Jizchak Katzenelson vor. Er hatte das Werk gemeinsam mit dem Holocaust-Überlebenden Arno Lustiger, der als Ehrengast anwesend war, aus dem Jiddischen ins Deutsche übersetzt.

EU-Parlament

Die Abgeordneten des Europaparlaments legten im Gedenken an den Jahrestag eine Schweigeminute ein. Sie verabschiedeten zudem eine Erklärung, in der sie auf das "Besorgnis erregende Anwachsen des Antisemitismus" hinwiesen. Parlamentspräsident Josep Borrell sagte in Brüssel, Auschwitz sei ein Name für das Böse in einer unvorstellbaren Auswirkung: "Heute ist ein Tag der traurigen Erinnerung." (mas)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen