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Ein Tempel für das Automobil

Henrik Böhme19. Mai 2006

Geschätzte 150 Millionen hat sich der DaimlerChrysler-Konzern das neue Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart kosten lassen. Henrik Böhme hat sich das Ergebnis angeschaut.

Jährlich werden 750.000 Besucher in dem Werksmuseum erwartetBild: picture-alliance/dpa

Die so genannte Standuhr - entwickelt von Wilhelm Maybach und Gottlieb Daimler, 1885 zum Patent angemeldet - ist die Keimzelle der mobilen Gesellschaft. Mit diesem Exponat beginnt der Rundgang durch mehr als ein Jahrhundert des Automobils - und das - so soll es das Museum vermitteln - ist geprägt durch die Marke mit dem Stern.

Einen Steinwurf vom Mercedes-Stammwerk in Stuttgart-Untertürkheim entfernt - und somit an der Wiege des Automobils - haben Architekten und Museumsplaner ein neues Mekka für alle Fans des Automobils geschaffen.

Schon das alte Museum auf dem Werksgelände war mit 500.000 Gästen jährlich das meistbesuchte Firmenmuseum der Welt. Doch weil kein Platz zum Anbau war, endet die Geschichte hier in den 1970er Jahren. Für Nutzfahrzeuge, wo das Unternehmen immerhin Weltmarktführer ist, war überhaupt kein Platz.

Ein Neubau musste also her - und der öffnet nun nach sechs Jahren Planungs- und zweieinhalb Jahren Bauzeit seine Pforten. "Wir haben dieses Museum von innen nach außen entwickelt. Das heißt: Zuerst stand die Museumskonzeption mit zwei unterschiedlichen Rundgängen, mit der Auflage, Nutzfahrzeuge auszustellen - und dann erst sind wir in den Architektur-Wettbewerb gegangen," erklärt Firmenvertreter Enrico Müller von Mercedes-Benz. "Wir sind der Meinung, diese Architektur des neuen Museums ist für die Marke Mercedes-Benz maßgeschneidert: innovativ, zeitlos, einzigartig."

Kleeblatt mit Endlosschleifen

In der Tat: Das fast 50 Meter hohe, futuristisch wirkende Bauwerk aus Glas, Beton und Aluminium ist ein Blickfang. Um die Form eines Kleeblatts windet sich eine Art doppelte Endlosschleife durch das Museum, in dem es weder geschlossene Räume noch gerade Wände gibt. Jede der 1800 Glasscheiben ist ein Unikat.

Entworfen hat das Gebäude der niederländische Architekt Ben van Berkel: "Ein Museum für ein industrielles Produkt zu machen ist recht ungewöhnlich und es war eine Herausforderung eine passende Struktur dafür zu finden," erzählt van Berkel. "Jetzt aber können sie die Autos von oben, von unten und von der Seite sehen. Dadurch gibt es ständig wechselnde Perspektiven."

160 Fahrzeuge und weitere 1500 Exponate werden gezeigtBild: picture-alliance/dpa

Die Besucher werden zunächst mit dem Aufzug acht Etagen nach oben gebracht. Von dort aus führen zwei Rundgänge in weiten Kurven durch die Sammlung zurück zum Ausgangspunkt.

Einer der Parcours erzählt die Geschichte von Mercedes-Benz in chronologischer Reihenfolge. Der zweite ordnet die Fülle der Fahrzeuge thematisch an - zum Beispiel finden sich in einer "Galerie der Namen" der Benz des letzten deutschen Kaisers, der aufgemotzte 190er des Ex-Beatles Ringo Starr oder der SLK von Lady Diana.

Schauen und wiederkommen

Verschiedene Kollektionen - zum Beispiel Feuerwehren - sollen den Besucher animieren, nicht nur einmal ins Museum zu kommen. "Dann kann der Besucher ein weiteres Mal kommen und sich nur den Raum der Blaulicht-Fraktion anschauen," erklärt Markus Betz, der die Ausstellung konzipiert hat. Deshalb werden auch verschiedene Audio-Guides angeboten und eine Klatsch-und-Tratsch-Ecke soll die "Damenwelt" anziehen, hofft Betz.

An vielen Stationen - so genannten Werkbänken - kann der Besucher sein Wissen vertiefen - per Film und Ton. Oder er kann sich in einen der 33 Schaukästen vertiefen, die zeigen, was noch alles zum Autofahren gehört: Verkehrsschilder, Strafzettel, oder Führerscheine "zum Nachweis der Fahrtüchtigkeit des Wagenlenkers". Und der Museumsführer erklärt, warum der Kotflügel Kotflügel heißt: "Das war zu der Zeit, als die Motor-Kutschen parallel mit den Pferde-Kutschen unterwegs waren. Das war ein Riesen-Problem: Die Pferde-Äpfel lagen überall auf den Wegen und wurde bei Regen direkt in die Kutschen geschleudert. Davor wollte man sich natürlich schützen - und hat dann diese so genannten Kot-Flügel über den Rädern angebracht."

Die Rundgänge enden in einer furiosen Steilkurve - wo die Rennsportgeschichte des Konzerns auf eindrucksvolle Weise dargestellt wird. Vom legendären Silberpfeil bis zum neuesten Formel-1-Rennwagen ist alles am Start - dazu gibt es brüllenden Motoren-Sound und schnelle Bilder. Wem das noch nicht reicht, der kann im Fahr-Simulator 120 Jahre Renngeschichte in 120 Sekunden erleben.

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