"Ein Theaterspiel des Regimes" in Syrien
21. Juli 2020Die in Syrien herrschende Baath-Partei und ihre Verbündeten gewannen 183 der 250 Sitze in Parlament in Damaskus, wie aus dem amtlichen Wahlergebnis hervorgeht. Sie hatten sich zu einem Bündnis namens "Nationale Einheit" zusammengeschlossen. Auch auf etlichen der anderen 67 Sitze werden Personen Platz nehmen, die Präsident Baschar al-Assad unterstützen.
Es war die dritte Parlamentswahl seit Beginn des Bürgerkriegs in dem arabischen Land vor neun Jahren - und die erste, die auch in ehemaligen Rebellenhochburgen abgehalten wurde. Gewählt wurde am vergangenen Sonntag auf jenen rund 70 Prozent des Staatsgebiets, die sich unter Assads Kontrolle befinden. Dafür waren in dem Gebiet mehr als 7000 Wahllokale eingerichtet worden. Doch die Wahlbeteiligung blieb äußerst gering: Sie wurde mit lediglich 33 Prozent angegeben - nach 57 Prozent bei der Parlamentswahl 2016.
Keine Überraschung
Der klare Sieg der Baath-Partei war erwartet worden, wirkliche Oppositionskandidaten gab es nicht. "Dies sind schlicht unrechtmäßige Wahlen. Das Regime hat die Kandidaten gewählt, selbst die unabhängigen", betonte Jahia Aridi, der an den Genfer UN-Friedensgesprächen als Mitglied der Opposition teilnimmt. "Die Menschen in Syrien hatten kein freies Wahlrecht. Dies war ein Theaterspiel des Regimes." Kritiker hatten schon vor der Wahl von einer Farce gesprochen.
Der Wahltermin war wegen der Coronavirus-Pandemie zwei Mal verschoben worden. Syrien erlebt seit Monaten eine schwere Wirtschafts- und Währungskrise. Das Syrische Pfund verfällt in rasantem Tempo, die Inflation nimmt stetig zu. Die Lebensmittelpreise haben sich im zurückliegenden Jahr verdoppelt, im Vergleich zur Vorkriegszeit sogar verzwanzigfacht. Das Welternährungsprogramm (WFP) warnte kürzlich vor einer "beispiellosen Hungerkrise" in Syrien. Schätzungsweise 80 Prozent der Bevölkerung in Syrien leben in Armut.
In dem Bürgerkrieg wurden seit 2011 schon mehr als 380.000 Menschen getötet. Die Millionen im Ausland lebenden syrischen Flüchtlinge durften nicht an der Parlamentswahl teilnehmen.
wa/cw (dpa, afp)