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Buchheims Museum der Phantasie eröffnet

1. Januar 1970

Lothar-Günther Buchheim eröffnete am 23. Mai am Starnberger See sein "Museum der Phantasie".

Jahrzehntelang hat er nach einem geeigneten Platz gesucht. Viele Städte wollten seine Sammlung nicht. In seiner Heimatgemeinde Feldafing stimmten die Bewohner sogar mit einem Bürgerentscheid gegen seine Museumspläne. Seit dem 23. Mai ist Lothar-Günther Buchheim nun am Ziel seiner Träume angelangt: In Bernried am Starnberger See wurde sein "Museum der Phantasie" eröffnet, das berühmte expressionistische Bilder ebenso wie Briefbeschwerer oder Karusselltiere präsentiert.

Schon im Eingangsbereich sieht der Besucher Lothar-Günther Buchheims Museumsidee: Ein kleiner Ausflugskahn in Schwanengestalt schwebt förmlich von der Decke und weist den Weg zu seinen diversen, über 1.000 Kunstwerke umfassenden Sammlungen mit den Expressionisten als Herzstück. Der 83-jährige Sammler, der sich selbst eher als Zusammenträger und Wiederausbreiter sieht, hat für sein "Museum der Phantasie" 30 Jahre gestritten. Malerisch am Starnberger See gelegen, soll es nun Kunstliebhaber in Scharen nach Bernried ziehen.

Neben Buchheims "bunter Zirkuswelt" mit Hinterglasbildern, Hampelmännern und Karussellpferden beeindruckt vor allem die bedeutende und auf einen Wert von über 200 Millionen Mark geschätzte Sammlung der "Brücke"-Künstler, die in zwei großen hallenartigen Räumen zu bewundern ist. Im Zentrum der Sammlung stehen Werke der Maler Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller, Emil Nolde, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff.

Um die Arbeiten der "Brücke"-Künstler gruppieren sich Werkkomplexe von Max Beckmann und Christian Rohlfs. Aquarelle und Grafiken von Otto Dix leiten zur Kunst der 20er Jahre über. Die intimeren Räume der beiden mehrstöckigen "Türme" sind den volks- und völkerkundlichen Sammlungen vorbehalten. Diese bescheiden als "Nebensammlungen" bezeichneten Kunstwerke sind in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Werken der Expressionisten zu sehen.

Für Buchheim sollte es von Anfang an kein "normales Museum" werden. Der Autor des Welterfolgs "Das Boot" wollte als eine "Art Wellenbrecher" gegen die "Woge der Gleichmacherei" antreten und zeigen, "dass Kunst nicht im Vakuum entsteht, sondern immer aus Kunst kommt". Das 38 Millionen Mark teure Museum, das zum Großteil vom Freistaat Bayern finanziert wurde, soll deshalb Kunst der Primitiven, Volkskunst und Trivialkunst mit den Expressionisten zusammenbringen. Herausgekommen ist ein "Fest fürs Auge" und eine künstlerische Botschaft, die nach den Vorstellungen der "Brücke"-Maler ins "Volk" wirkt.

Vor der Eröffnungsfeier wurde jedoch noch heftig gegrantelt: "Ich weiß bis heute eigentlich nicht, wer das Museum gebaut hat", meint der streitbare Kunstsammler, Maler und Autor. Die Spitze zielt auf den Architekten des Münchner Olympiastadions, Günter Behnisch. Nicht nur, dass er sich um alles habe kümmern müssen, viele Hinweise seien einfach ignoriert worden. "Ich wollte Wände, Wände, Wände - Behnisch baute Balkone, Terrassen und große Sichtfenster." Diese "Ausblicke ins Grüne" lenkten vom eigentlichen Inhalt des Museums ab. "Die Symbiose von Kunst und Natur soll außen und nicht innen stattfinden", meint der Sammler. Aber Buchheim weiß auch: "Es hätte schlimmer werden können."

Für den unbefangenen Besucher zeigt sich jedenfalls ein beeindruckendes Bild. In klaren Linien hat der Münchner Baumeister ein architektonisches Juwel geschaffen, das sich harmonisch in die hügelige Landschaft des Alpenpanoramas einfügt. Auch der bis in den Schilfgürtel hinausragende Steg, an dessen Ende man den Starnberger See von Nord bis Süd bewundern kann, wird sicherlich ein zusätzlicher Anziehungspunkt für die Museumsgäste werden. Für Buchheim ist es in jedem Fall einer der "schönsten Plätze Europas" und ein "einzigartiges Museumskonzept".

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