Tansanias fleißige Bienen
23. Juni 2015 Tausende von Drohnen schwirren über die Ebenen Tansanias. Jede von ihnen blickt durch Tausende kleiner Linsen auf ihre Umgebung. Die männlichen Bienen haben vielleicht nicht die gleichen Hightech-Gadgets wie ihre elektronischen Namensvettern, die inzwischen dafür eingesetzt werden, um die Entwaldung großflächig im Auge zu behalten, aber sie sind nützliche Mitstreiter beim Naturschutz in der Singida-Region des Landes.
Die unscheinbaren Insekten stehen vor großen Herausforderungen. Während der vergangenen zwei Jahrzehnte hat Tansania umgerechnet 400.000 Hektar Wald pro Jahr verloren. Der neueste #link:http://www.fao.org/forestry/fra/fra2010/en:Global Forests Resources Assessment# der Welternährungsorganisation (FAO) führt auf, dass dadurch die Artenvielfalt zurückgegangen ist und die Böden erodieren.
In einer Region, wo Armut weit verbreitet ist und es wenige Erwerbsmöglichkeiten gibt, behelfen sich viele Menschen damit, Bäume zu fällen und daraus Holzkohle herzustellen. Jimi Akindele, dem Mitbegründer des Imker-Social Ventures #link:http://tanganyikaapicultural.com:Tanganyika Apicultural#, zufolge, liefert der Handel mit Holzkohle mehr als die Hälfte der Haushaltseinkommen in großen Teilen des Landes. Und er ist inzwischen sogar organisiert - durch bewaffnete illegale Holzfäller, die die Wälder ihrer wertvollen Ressourcen berauben.
Bienenzucht in ländlichen Gebieten könnte denjenigen, die sonst mit dem Abholzen ihr Geld verdienen, eine finanziell attraktive Alternative bieten. Das ist zumindest die Hoffnung.
Frauen stärken
“Tanganyika Apicultural” hat seinen Sitz in Singida, einer der wichtigsten Bienenzuchtregionen Tansanias, und arbeitet in erster Linie mit Kooperativen, die von Frauen geleitet werden. Zurzeit unterstützt die Organisation 326 Frauengruppen. Sie bietet ihnen Zugang zu Mikrokrediten, moderneren Technologien, Methoden und, sehr wichtig: lukrativen Märkten. Der Fokus auf Frauen ist kein Zufall, sagt Akindele, der auch als internationaler Rechtsanwalt tätig ist.
“Ich dachte, es wäre hervorragend, Frauen an Bord zu haben, weil es für sie ansonsten nur sehr begrenzte ökonomische Chancen gibt”, so Akindele.
In einem Land, in dem Frauen durchschnittlich sechs Kinder haben, ist für Philemon Kiemi, tansanischer Bienenzüchter und Mitgründer von “Tanganyika Apicultural”, klar, dass Frauen besonders geeignet sind. “Frauen in ländlichen Gebieten organisieren ihre Familien besser als die Männer. Wenn man sie unterstützt, unterstützt man zugleich ihre Familien.”
Alte Traditionen modernisiert
Die Bienenzucht ist seit Tausenden von Jahren ein Bestandteil von Tansanias Landwirtschaft. Ihre Blütezeit war während der Kolonialzeit im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, als Deutschland über ein Gebiet herrschte, das auch das heutige Tansania umfasste.Die Bienenzucht ist noch immer weit verbreitet. Geschätzte zwei Millionen Tansanier im ländlichen Raum sind heute in der Herstellung von Bienenwachs und Honig beschäftigt, aber bei 99 Prozent der gesamten Honigproduktion des Landes werden noch immer traditionelle und weniger nachhaltige Bienenzuchtmethoden angewandt.
Bei der traditionellen Methode wird der Bienenstock aus einem ausgehöhlten Baumstamm oder aus Baumrinde gemacht. Wenn er besiedelt ist, wird er geöffnet und die Honigwaben werden geerntet. Das ist eine billige Methode, aber dabei wird die Kolonie zerstört und kann somit nur einmal geerntet werden. Und das ist nicht das einzige Problem.
“Es ist sehr arbeitsintensiv und erfordert, dass man auf einen Baum klettert und tief in den Wald hineingeht, was für Frauen sehr mühselig sein kann”, sagt Akindele. Mit modernen Imkereitechniken können Frauen ihr Einkommen steigern, denn “nachhaltige Bienenzucht bedeutet weniger Zeit und Mühe.”
Bedrohte Bienen
“Tanganyika Apicultural” sind nicht die einzigen, die Bienenzucht als Anreiz zum Schutz des Waldes fördern. Bei ihren Bemühungen, die Entwaldung aufzuhalten, heben die Regierung Tansanias sowie lokale und internationale NGOs, wie der World Wildlife Fund (WWF), den ökologischen und finanziellen Nutzen der Bienenzucht hervor. Auch in anderen afrikanischen Ländern, haben Bienenzuchtprojekte inzwischen Fuß gefasst, unter anderem in #link:http://www.farmafrica.org/about-food-for-good/industry-leaders-challenge-:Kenia.#
Die tansanischen Behörden verzeichneten Anfang 2015 einen #link:http://reut.rs/1DRb6Kt:sprunghaften Anstieg der illegalen Rodungen#. Im Küstendistrikt Rufiji werden Hunderte von Tonnen Holz aus den Wäldern geschmuggelt. Die Situation ist inzwischen so dramatisch, dass einige einheimische Baumarten, wie der Mninga, lokal fast ausgestorben sind.Auch Bienenzüchter leiden unter der Situation, denn die Pflanzen, von deren Blüten sich die Insekten ernähren, verschwinden ebenfalls. Und jetzt taucht bereits eine neue Bedrohung auf: die Varroamilbe.
Der Parasit hat bereits die Europäische Honigbiene dezimiert und ist nun auch in Tansania auf dem Vormarsch. 2014 kam eine Studie im #link:http://www.entomoljournal.com/vol2Issue3/pdf/5.1.pdf:Journal of Entomology and Zoology Studies# zu dem Ergebnis, dass 48 Prozent von 175 untersuchten Honigbienenkolonien in Tansania von den Milben befallen sind.
Ingolf Steffan-Dewenter, Bienenexperte und Professor an der Universität Würzburg, hat die Hoffnung, dass die tansanischen Honigbienen robuster sein könnten, als ihre europäischen Verwandten.
“Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass die ostafrikanischen Honigbienen-Populationen resistenter sind als die europäischen”, sagt er. “Aber das muss genauer untersucht werden.”
Die tansanische Regierung hat die wichtige Rolle der Bienen bei der Erhöhung der Artenvielfalt und gesteigerter Ernteerträge hervorgehoben. Steffan-Dewenter weist aber darauf hin, dass es schwer ist, den Effekt einer konkreten Anzahl von Bienen auf die lokale Biodiversität zu beziffern.
In jedem Fall ist die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern, Naturschutzgruppen, regionalen Behörden und anderen Gruppen entscheidend. Das außergewöhnlich gute Teamwork der Bienen ist diesbezüglich ein exzellentes Vorbild. Wie Kiemi sagt: “Du kannst nicht alleine arbeiten und erfolgreich sein.”