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Im Kino: Jim Jarmuschs neuer Film "Paterson"

Jochen Kürten
17. November 2016

Anfang der 1980er-Jahre wurde Jim Jarmusch weltweit zur Ikone des US-Independent-Kinos. Sein neuer Film wirkt wie eine Art Gegenentwurf zu den Vereinigten Staaten des Donald Trump: still und leise, sensibel und lyrisch.

Filmstill Paterson
Golshifteh Farahani in "Paterson"Bild: Mary Cybulski

Wer in den frühen 1980er-Jahren ins Kino gegangen ist, der kam um diesen Mann nicht rum: Jim Jarmusch. Seine Filme "Permanent Vacation", "Stranger Than Paradise" und "Down by Law" standen für ein ganz anderes Kino der großen Filmnation USA.

Kurz nachdem Regisseure wie George Lucas und Steven Spielberg die Bühne betraten, mit poppigen Weltraum-Opern und teuren Ausstattungsfilmen, kam da ein junger Mann aus Ohio und zeigte den verblüfften Zuschauern in aller Welt, dass da noch Anderes möglich ist im Lande Hollywoods.

Jarmusch wurde schnell Kult - vor allem in Europa

Jarmusch drehte in Schwarz-Weiß und mit unbekannten Darstellern, erzählte Geschichten jenseits allen Hollywood-Glanzes, über junge Menschen wie Du und Ich.

Schmutziges, jugendliches, wildes Amerika: "Stranger than Paradise"Bild: imago/EntertainmentPictures

Jarmusch-Filme wurden schnell Kult, boten sie doch Identifikationsmuster für all jene, die die USA zwar für ein tolles und auch weltoffenes Land hielten und das klassische Hollywood-Kino sowie den unabhängigen amerikanischen Film liebten, mit den hochgezüchteten modernen Hollywood-Blockbustern aber nicht viel anfangen konnten.

Kultureller Gegenentwurf zum Amerika Donald Trumps

Wenn heute, rund 30 Jahre später, der neue Film des inzwischen auch schon 63-jährigen, ewig jung wirkenden Regisseurs in die Kinos kommt, ein paar Tage nach der Wahl des neuen US-Präsidenten, dann tut sich wieder ein gewaltiger Gegensatz auf. Jarmuschs Film Paterson wirkt wie der kulturelle Gegenentwurf zum Amerika des Donald Trump - leise statt laut, sensibel statt auftrumpfend, ehrlich statt verlogen.

Hauptdarsteller Adam Driver im Mai in CannesBild: picture alliance/dpa

Der Busfahrer Paterson im gleichnamigen Film ist ein stiller, introvertierter Charakter, der Gedichte liebt, selber schreibt und den amerikanischen Lyriker William Carlos Williams verehrt. Der Film spielt weder in New York noch in Washington und auch Hollywood ist weit weg. Das Kleinstädtchen Paterson in New Jersey hat schon bessere Tage gesehen. Es ist ein unspektakuläres, schmutziges, provinzielles, ja fast hässliches Amerika, das uns Jarmusch und sein Kameramann Frederick Elmes vorführen.

Golshifteh Farahani - ein Star aus dem Iran 

Patersons Freundin wird von der charismatischen wie attraktiven Golshifteh Farahani gespielt, eine inzwischen in Frankreich lebende Schauspielerin aus dem Iran. Sie belebt Jarmuschs Film mit unbändiger Lebenslust und Kreativität, Spontanität und einem Schuss Verrücktheit.

Golshifteh Farahani und Jim Jarmusch in CannesBild: picture alliance/dpa

All diese Komponenten - der Blick in die Hinterhöfe amerikanischer Städte, die Beschäftigung mit Dichtung und Lyrik, die Lebenslust und Andersartigkeit nicht-amerikanischer Einwanderer - vermitteln in diesen Zeiten ein völlig anderes Bild der USA, fernab der lauten Protzigkeit des designierten US-Präsidenten Donald Trump.

"Paterson" ist eine Feier der Poesie von Details, Variationen und alltäglichen Begegnungen. "Der Film ist gedacht als eine Art Gegenentwurf zu hochdramatischem oder Action-orientiertem Kino", erklärt Jarmusch seinen inzwischen elften langen Spielfilm, "er erzählt eine ruhige Geschichte, ihre zentralen Figuren haben keine wirklich dramatischen Konflikte. Die Struktur ist einfach und folgt lediglich sieben Tagen im Leben der Figuren."

Jarmusch über Williams: "Philosophie der kleinen Details"

Über den von ihm sehr geschätzten Dichter William Carlos Williams, den im Film auch der Busfahrer Paterson so sehr verehrt, urteilt der Regisseur: "Seine Philosophie ist die Poesie der kleinen Details und der Dinge des täglichen Lebens. Eine seiner Gedichtzeilen, die Method Man von Wu-Tang Clan - der einen Auftritt im Film hat - zitiert, lautet: 'No ideas but in things'. Das bedeutet, dass man Ideen aus der realen Welt bzw. aus den Details der realen Welt bezieht."

Dreht dem Trump-Amerika den Rücken: Adam Driver in und als "Paterson"Bild: Mary Cybulski

Als Jarmusch seinen Film im Mai der Weltöffentlichkeit vorstellte, da glaubte noch niemand an eine Wahl Trumps zum Präsidenten. Jetzt, da der Film international in die Kinos kommt, erscheint er wie ein Gegengift. Deutschland, wo die Fangemeinde des Regisseurs besonders groß ist, ist übrigens das zweite Land (nach Mazedonien), in dem der Film nach einigen Festivaleinsätzen regulär in den Kinos startet an diesem Donnerstag.

In den USA kommt "Paterson" offiziell erst am 28. Dezember in die Kinos. 

 

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