Kälte macht noch keine Erkältung
26. September 2022Eine Körpertemperatur von 36,5 bis 37 Grad Celsius ist für uns Menschen ideal. Dann funktionieren wir am besten. Unser Stoffwechsel und all unsere Organe hängen von dieser Kerntemperatur ab, und unser Körper tut alles, um sie aufrecht zu erhalten.
Ob unser Körper die richtige Temperatur hat, misst er über Rezeptoren. Ein, zwei Grad machen da nicht viel aus. Sinkt die Temperatur aber stark ab, versucht der Körper, den Stoffwechsel zu aktivieren, um so die Balance zu halten.
Das körpereigene Thermostat
Unser Stoffwechsel versorgt uns mit den notwendigen Nährstoffen. Er sorgt dafür, dass Essen zerkleinert und umgewandelt wird, sodass die Zellen die Nährstoffe verwerten können. Außerdem wärmt der Stoffwechsel den Körper. Ist es kalt, benötigt er mehr Energie. Bei Kälte verengen sich die Blutgefäße, damit nicht zu viel Wärme verloren geht.
Für eine gute Durchblutung brauchen wir also mehr Energie. Auch das Zittern ist eine Art Schutzmechanismus. Wenn wir bei großer Kälte zittern und frösteln, versucht unser Körper, Wärme zu produzieren und zu verhindern, dass er auskühlt.
Für eine Erkältung sind Viren verantwortlich
Durch Frieren und Kälte allein werden wir jedoch nicht krank. Eine Erkältung wird in der Regel durch Viren ausgelöst.
Hauptverursacher einer Erkältung sind Rhinoviren. Es gibt sie weltweit und sie führen zu Infektionen der oberen Atemwege. Die Viren verbreiten wir vor allem über unsere Hände, aber auch über die Luft können wir uns anstecken. Anders als bei der Grippe, die durch Influenzaviren ausgelöst wird, gibt es gegen eine Erkältung keine Impfung - da müssen wir einfach durch.
Erkältungen kommen meist im Winter
Trotz alledem hängen Erkältungen auf der Nordhalbkugel mit der kalten Jahreszeit zusammen. Auch das hat seine Gründe: Bei Kälte, also im Winter, haben Erreger besonders leichtes Spiel, denn kalte Luft ist trocken und ein solches Milieu ist ideal für die Erkältungsviren. Aber nicht nur die Außenluft ist dann trocken, auch in Innenräumen ist die Luftfeuchtigkeit oft zu niedrig, unsere Schleimhäute trocknen aus. Ohne diese Schutzschicht aus Schleim können Viren sehr schnell in unseren Körper gelangen.
Klimaanlagen etwa sorgen auch dafür, dass unsere Schleimhäute austrocknen, da sie der Luft Feuchtigkeit entziehen. Die Luft, die von einer Klimaanlage abgegeben wird, ist trockener als die, die zuvor angesogen worden ist.
Außerdem sind viele unsere Körperteile bei Kälte schlechter durchblutet. Dazu gehört auch unsere Nase. Unsere Immunzellen sind in der kalten Jahreszeit nicht fit genug, um den Eindringlingen den Kampf anzusagen und sie erfolgreich abzublocken. Bei Kälte ist unser Immunsystem besonders stark gefordert.
Viren mögen niedrige Temperaturen
Sinken die Temperaturen unter 19 Grad, steigt das Risiko für Infekte und Erkältungen. Vor allem bei älteren Menschen, Menschen mit niedrigem Blutdruck und bei jenen, die sich wenig bewegen, besteht dann eine erhöhte Infektionsgefahr. Grundsätzlich gehen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) niedrigere Raumtemperaturen etwa bei Menschen mit Asthma mit einer höheren Anfälligkeit für eine Erkältung und damit für andere Atemwegserkrankungen einher.
Gerade in geschlossenen Räumen schweben die Erreger in der Luft und können sich können sich dort problemlos anreichern. Draußen hingegen werden sie durch die Luft abtransportiert. Ansteckungsgefahr besteht an der frischen Luft nur, wenn man sich mit jemandem unterhält, der einem gegenübersteht und man so dessen Viren aus der Atemluft aufnimmt.
Frauen frieren schneller als Männer
Tatsächlich frieren Frauen eher als Männer. Das hat vor allem biologische Gründe. Männer haben meist wesentlich mehr Muskelmasse und die bietet einen gewissen Schutz vor Kälte. Muskelzellen erzeugen Wärme, da sie Kalorien verbrauchen. Männer haben eine dickere Haut als Frauen, sodass der weibliche Körper schneller auskühlt.
Ob Temperaturen bei Männern und bei Frauen einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Gehirns ausüben, haben Forschende der University of South California und dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung in einer Studie untersucht. Sie war im Mai 2019 im Fachmagazin Plos One veröffentlicht worden. Mehr als 500 Studierende hatten daran teilgenommen. Ein Ergebnis der Studie war, dass die Gehirne von Frauen bei einer Temperatur von etwa 30 Grad und darüber am besten funktionieren. Die geistige Leistungsfähigkeit von Männern hingegen war der Studie zufolge bei unter 20 Grad Celsius am besten. Bei dieser Temperatur beginnen Frauen bereits an zu bibbern, sie können sich schlechter konzentrieren und arbeiten nicht so effizient als wenn das Thermometer nach oben zeigt. Das ist zumindest ein Resultat der Studie. Aber auch das persönliche Temperaturempfinden spielt eine Rolle. Dazu aber wären weitere intensive Untersuchungen nötig, und diese kämen dann vielleicht zu ganz anderen Ergebnissen.
Bei Kindern ist die Sache einfacher. Sie frieren generell nicht so schnell. Das liegt zum einen einfach daran, dass sie sich meist mehr bewegen als ältere Menschen. Die Muskelaktivität kann ihren kleinen Körper schneller aufwärmen als den eines Erwachsenen und schließlich sind sie oft so intensiv mit Spielen beschäftigt, dass sie Kälte gar nicht erst spüren, unabhängig davon, ob es um einen Jungen oder um ein Mädchen geht.
Warum frieren die Inuit nicht?
Menschen, die in kalten Regionen leben so wie die Inuit, frieren nicht so leicht wie etwa Europäer. Das ist unter anderem genetisch bedingt. Die Bewohner haben sich den extremen Temperaturen in ihrer Heimat angepasst. Dafür ist eine Reihe von Genmutationen verantwortlich. Diese sorgen auch für einen veränderten Stoffwechsel. Dadurch können beispielsweise die Inuit auf Grönland Körperfett effizient in Wärme umwandeln und ihre fischreiche Kost gut verwerten. 2015 hatten Forscher um Matteo Fumagalli vom Imperial College London eine Studie dazu im Fachjournal Science veröffentlicht.
Erkältungen vorbeugen
Diese besondere Anpassung haben die meisten Menschen leider nicht. Doch trotzdem sind wir Erkältungen nicht völlig schutzlos ausgeliefert: Nicht zuletzt COVID-19 hat gezeigt, wie wichtig Hygienemaßnahmen - etwa regelmäßiges Händewaschen - sind. Auch das Raumklima kann für das Ansteckungsrisiko entscheidend sein: Trockene Heizungsluft sorgt für trockene Schleimhäute und das freut die Viren, denn dann können sie leichter in unseren Körper kommen. Regelmäßiges Lüften kann dem entgegenwirken.