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Große Koalition in Italien?

Kirstin Hausen21. April 2013

Nach einem Wahlkrimi, bei dem vor allem die Demokratische Partei ein jämmerliches Bild abgab, verdichten sich die Hinweise auf eine große Koalition. In Rom protestierten nicht nur Sympathisanten der Fünf-Sterne-Bewegung.

GettyImages 167099339 Five Star Mouvement supporters shout slogans and hold banners that read 'PD (Democratic Party) sold to Berlusconi' (L) and 'Rodota is my president' (R) as they gather outside the Italian Parliament in Rome on April 20, 2013 during the election of Italy's President. Italy's 87-year-old President Giorgio Napolitano on Saturday said he would run for a second term despite earlier ruling out the prospect, following an appeal from the main parties to help defuse an increasingly tense political crisis.'I consider it necessary to offer my availability,' Napolitano said in a statement, as bickering lawmakers prepared for a sixth round of voting in parliament that he is now expected to win by a large margin. AFP PHOTO / FILIPPO MONTEFORTE (Photo credit should read FILIPPO MONTEFORTE/AFP/Getty Images)
Proteste gegen Wiederwahl Napolitanos am 20. April 2013Bild: AFP/Getty Images

"Tutti a casa" - "Geht alle nach Hause", schreien Demonstranten vor dem Parlament in Rom und heben die Fäuste. Viele junge Gesichter, Familien. Es sind aufgebrachte Sympathisanten, Wähler und Mitglieder der Fünf-Sterne-Bewegung des früheren Komikers Beppe Grillo. Aber nicht nur. Auch von ihrer Partei enttäuschte Anhänger des "Partito Democratico" (PD) machen ihrem Ärger auf dem Platz vor dem Parlamentsgebäude Luft. "Verräter" nennen sie Pierluigi Bersani, der vom Amt des Parteisekretärs zurückgetreten ist. Verraten habe er den Wunsch seiner Wähler nach Veränderung, sagt Pino Crasto und erklärt, bei der nächsten Wahl für Beppe Grillo stimmen zu wollen.

Grillo und Berlusconi gestärkt

Der unbequeme Politpolterer Grillo geht als Sieger aus dem Wahlkrimi um das Amt des Staatspräsidenten hervor - neben Silvio Berlusconi, der mit seinen Äußerungen über Möglichkeiten einer großen Koalition die Spaltung des linken Lagers erreicht hat. Grillos Fünf-Sterne-Bewegung hat in allen sechs Wahlgängen für ihren Kandidaten, den Rechtsprofessor Stefano Rodotà, gestimmt. Transparent und konsequent. Ganz anders die PD-Abgeordneten. So viele von ihnen verweigerten ihrem Parteisekretär die Gefolgschaft, dass dessen Kandidaten jämmerlich scheiterten. Die PD gebe es nicht mehr, erklärten mehrere Abgeordnete nach dem Rückzug der Kandidatur des früheren Ministerpräsidenten Romano Prodi.

Grillos Fünf-Sterne-Bewegung blieb bei Wahl konsequentBild: Reuters

Zuletzt musste sich Bersani mit Monti und Berlusconi auf eine Wiederwahl des 87-jährigen Giorgio Napolitano einigen, um überhaupt einen Kandidaten durchzubringen. "Es ist eine Schande, was für ein lächerliches Bild wir in Europa abgeben, absurd", klagt Giuseppe Paglia, der selbst 20 Jahre lang linke Kommunalpolitik in der Lombardei gemacht hat und nun den Aufkleber der Fünf-Sterne-Bewegung am Jackenkragen trägt. Angesichts der vielen jungen Gesichter um ihn herum gleitet ein schnelles Lächeln über sein bekümmertes Gesicht. Er findet es gut, dass sich die "Generation unter 40" politisch engagiert. "Die Leute wollen einen Wandel, Erneuerung. Aber was machen die Politiker? Sieht so Erneuerung aus? Die PD hätte ihre Führungskräfte schon früher austauschen müssen."

PD: Neuer Parteiführer gesucht

Die Anspielung gilt Matteo Renzi, dem jungen Bürgermeister von Florenz mit Ambitionen auf die Rolle des Parteiführers. Seit Monaten führt er einen internen Kleinkrieg gegen Pierluigi Bersani. Nun wird er als sein Kronprinz gehandelt. Giuseppe Paglia nickt energisch. "Renzi will die Alten in der Partei verschrotten, und er hat Recht. Leute, die seit 30 Jahren dort herumsitzen…" Dort - das ist der "Palazzo", in dem sich die Politiker vor den Bürgern verschanzen wie in einem Bunker.

Während Italiens Wirtschaft immer weiter einbricht - in den ersten drei Monaten des Jahres sind mehr als 4000 Unternehmen pleitegegangen - und sich die Kaufkraft der Bürger innerhalb eines Jahres um fünf Prozent verringert, betreiben die Politiker Machtgeschacher wie eh und je. "Wir sind es leid. Ich sehe doch, wie schlecht es den Leuten geht, wie viele ihre Arbeit verloren haben", sagt Annarita Pece, die in einem Einkaufszentrum nördlich von Mailand einen Zeitungskiosk betreibt.

Zur zweiten Amtszeit gedrängt?

Napolitano war nicht versessen auf eine zweite Amtszeit, das hat er mehrfach betont. Er habe sich "der Verantwortung letztlich nicht entziehen" können, weil offenbar nur so der Weg für eine Regierungsbildung frei wird. Napolitano hat sich vor seiner Kandidatur von Bersani, Monti und Berlusconi versichern lassen, dass sie eine Koalition bilden werden, so schreiben die italienischen Zeitungen - und die Wellen schlagen hoch. Denn Bersani hatte nach seinem Wahlsieg ohne Regierungsmehrheit verkündet, auf keinen Fall Berlusconis Partei PDL mit in die Regierung zu nehmen. Doch ohne Berlusconi geht es nicht, weil die Abgeordneten der Fünf-Sterne-Bewegung nach dem Nein zu ihrem Wunschkandidaten Stefano Rodotà seitens der PD-Führung nun noch überzeugter in die Opposition gehen.

Napolitano wollte eigentlich nicht wieder Staatspräsident seinBild: Reuters
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