1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Eine Hürde weniger für den Gaza-Abzug

Peter Philipp29. März 2005

Das israelische Parlament hat eine Volksabstimmung über die geplante Räumung des Gazastreifens abgelehnt. Die Entscheidung ist nicht überraschend. Peter Philipp erklärt in seinem Kommentar warum.

Es wäre schon mehr als makaber gewesen, wenn das israelische Parlament ein Projekt gestoppt oder auch nur behindert hätte, mit dem Ministerpräsident Ariel Scharon seit einem Jahr Flexibilität und Entgegenkommen unter Beweis stellen will: Der israelische Rückzug aus dem Gazastreifen wird nach einem Beschluss der Knesset vom Montag (28.3.2005) nicht zum Gegenstand einer Volksabstimmung gemacht.

Gaza als Klotz am Bein

Im Sommer will Scharon die seit 1967 in dieser Gegend gebauten Siedlungen - und noch vier im Westjordanland - aufgeben. Und er kümmert sich bisher nicht um die lautstarken Proteste der Siedler, dass hier ureigenste Prinzipien der auch von Scharon bisher vertretenen Groß-Israel-Ideologie verraten würden. Der Regierungschef steht mit dem Abzug im Wort - gegenüber Washington und auch gegenüber Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Und Scharon weiß, was vor ihm seit Jahren schon die Arbeiterpartei doziert hat: Gaza ist ein Klotz am Bein, ein Hindernis und ein Sicherheitsrisiko. Warum also sollte man es nicht räumen?

Gegen eine solche Räumung spricht nichts: Gaza hat kaum irgend einen biblischen Bezug, um es nationalistisch-religiösen Israelis zum Bestandteil des biblischen Landes Israel zu machen; der Gazastreifen ist überdies eine Hochburg islamistischer Palästinensergruppen wie Hamas und Islamischer Dschihad, und mit denen zeichnet sich - trotz der gegenwärtigen Waffenruhe - langfristig keine Entspannung ab.

Zurückhaltung aus Washington

Weil der Rückzugsplan aber so völlig konträr zur früheren Haltung Scharons steht, gedeihen natürlich Vermutungen und Gerüchte, dass Scharon letztlich darauf abzielt, in Gaza einen palästinensischen Ministaat entstehen zu lassen, dessen Ausweitung auf das weitaus größere Westjordanland aber zu verhindern.

An diesen Vermutungen ist etwas dran, denn die Regierung Scharon setzt den Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland unbekümmert fort und Washington hält sich mit Kritik vornehm zurück. Es dementiert sogar, Scharon wegen des Siedlungsbaus gescholten zu haben. Denkbar ungünstige Voraussetzungen für eine friedliche Fortentwicklung in der Region. Denn der Abzug aus Gaza kann nur dann als positiv betrachtet werden, wenn er der erste Schritt einer globaleren Lösung ist. Versucht Scharon aber, womöglich mit amerikanischer Unterstützung, genau dies zu hintertreiben, dann wird es um die Autorität von Abbas und die Waffenruhe nicht gut bestellt sein. Es wäre deswegen vielleicht an der Zeit, dass das Nahost-Quartett aktiv wird - neben den USA Europa, die UNO und Russland - um noch einmal nachdrücklich an die Spielregeln einer Nahost-Regelung zu erinnern.