1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Eine Japanskzizze aus diplomatischer Feder

4. November 2009

36 Jahre ist es her, dass Deutschlands scheidender Botschafter in Tokio, Hans-Joachim Daerr, zum ersten Mal als Diplomat in Japan zum Einsatz kam. Seitdem hat sich viel im Land der aufgehenden Sonne verändert.

Für den scheidenden Botschafter ist Japan längst zur zweiten Heimat geworden.Bild: Deutsche Botschaft Tokyo

Nicht nur im Regierungsviertel Kasumigaseki werden in diesen Tagen Schlüssel getauscht und Büros geräumt, Kofferpacken ist auch in der Residenz des Deutschen Botschafters in Tokio angesagt. Mit Hans-Joachim Daerr macht sich dabei ein Mann auf die Heimreise, der insgesamt gut zehn seiner fast vierzig Karrierejahre im Diplomatischen Dienst im Land der aufgehenden Sonne verbracht hat. Deutschlands Chefdiplomat in Fernost verlässt dabei ein Land mitten im politischen Wandel.

Hinter der modernen Fassade schlägt das japanische Herz für die Tradition.Bild: AP

Außen- und Innenansicht – Japans Weg nach Asien

Gewandelt hat sich auf den ersten Blick auch das Gesicht des Landes, seit der junge Diplomat 1973 seinen ersten Dienst im Generalkonsulat Osaka-Kobe antrat. Aber Daerr hat gelernt auch hinter die Fassade zu schauen, was ihn zu der Feststellung führt, dass Japan nach wie vor ein Land sei, "das nur äußerlich so ganz westlich ausschaut und dahinter immer noch sehr asiatisch ist“.

Vielleicht könnte das Tempo des Wandels in Zukunft etwas geringer ausfallen, da Japans Jugend inmitten der Globalisierungswelle immer seltener den Sprung ins Ausland wagt. So weist Daerr darauf hin, dass die junge Generation zwar ebenfalls auslandsinteressiert sei, dass das Interesse, auch unter gewissen Schwierigkeiten ins Ausland zu gehen, aber nachlasse.

Hoch hinaus will Japans neue Regierung nicht nur mit Weltraumraketen.Bild: AP

Perspektivwechsel

Verändert hat sich in diesen 36 Jahren, seit Daerr zum ersten Mal nach Japan kam, zudem die Präsenz und Stellung Deutschlands. Insbesondere unter der neuen Regierung Hatoyama richtet sich der Blick stärker auf die asiatischen Nachbarn. Dies hänge laut Daerr mit Veränderungen in der unmittelbaren Nachbarschaft Nippons zusammen. So lasse die Präsenz Deutschlands und Europas insgesamt nach, "weil viele andere, viele wichtige neue Spieler im unmittelbaren Umfeld Japans aufgewachsen sind.“

Turbulenzen und ein neu besetztes Cockpit

Asien wird nicht nur politisch, sondern auch wirtschaftlich zu einem immer wichtigeren Partner für Japan, was insbesondere bei der Bewältigung der aktuellen Wirtschaftskrise eine wichtige Rolle spielt. Hier sieht Daerr, ohne Entwarnung zu geben, erste Zeichen für ein Ende der Talfahrt: "Ich glaube, Deutschland und Japan, dafür gibt es ziemlich klare Anzeichen, sind aus dem Sinkflug heraus, und es gibt allererste Anzeichen dafür, dass es wieder etwas raufgehen dürfte.“

Regierungschef Hatoyama ist fest entschlossen, Japan in die Zukunft zu steuern.Bild: AP

Die neue Regierung setzt dabei deutliche Akzente, die sie von ihren liberaldemokratischen Vorgängern unterscheidet. So verzichtet sie auf milliardenschwere Großprojekte, die dem Land in der Vergangenheit beispielsweise zahlreiche Straßen ins Nirgendwo beschert haben. Von der Hatoyama-Mannschaft erhofft sich Daerr, "dass sie Schluss machen wird mit diesen übermäßigen und zum Teil auch unsinnigen Investitionen in Infrastruktur, die im Grunde nur der Partei dienen sollten.“

Neuanfang oder Strohfeuer?

Während der letzte Versuch eines Politikwechsels 1993 in einem kurzen Strohfeuer endete, scheinen laut Daerr dieses Mal die Voraussetzungen besser zu sein. Diesmal gebe es in der Bevölkerung einen Willen zum Wandel, so Daerr. Damals habe es sich um ein Intermezzo aufgrund einer Kumulation von Schwächen innerhalb des großen Parteiapparates gehandelt, die zum Zerbröseln der alten Machtkonstellation und dann zu einer Neuordnung geführt hat, die allerdings nicht von Dauer gewesen sei.

Heute liegen die Dinge nach Ansicht Daerrs anders: „Während dieses Mal wirklich ein Mandat erteilt worden ist, in einer durchaus knackigen Weise, von zwei Dritteln für die eine Seite zu praktisch zwei Dritteln für die andere Seite, das ist ja schon eine sehr deutliche Sprache.“ Die nächsten Monate werden nun zeigen, ob diese Sprache von den japanischen Politikern auch verstanden wird.

Autor: Christoph Hendricks
Redaktion: Nicola Reyk

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen