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Eine Kranke und der beredte Arzt

Jens Thurau29. August 2002

Wer, was, wo, wie, wovon, ab wann und wie lange: Diese erd-existenziellen Fragen versucht der Weltgipfel zu klären. Doch 'klar' ist wenig in Johannesburg. DW- Korrespondent Jens Thurau macht einen Versuch.

Fest steht: Die ganze Welt verhandelt hier, das hat sie auch schon vor zehn Jahren in Rio getan. Die teilnehmenden Staaten wollten schon damals nichts weniger, als Mutter Erde von einer nicht ungefährlichen Krankheit zu heilen.

Die Abgase aus Industrie und Autos heizen dem Klima ein, die Temperaturen steigen. Dürre dort und furchtbare Fluten hier sind die Folge. Immer mehr Wälder verschwinden ebenso wie immer mehr Tier– und Pflanzenarten. Und das alles, weil es ungerecht zugeht, weil 20 Prozent der Weltbevölkerung einen Großteil der Energie verbrauchen und ihre Verschwendung nicht in den Griff bekommen.

Es geht also um die Umwelt und um - ja, um Gerechtigkeit. Aber eigentlich ist in all den Jahren seit Rio alles so weitergegangen wie zuvor. Und das liegt daran, weil eben diese 190 Staaten der Welt in erster Linie an sich selbst denken. In Johannesburg soll eine Erklärung verabschiedet werden, in der eigentlich nur der feste Wille bekundet wird, all diese Misststände zu beseitigen.

Allerdings mit festen Zeitvorgaben. Ein Beispiel: Bis 2015 wollen die Staaten die Anzahl der wirklich Armen halbieren – zur Zeit sind es 1,2 der rund 6 Milliarden Menschen auf der Erde. Kein Staat wird hier verpflichtet, dafür zu zahlen, keine Regierung muss zurücktreten, wenn das Ziel nicht erreicht wird.

Aber alleine die drohende Zeitvorgabe reicht, dass etwa das reichste Land der Erde, die Vereinigten Staaten, sich weigern, so etwas zu unterschreiben. Das ist der bittere Kern dieses Mammutgipfels: Eine größere Spanne zwischen dem Wissen um die Gefahren einerseits und einem absolut verantwortungslosen Handeln andererseits ist kaum denkbar.

Umweltgruppen, Vertreter von Kirchen und Hilfsorganisationen bevölkern den Gipfel und sorgen für eine Flut von Informationen. Sie zeigen Gefahren auf und berichten von himmelschreiendem Unrecht. Und doch wird hier in Südafrika in der wirklichen Substanz wahrschenlich so gut wie nichts beschlossen.

Um im Bild von der kranken Erde zu bleiben: Die Diagnose ist gestellt, der Patient ist ernsthaft krank – aber das Ärzteteam weigert sich, zu operieren. Und doch gibt es keine Alternative zu diesen Verhandlungen, wenn man nicht zynisch werden will. Es gibt Vertreter von Nichtregierungsgruppen, die schon in Rio dabei waren und auch hier voller Elan an die Arbeit gehen. Ihnen müsste man eigentlich ein Denkmal setzen.

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