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Eine neue soziale Bewegung?

21. Juni 2002

Attac protestiert gegen neoliberale Wirtschaftspolitik und macht auf die negativen Seiten der Globalisierung aufmerksam. Unterdessen kämpft das Netzwerk mit den eigenen Organisationsstrukturen.

Attac-Demonstration in FrankfurtBild: AP

Attac, ein Netzwerk von Globalisierungskritikern, wurde 1998 in Frankreich gegründet. Die Mitglieder forderten damals eine Regulierung der internationalen Finanzmärkte, die Auflösung von Steueroasen und die Einführung einer Steuer auf Devisenspekulationen, die sogenannte Tobin-Steuer. "Attac ist ein breites soziales Bündnis, das sich einsetzt für die Beschränkung neoliberaler Globalisierung", erklärt Felix Kolb, Pressesprecher von Attac Deutschland. "Uns geht es darum, für die Globalisierung wieder Spielregeln zu schaffen, damit Globalisierung ein Prozess wird, der alle Menschen zu Gewinnern macht und nicht nur ganz wenige."

Demonstrationen bei Gipfeltreffen

Kritik an neoliberaler Wirtschaftspolitik ist nicht neu. Wenn der Internationale Währungsfond oder die Weltbank tagen, dann sind die Konferenzteilnehmer selten alleine. Auf den Straßen fordern mehrere tausend Demonstranten eine andere Wirtschaftspolitik: So war es 1999 in Seattle, im Jahr darauf in Washington, Prag und Nizza, im Sommer des vergangenen Jahres schließlich in Genua.

In Genua lieferten sich die Polizei und gewaltbereite Demonstranten heftige Straßenkämpfe, die im Tod des 23-jährigen Carlo Guiliani gipfelten. Bilder gingen um die Welt, wie die italienische Polizei auch auf friedliche Demonstranten einprügelte. Und die Globalisierungskritiker hatten ihren ersten Toten zu beklagen.

Mundschutzmasken und Arztkittel

Im Unterschied zu Parteien oder Vereinen versteht sich Attac als Netzwerk. Die Bewegung existiert mittlerweile in über 30 Ländern, vor allem in Europa, aber auch in Kanada, im Senegal oder in Brasilien. Die Mitglieder organisieren weltweit Protestaktionen zu Gipfel- und Wirtschaftstreffen, die Zusammenschlüsse vor Ort versuchen, die breite Öffentlichkeit zu mobilisieren.

Mit Infoständen, Vorträgen oder Kampagnen will die Bewegung, Aufmerksamkeit für ihre Themen finden. Regionalgruppen können sich bei der deutschen Zentrale Info-Material besorgen; aber auch Arztkittel und Mundschutzmasken sind dort zu haben, beispielsweise für Straßenaktionen gegen die Privatisierungen im Gesundheitssystem.

Netzwerk für unterschiedliche Gruppierungen

Junge Menschen unter 20 gehören genauso zu der Bewegung wie ehemalige Mitglieder der ökologischen Partei "Die Grünen" oder Gewerkschafter. Attac ist ein Netz, das unterschiedliche Gruppierungen vereint. Für den 39-jährigen Jörg Büteführ war die Meinungsvielfalt innerhalb von Attac ein wesentlicher Grund, Mitglied zu werden: "Es ist eine Verbindung von Bewegungen, die ich schon lange ersehnt habe, die Dritte-Welt-Bewegung, Friedensbewegung, Ökologiebewegungen zusammen bringt."

Die Vielzahl der Mitglieder hat auch das Spektrum an Themen erweitert. Im Kern der Arbeit steht immer noch die Kritik am Neoliberalismus. Neu hinzugekommen ist beispielsweise aber auch die Ablehnung der amerikanischen Kriegshandlungen in Afghanistan oder der Kampf für mehr Gleichberechtigung der Frauen. Felix Kolb sieht diese Entwicklung mit gemischten Gefühlen: "Ich habe die Befürchtung, dass Attac seine Handlungsfähigkeit verliert, dass wir uns verzetteln, dass wir zu allen möglichen Themen Kampagnen machen."

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