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Politik

"Eine Ohrfeige, ein Schlag ins Gesicht"

Eva Usi
10. November 2016

Die mexikanische Schriftstellerin Elena Poniatowska sorgt sich um Lateinamerikaner, die ohne Papiere in den USA leben. Angesichts von Trumps Wahlsieg warnt sie zudem vor dem Ende der internationalen Solidarität.

USA Mexiko Donald Trump Pressekonferenz Ende
Bild: Reuters/H. Romero

DW: Der nächste US-Präsident heißt Trump. Welche Folgen hat das für Mexiko?

Elena Poniatowska: Das könnte bei den Mexikanern zu einem neuen Selbstbild führen, zu einer neuen Politik. Und zwar deshalb, weil Mexiko einen Schlag ins Gesicht bekommen wird, eine Ohrfeige von Trump. Unser Land ist komplett abhängig von den USA. Ich weiß nicht, was passieren würde, wenn sie die Grenze dicht machen – denn wir exportieren viel, aber wir importieren auch sehr viele Waren aus den USA. Unsere ganze Wirtschaft ist an dieses Land gebunden.

Mexiko war durch die vielen Beleidigungen ein zentrales Thema in Trumps Wahlkampagne.

Er hat sich wie ein Rüpel benommen, besonders was Frauen angeht, seine Prahlereien und Äußerungen über Sex waren schrecklich. Wir wissen nicht, was mit all jenen Mexikanern passieren wird, die in den USA leben, wie ihre Situation sich verändern wird. Es gibt tausende junge mexikanische Studenten im Süden der USA, die dort gleichzeitig studieren und arbeiten. Viele von ihnen haben es geschafft, an diesen Universitäten angenommen zu werden, haben aber weiterhin keine offizielle Aufenthaltsgenehmigung. Was wird mit diesen Leuten passieren, wie sieht ihre Zukunft aus?

Will möglichst weit weg von Trump sein: die Autorin Elena PoniatowskaBild: Pedro Rey/AFP/Getty Images

Brauchen die US-Amerikaner einen Donald Trump in der Regierung, um zu begreifen, dass Nationalismus nicht der richtige Weg ist?

Wir leben in einer Zeit, in der wir gut vernetzt sind und uns über alles, was passiert, zeitgleich informieren können. Das Problem ist, dass das einige zu dem Glauben verleiten kann, man könne "die Anderen" einfach auslöschen. Der Nationalismus ist furchtbar. Von den USA hieß es immer, das Land sei ein "melting pot" in dem Platz für alle ist. Dass die Leute dort nun einen Magnaten wie Trump gewählt haben, eine pöbelhafte und frauenfeindliche Person, jemanden mit einem destruktiven Wortschatz, verheißt nichts Gutes.

Wird es einen Paradigmenwechsel in den Beziehungen zwischen Mexiko und den USA geben?

Trumps baldige Präsidentschaft wird auch von seiner engen Beziehungen zu Russland und Wladimir Putin geprägt sein. Mich würde interessieren, was John F. Kennedy zu diesen Wahlergebnissen gesagt hätte. Das ist das Gegenteil der politischen Landschaft zu seiner Zeit. Heute stehen wir vor der Annäherung zwischen zwei Großmächten, die Hand in Hand geht mit der Annäherung zwischen zwei sehr mächtigen Männern.

Zuerst das "Ja" zum Brexit in Großbritannien und nun der unerwartete Wahlsieg von Trump. Haben wir es mit einer nationalistischen Welle in den reichen, westlichen Ländern zu tun?

Sie verschließen sich und heben ihre eigenen Interessen auf den Thron. Das hat mit internationaler Solidarität nichts mehr zu tun. Für sie gilt: Wer kein Geld hat, möge verfaulen. Die einzigen, die gerettet werden, sind die Reichen und Mächtigen. Dass alle anderen nicht die geringste Chance erhalten, interessiert nicht.

Man vermutet, dass mit Trump die Grenzen der USA dichtgemacht werden. Was bedeutet das für Flüchtlinge aus Mexiko und Zentralamerika? Unter ihnen gibt es auch viele Minderjährige.

Grenzzaun an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze Bild: AFP/Getty Images

Sie werden allein gelassen. Aber diese Tendenz lässt sich auf der ganzen Welt beobachten. Es ist der Triumph von einigen wenigen über den Rest, der Triumph des Geldes. Es gibt auf der Welt viele Flüchtlinge, die keine Perspektive haben und nicht wissen, wohin sie gehen sollen. Und auf dieses Problem gibt es keine Antwort, niemand weiß, wo sie überleben könnten. Die Abweisung dieser Menschen durch die reichen Länder ist furchtbar. Man muss sich in Erinnerung rufen, dass die USA ein Land sind, das von Einwanderern aus aller Welt gegründet wurde. Zuerst kamen Europäer, dann Chinesen und dann Afrikaner. Heute haben wir dort Menschen wie Barack Obama. Aber heute ist das Land zu einem Trichter geworden, in dem nur die Klasse der Unternehmer überlebt.

Der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto hat Trump zu seinem Wahlsieg gratuliert. Kann man rückblickend sagen, dass er richtig gelegen hatte, als er Trump während des Wahlkampfs nach Mexiko eingeladen hatte?

So würde ich das nicht sehen. Ich glaube, dass Peña Nieto weder den Verstand noch die politische Kenntnis hatte, um vorherzusehen, dass Trump gewinnen würde. Vielleicht stellt er das jetzt so dar, um seine Haut zu retten. Sicher ist, dass Trumps Wahlsieg diesen viel kritisierten Schritt von Peña Nieto nun in anderes Licht stellt.

Sie haben als Journalistin mit vielen Leuten Interviews geführt. Wenn Sie Trump treffen könnten, welche Frage würden Sie ihm dann stellen?

Ich möchte nicht einmal sein Foto sehen. Je weiter er weg ist, desto besser. Ich würde mich schnell davon machen.

Das Interview führte Eva Usi

Elena Poniatowska wurde 1932 in Paris geboren. 2013 wurde die Schriftstellerin mit dem Cervantes-Preis ausgezeichnet. Sie ist Autorin zahlreicher literarischer und journalistischer Werke, die von Humor und Ironie geprägt sind. Poniatowska ist die Tochter eines polnischen Fürsten und einer Mexikanerin. Als man ihr den Titel der Prinzessin von Polen verleihen wollte, lehnte sie ab. Von ihrer polnischen Familie wird sie wegen ihrer linken Überzeugungen "die rote Prinzessin" genannt.

 

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