1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Eine Sonnenblume für Carla

Gabriel González Zorrilla
27. September 2018

In New York legen die EU und die Vereinten Nationen ein Programm zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen in Lateinamerika vor. Täglich sterben dort durchschnittlich zwölf Menschen, nur weil sie Frauen sind.

Carla Ayala Palacios, Polizeibeamtin aus El Salvador, die Opfer eines Gewaltverbrechens wurde
Carla Ayala PalaciosBild: youtube/canal12sv

Am Tag der Beerdigung hält Mary Palacios eine Sonnenblume in ihrer Hand. Es war die Lieblingsblume ihrer Tochter Carla Ayala Palacios, einer Polizeibeamtin aus El Salvador. Carla verschwand am 28. Dezember 2017 nach einer Weihnachtfeier ihrer Polizeieinheit spurlos. Nach monatelanger Suche werden ihre Überreste auf einem Grundstück verscharrt gefunden, das der Familie eines Kollegen gehört. Der mutmaßliche Täter ist seitdem auf der Flucht.

"Dieser Fall erinnert uns daran, dass wir unsere Anstrengungen verstärken müssen; denn solange es nur einen Polizisten gibt, der glaubt, er könne mit Frauen machen, was er wolle, müssen wir weiterarbeiten", sagte Justizminister Mauricio Ramirez Landaverde bei der Beerdigung von Carla Ayala. Die Behörden in El Salvador gehen davon aus, dass es sich bei der Ermordung von Carla Ayala um einen Femizid handelt.

Ein globales Problem

Als Femizid bezeichnet man die Tötung eines Mädchens oder einer Frau wegen ihres Geschlechts. Erstmals geprägt wurde der Begriff Femizid 1976 in Brüssel von der Soziologin Diana Russel auf dem von ihr mitorganisierten Tribunal zu Gewalt gegen Frauen. In ihrer 1992 veröffentlichten Anthologie "Femicide: The Politics of Woman Killing" spezifiziert sie den Begriff: Es handele sich um den Versuch das Leben, den Körper und/oder die Sexualität von Frauen zu kontrollieren. Die Bestrafung für diejenigen, die sich dem nicht unterwerfen, ist der Tod.

Großes Aufgebot zur Beerdigung von Carla Ayala PalaciosBild: youtube/canal12sv

Dabei handelt es sich nicht um ein spezifisch lateinamerikanisches Problem. Schon 2013 wies die damalige Generalsekretärin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Margaret Chan darauf hin, dass Gewalt gegen Frauen eine Realität sei, die täglich Opfer fordere und in allen Ländern, allen Kulturen, allen Schichten passiere. Doch für Lateinamerika sind die vorliegenden Zahlen besonders erschreckend. 

Laut UN Women, einem Organ der Vereinten Nationen für die Gleichstellung und Ermächtigung der Frauen, liegen 14 der 25 Länder mit der weltweit höchsten Anzahl von Femiziden in Lateinamerika. Laut Amnesty International "sterben jeden Tag durchschnittlich mindestens 12 Lateinamerikaner, nur weil sie Frauen sind".

Gemeinsames Programm der EU und der Vereinte Nationen

Die Europäische Union und die Vereinten Nationen haben nun einen finanziellen Beitrag von 50 Millionen Euro für den Kampf gegen Frauenmorde in Lateinamerika angekündigt. In Rahmen der gemeinsamen Spotlight Initiative sollen Programme in Argentinien, El Salvador, Guatemala, Honduras und Mexiko finanziert werden, die dabei helfen sollen, Frauen ein gewaltfreies Leben zu ermöglichen.

"Wir werden alle notwendigen Anstrengungen auf dem Gebiet der Bildung, der Sensibilisierung, der Prävention und der Herstellung von Gerechtigkeit angehen. Wir wollen sicherstellen, dass Frauen und Mädchen nie wieder in Angst leben, in Lateinamerika, in Europa und auf der ganzen Welt", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bei der Ankündigung der Finanzhilfe in New York.

Für Carla Ayala kommen solche Hilfen zu spät. Ihre Beisetzung am 22. September wurde von einem Massenaufgebot an Polizeikräften in Ehrenspalier, Ansprachen von Politikern und Salutschüssen begleitet. Zum Schluss legt Mary Palacios die Sonnenblume auf den Sarg ihrer Tochter. Sie kann nur noch hoffen, dass der Mord an Carla nicht, wie so oft, straflos bleibt.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen