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Einkommenssteuer in Deutschland

4. September 2011

Wer in Deutschland viel Geld verdient, muss nicht unbedingt auch viel Steuern zahlen. Denn das "zu versteuernde Einkommen" liegt oft unter den tatsächlichen Gesamteinnahmen. Legale Kürzungen senken die Steuerlast.

Formular einer Steuererklärung mit Taschenrechner.(Foto:fotolia)
In Deutschland müssen 51 Prozent des Einkommens für Steuern und Abgaben aufgewendet werdenBild: Fotolia/Gina Sanders

Die von einigen wohlhabenden Deutschen angestoßene Debatte, sie würden gerne mehr Steuern zahlen, als das Finanzamt ihnen derzeit abverlangt, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Bundesrepublik im internationalen Vergleich der Steuer- und Abgabenlast im unteren Drittel wiederfindet. Isabel Klocke, Justiziarin des Bundes der Steuerzahler, sieht in einem Interview mit DW-WORLD.DE dennoch vor allem Ehepaare mit Kindern überdurchschnittlich belastet: "Hier muss auf jeden Fall nachgebessert werden, um wieder in den normalen Bereich der internationalen Besteuerung zu kommen."

Einkommenssteuer

Isabel Klocke: "Für Familien muss nachgebessert werden"Bild: Bund der Steuerzahler

Der Spitzensteuersatz beträgt in Deutschland 42 Prozent, er wird fällig bei einem zu versteuernden Einkommen von knapp 53.000 Euro pro Jahr. Weitere drei Prozent kommen bei einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 250.400 Euro hinzu. Nimmt man nur den Prozentsatz, dann bewegt sich die Bundesrepublik damit etwa im europäischen Mittelfeld zwischen einigen baltischen Staaten mit rund 22 Prozent und einigen skandinavischen Ländern mit mehr als 50 Prozent. "Vergleichbar sind diese Prozentzahlen aber nicht", warnt Isabel Klocke, denn die Berechnung, welcher Teil des Einkommens der Steuerpflicht unterliegt, ist von Land zu Land unterschiedlich.

In Deutschland wird das Einkommen von Selbständigen um die zur Ausübung der Arbeit notwendigen Aufwendungen vermindert. Abgezogen werden ferner besondere Ausgaben, die sich aus einer privaten Belastung etwa bei der Pflege von dauerhaft erkrankten Familienmitgliedern ergeben. Diese Kosten können auch Nichtselbständige (also Beschäftigte) von ihren Einkommen abziehen. Gleiches gilt für weitere Sonderausgaben, Werbungskosten oder die Kilometerpauschale für die Anfahrt zum Arbeitsplatz. Das "zu versteuernde Einkommen" kann wegen der vielfältigen und legalen Möglichkeiten, besondere Ausgaben geltend zu machen, deutlich geringer ausfallen als die tatsächlichen Einnahmen.

70.000 Gesetze und Ausführungsbestimmungen

Das deutsche Steuerrecht hat weltweit die meisten AusführungsbestimmungenBild: DW

Das deutsche Steuerrecht dürfte das Gesetz mit den weltweit meisten Ausführungsbestimmungen sein. Darin sind Ausnahmen und Sonderregeln für Personen festgehalten, die von außergewöhnlichen Belastungen betroffen sind. Geregelt sind auch die Bestimmungen für bestimmte Berufsgruppen, für Selbständige und Freiberufler, für Schüler, Studenten und Menschen, die nur zeitweilig einen Job haben. Die Gründe für diesen kaum zu durchschauenden Dschungel sind vielfältig. Das ist einerseits historisch bedingt, sagt Isabel Klocke. Zudem "erlässt der Gesetzgeber zum Teil mehrfach im Jahr neue Steuergesetze". Darüber hinaus kommen vom Europäischen Gerichtshof und den verschiedenen Finanzverwaltungen weitere Verwaltungsvorschriften dazu, die sich in den Sammlungen von Steuervorschriften wiederfinden.

Steuerbelastung

Familien leiden unter hohen Steuern und Abgaben in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa

Neben der Einkommenssteuer, die entweder vom Arbeitgeber direkt an den Fiskus abgeführt oder von Selbständigen durch Vorauszahlungen im Quartal geleistet wird, fällt bei der Berechnung der gesamten Steuerbelastung vor allem die Mehrwertsteuer ins Gewicht. In Deutschland beträgt sie derzeit 19 Prozent auf alle Waren und Dienstleistungen sowie sieben Prozent auf Lebensmittel. Die Summe aller Steuern und Abgaben erreicht in Deutschland derzeit 51 Prozent. Das heißt: Von jedem verdienten Euro wandert etwas mehr als die Hälfte in die verschiedenen Taschen des Staates.

Der Bund der Steuerzahler hat dies auf die Tageseinkommen umgerechnet und festgestellt, dass ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger in Deutschland im Jahr 2011 bis zum 6. Juli arbeiten musste, um den ersten Euro in die eigene Tasche stecken zu können. Bis zu jenem Tag hatte er nämlich die Staatskasse gefüllt.

Autor: Matthias von Hellfeld

Redaktion: Hartmut Lüning / Sabine Faber

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