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Politik

Einwanderung ja bitte, aber wie?

Friedel Taube
1. Oktober 2018

Asylpolitik und Fachkräftemangel: Beim Thema Einwanderung droht der Großen Koalition neuer Ärger. Die DW erklärt, welche Modelle beim geplanten Einwanderungsgesetz zur Diskussion stehen.

Flüchtlinge als Fachkräfte
Bild: Picture alliance/dpa/I. Wagner

Nach dem Hin und Her im Fall Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen in der vergangenen Woche hatten viele gehofft, dass die Große Koalition aus CDU, CSU und SPD nun endlich zur Ruhe kommt und Sacharbeit leistet. Das tut sie auch. Doch ob die Spitzenpolitiker beim Koalitionsgipfel am Montagabend sich auf eine gemeinsame Linie in Sachen Einwanderung einigen können, ist fraglich.

Die wichtigsten Fragen, die zu klären sind, lauten: Wie soll ein neues Einwanderungsgesetz aussehen, das dringend benötigte Fachkräfte nach Deutschland lockt? Und wie kann erreicht werden, dass bereits integrierte, aber dennoch abgelehnte Asylbewerber doch noch eine Bleibeperspektive erhalten? Im Folgenden ein Überblick, welche Modelle und Ideen im Raum stehen.

Spurwechsel

Wer sich in Deutschland erfolglos um Asyl bewirbt, muss das Land verlassen - ohne Ausnahme. Diese Regel will die SPD aufweichen und schlägt eine Ausnahme vor, um Fachkräfte in Deutschland zu halten. Wer die lange Zeit des laufenden Asylverfahrens genutzt hat, um eine Arbeit zu finden, die Sprache zu lernen und sich zu integrieren, soll auch mit abgelehntem Antrag in Deutschland bleiben können.

Diese Menschen wechseln also quasi die "Spur" wie ein Auto auf der Autobahn, so der SPD-Vorschlag. Statt über den "Fahrstreifen" Asylverfahren erreichen sie das Bleiberecht in Deutschland über ein neues Einwanderungsrecht. Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz zählt darauf, dass das "Spurwechsel"-Konzept bei der Bevölkerung positiv ankommt.

"Wir schieben die Falschen ab, sagen viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, wenn sie sehen, dass es Straftäter gibt, die sich einer Abschiebung relevant widersetzen und gleichzeitig Kollegen neben ihnen am Arbeitsplatz sind, die tolle Arbeit leisten und von denen sie möchten, das sie das weiter tun können", so Scholz.

Begehrt: Die "Blaue Karte" für ausländische FachkräfteBild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Die Union lehnt den "Spurwechsel" vehement ab. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagt: "Es kann keine Vermischung geben zwischen Asyl und Arbeitskräftemigration, das sind unterschiedliche Situationen. Klar ist, dass wir nicht das Signal in die Welt geben, dass unabhängig davon, ob ein Asylantrag bestätigt wird oder abgelehnt wird, man auf jeden Fall in Deutschland bleiben kann".

Stichtagsregelung

Viele Kritiker des "Spurwechsels" fürchten, dass eine solche Regelung einen zusätzlichen Anreiz für Migration nach Deutschland schafft - selbst für Menschen, die nach den Kriterien der Asylgesetzgebung eigentlich keine Perspektive auf ein Bleiberecht haben. Deshalb ist eine sogenannte "Stichtagsregelung" im Gespräch. Sie würde regeln, dass nur Asylbewerber, die bis zu einem bestimmten Stichtag nach Deutschland gekommen sind und wie andere ausländische Bewerber die Kriterien des Einwanderungsgesetzes erfüllen, bleiben dürfen. Obwohl dies einen möglichen Missbrauch ausschließen würde, lehnen Teile der Union eine solche Regelung aber ebenfalls ab.

Anwerbung von Fachkräften

In einem zentralen Punkt sind sich SPD und Union immerhin einig: Das Potenzial von Flüchtlingen als Fachkräfte muss genutzt werden. Jetzt geht es um die Ausgestaltung. Horst Seehofer setzt darauf, gezielt Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben - ohne "Spurwechsel" und Stichtagsregelung. In einem Eckpunktepapier, das Seehofer gemeinsam mit dem Wirtschafts- und Arbeitsministerium ausgearbeitet hat, ist vorgesehen, dass vor allem an Menschen mit einer abgeschlossenen, in Deutschland anerkannten Berufsausbildung, angeworben werden sollen. Hinzu kommt, dass diese Bewerber weitere Kriterien nachweisen müssen, so zum Beispiel Sprachkenntnisse, aber auch bereits ein konkretes Arbeitsangebot. Damit das in der Praxis auch realistisch ist, soll die Einreise zum Zwecke der Jobsuche erleichtert werden.

Punktesystem

Modell Kanada: Das nordamerikanische Land war bereits im Bundestagswahlkampf 2017 in aller Munde, wenn es um ein neues Einwanderungsgesetz ging. Kanada wählt seine Migranten mit einem Punktesystem aus - etwas Ähnliches ist auch für Deutschland seit Langem immer wieder im Gespräch.  Bei diesem Modell könnten Einwanderer bestimmte Kriterien erfüllen und so Punkte sammeln, um ein Visum einer bestimmten Art zu erlangen. So ließe sich die Einwanderung von Fachkräften bedarfsgerecht steuern, sagen Befürworter. Die Union lehnt ein solches System allerdings ab. Auf dem Koalitionsgipfel steht das Modell Kanada nicht zur Debatte.