Eiszeit-Höhle wird UNESCO-Welterbe
9. Juli 2017Schwäbische Alb: Eiszeitkunst und Welterbe
In der Schwäbischen Alb in Süddeutschland gibt es sechs Höhlen, in denen die ältesten Kunstobjekte der Menschheit gefunden wurden. Seit 2017 gehören die Höhlen der ältesten Eiszeitkunst zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Vogelherd
Die Lage des Vogelherds war für den Urmenschen perfekt, denn die Höhle bot einen 180-Grad-Blick über das Tal. Die Bewohner konnten so frühzeitig Gefahren oder Jagdbeute ausmachen. Zu den Funden gehören über zehn kleine Tierfiguren aus Mammutelfenbein. Eine Löwen- sowie eine Mammutfigur gibt es im archäologischen Themenpark rund um die Höhle zu sehen.
Wildpferd
Das knapp fünf Zentimeter große Wildpferd gilt als Meisterstück aus dem Vogelherd. Sein gebogener Hals und seine runden Formen wirken elegant und spiegeln das handwerkliche Können der Urmenschen wider. Es ist zusammen mit anderen Funden aus den Höhlen im Tübinger Schloss ausgestellt.
Venus vom Hohle Fels
Diese dicke Dame, Venus vom Hohle Fels genannt, ist die älteste Menschendarstellung der Welt. Sie gilt als der berühmteste Fund von über 50 Figuren, die 40.000 Jahre lang in den Höhlen der Schwäbischen Alb schlummerten. Zu sehen ist die knapp sechs Zentimeter große Frau aus Elfenbein im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren.
Hohle Fels
In dieser Höhle wurde die Venus von Archäologen freigelegt. Die meisten Funde von der Schwäbischen Alb sind Tierdarstellungen und stammen aus der Epoche "Aurignacien", eine Zeit, in der Neandertaler und Homo sapiens teilweise nebeneinander lebten und in Höhlen Schutz suchten. Davon gab es in der Schwäbischen Alb schon damals unzählige. Ansonsten sah diese Region ganz anders aus als heute.
Achtal
Während der Eiszeit in Europa gab es kaum Wälder auf der Schwäbischen Alb, Mammuts und Rentiere zogen hier über Steppen. Heute ist das Karstgebiet bewaldet. Über 2000 Höhlen sind mittlerweile bekannt. Sechs von ihnen könnten nun zusammen mit ihren spektakulären Funden zum Welterbe ernannt werden. Drei dieser Höhlen liegen im Achtal, rund 15 Kilometer westlich von Ulm.
Geißenklösterle
Schon vor über 40.000 Jahren musizierte Menschen. Das belegen drei Flöten, gefunden in einer Höhle, genannt Geißenklösterle. Die schönste Flöte aus Elfenbein wird wie die Venus im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren (Bild) gezeigt. Das Geißenklösterle selbst ist vergittert und wird nur an Aktionstagen geöffnet. Die Höhle ist aber nicht tief und die Fundstelle von außen gut zu erkennen.
Sirgenstein
Die 42 Meter lange Sirgensteinhöhle ist frei zugänglich. Nur im Winter wird sie zum Schutz der dort lebenden Fledermäuse geschlossen. Die Archäologen fanden heraus, dass sich die Urmenschen vorwiegend im Eingangsbereich der Höhle aufhielten. Dort lagen die Feuerstellen, dort arbeiteten und schliefen sie. Vor über 500 Jahren glaubte man, in der Höhle habe ein "ungeheuerlicher Zyklop" gelebt.
Lonetal
Im Lonetal bei Heidenheim liegen die drei anderen Höhlen, die fürs Welterbe nominiert sind. Sie heißen Vogelherd, Hohlenstein Stadel und Bockstein. Wie auch im Achtal wurde um diese drei Fundstellen eine Schutzzone eingerichtet - hier dürfen ohne Zustimmung des Denkmalschutzes keinerlei Veränderungen vorgenommen werden.
Hohlenstein
Die Ausgrabungen in den Höhlen auf der Schwäbischen Alb begannen bereits im 19. Jahrhundert. Archäologen entdeckten Waffen, Werkzeuge und Reste von Feuerstellen. Auch Schmuck aus Stein, Geweih, Elfenbein und Knochen. Im Hohlenstein wurden 1861 rund 10.000 Höhlenbärenknochen gefunden. Wer selbst auf Spurensuche gehen möchte, kann den vorderen Bereich der Höhle betreten.
Löwenmensch
Zur Sensation wurde dieses Mischwesen aus Mensch und Löwe, ausgegraben im Hohlenstein Stadel. Der mit 31 Zentimeter Höhe größte Höhlenfund gilt als das älteste figürliche Kunstwerk der Welt. Hier ist die Skulptur aus verschiedenen Blickwinkeln zu sehen. Sie wurde aus Hunderten Bruchstücken zusammengesetzt und konnte fast komplett restauriert werden. Zu sehen ist der Löwenmensch im Museum Ulm.
Bockstein
Im Bocksteinfelsen befinden sich mehrere Höhlen, die zugänglich sind. Hier haben sich schon vor über 60.000 Jahren Neandertaler aufgehalten, deren Werkzeuge gefunden wurden. Mit dem Welterbetitel für die Eiszeithöhlen hatte das Bundesland Baden-Württemberg seine sechste Auszeichnung durch die UNESCO erhalten.
Die sechs Höhlen liegen im Ach- und Lonetal auf der Schwäbischen Alb. Laut UNESCO zeugen sie von einer der frühesten figurativen Kunst weltweit und liefern wichtige Erkenntnisse über die Entwicklung der Kunst.
Die Höhlen rund um Blaubeuren gelten als eines der wichtigsten Ausgrabungsgebiete für Archäologen. Dort wurde unter anderem 2008 auch die kleine Figur "Venus vom Hohlefels" gefunden. Sie gilt als als ältestes belegtes Kunstwerk weltweit und ist 40.000 Jahre alt. Als erste gesicherte Darstellung eines Menschen ist sie seit 2014 im Urgeschichtlichen Museum von Blaubeuren zu sehen. In der Eiszeithöhle Hohlefels werden aktuell noch Ausgrabungen durchgeführt.
Älteste Menschheitszeugnisse in den Höhlen gefunden
Seit den 1860er Jahren gibt es in den Höhlen Ausgrabungen, sie brachten zahlreiche bis zu 43.000 Jahre alte figürliche Darstellungen zutage, darunter Mammuts, Höhlenlöwen, Pferde und Musikinstrumente, aber auch Frauenkörper und Darstellungen von Mischwesen aus Mensch und Tier. Die Fundstücke gehören zu den ältesten Zeugnissen für eine bewusste künstlerische Betätigung des frühen Menschen. Die wichtigsten Funde aus dem Bereich der Schwäbischen Alb können in Museen in Ulm, Tübingen und Blaubeuren besichtigt werden. Das Welterbe-Komitee tagt bis zum 12. Juli im polnischen Krakau.
Neue UNESCO-Welterbestätten 2017
Das UNESCO-Welterbekomitee hat bei seiner Sitzung in Krakau neue Welterbestätten benannt. Wir zeigen eine Auswahl der schützenswerten Orte, vom Hochland bis zum Eiland, von der Eiszeit bis zur Moderne.
Laubenganghäuser im Bauhaus, Dessau
Zuwachs für die Welterbestätte Bauhaus: Die Laubenganghäuser in Dessau (Bild) und die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bernau, erbaut unter dem zweiten Bauhaus-Direktor Hannes Meyer, gehören nun auch dazu. Bislang umfasste das Bauhaus-Welterbe ausschließlich Ensembles und Denkmäler, die unter der Leitung des ersten Bauhaus-Direktors Walter Gropius entstanden waren.
Bundesschule, Bernau
Die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bernau wurde ebenfalls 1930 unter Meyers Leitung fertiggestellt. Sie gilt bis heute als Beispiel für eine gegliederte bauliche Anlage, die harmonisch in die naturbelassene Landschaft integriert wurde.
Höhlen der ältesten Eiszeitkunst, Deutschland
Bei archäologischen Grabungen in der schwäbischen Alb wurden die ersten Spuren von Kunst und Musik der Menschheit gefunden. Dafür gab es den UNESCO-Welterbetitel. Es ist die 42. Welterbestätte in Deutschland.
Asmara, Eritrea
UNESCO-Premieren gab es für Angola und Eritrea. Beiden Ländern wurde erstmalig ein Welterbetitel zuerkannt. Dabei gilt die alte angolanische Stadt M'banza Kongo als Beispiel für Veränderungen nach der Ankunft der Portugiesen im 17. Jahrhundert. Und die eritreische Hauptstadt Asamara (Bild) wurde für ihre modernistische Architektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgezeichnet.
Venezianisches Verteidigungssystem, Italien, Kroatien, Montenegro
Die Befestigungsanlagen schützten zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert zahlreiche Städte der Republik Venedig. Dazu gehört etwa die italienische Festungsstadt Palmanova mit ihrem typischen Grundriss (Bild). Die Anlagen befinden sich nicht nur im heutigen Italien, sondern auch in Kroatien und Montenegro.
Insel Okinoshima, Japan
Die Insel Okinoshima diente vom 4. bis zum 9. Jahrhundert als Wegweiser auf der Seeroute zwischen Japan und Korea. Ein Highlight ist der Okitsumiya-Schrein, er wurde zur Verehrung der Göttin des Meeresnebels errichtet. Auf der heiligen Insel gelten seit Jahrhunderten Beschränkungen für Besucher.
Kulangsu, China
Der Welterbetitel wurde der Insel Kulangsu wegen ihres internationalen Charakters verliehen: Wechselnde Kolonialmächte haben auf der Insel vor der südostchinesischen Millionenstadt Xiamen ihre Spuren hinterlassen. Ein weiterer Welterbetitel ging an den Hindutempelkomplex Sambor Prei Kuk in Kambodscha.
Taputapuatea, Frankreich
Das Südsee-Atoll Raiatea gehört zu Französisch-Polynesien. Der Ort Taputapuatea ist für seine heiligen Stätten bekannt. Früher wurden dort Menschenopfer für den Kriegsgott Oro erbracht.
Kujataa,Grönland, Dänemark
Die Region Kujataa liegt am Rande des ewigen Eises von Grönland. Im subarktischen Klima betreiben die Menschen seit Jahrhunderten Landwirtschaft. Nordmänner, Inuit sowie Siedler aus Norwegen und Dänemark haben ihre Einflüsse hinterlassen.
Naturlandschaft Hoh Xil, China
Die Region in Tibet zählt zu den bevölkerungsärmsten Regionen Chinas und liegt etwa auf 4800 Meter Höhe. Seit 1995 Naturschutzgebiet gibt es hier seltene Pflanzen und Tiere, wie die tibetische Antilope. Weitere neu von der UNESCO ausgezeichnete Naturlandschaften sind die Daurischen Landschaften in Russland und der Nationalpark Los Alceres in Argentinien.
Ahmedabad, Indien
Die Millionemetropole Ahmedabad ist die Hauptstadt des Bundesstaates Gujarat. Ihr historisches Zentrum lag inmitten einer Stadtmauer. 28 Gebäude stehen nun unter dem Schutz der UNESCO. Weitere mit dem Welterbe ausgezeichnete Altstädte sind die Wüstenstadt Yazd im Iran und Hebron in Palästina.
Kulturlandschaft der Khomani, Südafrika
Das Volk der Khomani lebt im Norden Südafrikas, im Grenzgebiet zu Namibia und Botswana. Im Kalahari-Gemsbok-Nationalpark sind Spuren menschlicher Besiedelung zu sehen, die bis in die Steinzeit zurückreichen.
Altstadt von Hebron
Ebenfalls zum Weltkulturerbe erklärt wurde die Altstadt von Hebron im Westjordanland. Rund um die Nominierung gab es heftige Debatten und Proteste. Israel und die USA kritisierten die Entscheidung der UNESCO. Die von Juden, Muslimen und Christen verehrten Patriarchengräber in Hebron stehen seit Jahren im Zentrum heftiger Spannungen.
so/cr (dpa)