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Zweite Amtszeit für El Salvadors Bitcoin-Präsident

5. Februar 2024

Wohl kaum ein Präsident ist so beliebt wie Nayib Bukele. Sein Kampf gegen kriminelle Banden wird international als Erfolg gefeiert und kopiert. Seine großen Bitcoin-Versprechen hat Bukele bisher aber nicht eingelöst.

Unterstützerin von El Salvadors Präsident Nayib Bukele trägt ein Basecap mit seinem Konterfei
Große Zustimmung für den Präsidenten: Unterstützerin von El Salvadors Präsident Nayib BukeleBild: MARVIN RECINOS/AFP/Getty Images

Noch vor den offiziellen Wahlergebnissen hat sich Nayib Bukele zum Sieger der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen erklärt. Der Sieg war ihm eigentlich schon vor den Wahlen gewiss, denn der 42-Jährige Werbefachmann hat Zustimmungsraten wie kein ein anderer Präsident. Bukele kennt die Wirkung klarer und einfacher Botschaften. Schon zu Beginn seiner ersten Präsidentschaft 2019 inszenierte er sich als starken Führer, der El Salvador sicher und international bedeutsam macht. Dafür wird der 42-Jährige mittlerweile von vielen verehrt und von einigen als autoritär abgelehnt. 

Vor allem sein Kampf gegen die kriminellen Banden wird in vielen Ländern mit ähnlichen Problemen begeistert verfolgt und kopiert. Denn Bukele hat aus dem unsichersten Staat Lateinamerikas ein Land gemacht, in das zunehmend wieder Touristen kommen. Die Bevölkerung traut sich wieder auf die Straße, die Wirtschaft wächst langsam, die Arbeitslosigkeit sinkt.

Aber die sinkende Kriminalitätsrate hat einen hohen Preis: Das Land mit seinen 6,3 Millionen Einwohnern hat mittlerweile die höchste Inhaftierten-Rate weltweit.

Die Gefängnisse sind auch so voll, weil Bukele es mit der Demokratie und den Bürgerrechten nicht so genau nimmt. So hat er die Untersuchungshaft bei mutmaßlichen Kriminellen auf zwei Jahre verlängert. Menschenrechtsorganisationen sagen, dass viele Menschen unschuldig im Gefängnis sitzen. Kritische Journalisten berichten von Bedrohungen, wenn sie über Unrecht und die Machenschaften von Bukeles Netzwerk berichten.

Häftlinge im Izalco-Gefängnis nordwestlich der Hauptstadt San SalvadorBild: Notimex/DPA/TNS/Abacapress/picture alliance

Doch Nayib Bukele lächelt solche Vorwürfe weg. Vor zwei Jahren bezeichnete er sich mit einem Augenzwinkern als "coolster Diktator der Welt". Geschadet hat ihm das nicht - im Gegenteil. 

Inszenierung als Bitcoin-Präsident

International hat Bukele vor allem wegen seiner Bitcoin-Visionen Schlagzeilen gemacht: Es war im September 2021, da führte El Salvador als erstes Land weltweit den Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel ein. Dagegen gab es in der Hauptstadt San Salvador mehrmals heftige Proteste. 

Seitdem legt der Staat selbst in der Digitalwährung an. Auch entwickelte El Salvador eine eigene digitale Geldbörse - die Chivo-Wallet. Damit sollten auch Menschen Zugang zu Bankgeschäften bekommen, die bisher nur mit Bargeld hantierten. Wer die App installierte und sich auswies, der bekam 30 Dollar obendrauf.

In einem animierten Video, das Nayib Bukele mit seinen 6,2 Millionen Instagram-Followern und 7,5 Millionen TikTok-Fans vor Kurzem geteilt hat, wird vom Erfolg der Mission berichtet: "El Salvador macht weiter Gewinn", heißt es da. "Würden wir jetzt verkaufen, wären wir sieben Millionen Dollar im Plus". Viele Menschen könnten dank "des Geldes der Zukunft" jetzt auch an Bankgeschäften teilhaben, heißt es weiter. In dem Video wird den Medien - unter anderem der Deutschen Welle - vorgeworfen, einseitig und negativ über das Thema berichtet zu haben.

Tatsächlich könnte El Salvadors Bitcoin-Portfolio derzeit im Plus sein. Doch so genau kann das niemand sagen. "Wie viel die Staatskasse mit Bitcoin gewonnen oder verloren hat, wissen wir nicht wirklich, weil es keinen transparenten Nachweis gibt, wann der Präsident in welcher Form wie viele Bitcoin gekauft hat", sagt der Lateinamerika-Forscher Christian Ambrosius von der Freien Universität Berlin. Bukele gibt lediglich ab und zu über Twitter bekannt, zu welchem Kurs der Staat Bitcoin erwirbt.

Kaum jemand nutzt das Chivo-Wallet

Auch insgesamt wirkt die Erfolgsbilanz der Bitcoin-Mission bisher eher bescheiden. So bleibt die soziale Revolution aus. Der Bitcoin ist auch zwei Jahre nach der Einführung nicht besonders verbreitet. 

Das Chivo-Wallet ist nicht besonders weit verbreitetBild: Salvador Melendez/AP/picture alliance

Einer repräsentativen Umfrage zufolge, die im Wissenschaftsportal Science veröffentlicht wurde, wissen zwar rund zwei Drittel der Bevölkerung über die Chivo Wallet Bescheid. Rund die Hälfte der Bevölkerung hat sich die digitale Geldbörse auch heruntergeladen. Doch die Hälfte davon wiederum nur wegen des Begrüßungsgeldes. Am Ende blieben laut der Umfrage nur fünf Prozent, die wirklich Bitcoins mit der Chivo Wallet sparten oder damit bezahlten. Die Autoren schreiben: "Bitcoin wurde nicht auf breiter Front akzeptiert." Andere Studien kommen zu ähnlichen Ergebnissen. 

Großprojekte in der Schwebe

Auch vor zwei Jahren kündigte Bukele vor internationaler Presse und Kryptofans an, dass sein Land ein neues Eldorado für Digitalwährungen werden würde. Am Fuße eines Vulkans sollte dafür die Bitcoin-City entstehen. Steuerfreiheit sollte Unternehmer aus der ganzen Welt anlocken. Die Geothermie aus dem Vulkan sollte die Stadt mit Energie versorgen. 

Wie ein Popstar: Nayib Bukele bei der Ankündigung von Bitcoin City im November 2021Bild: Marvin Recinos/AFP

Finanzieren wollte Bukele seine Pläne mit einer Bitcoin-Anleihe. Doch laut Christian Ambrosius ist von Bukeles Megaprojekten nicht viel übrig geblieben. "All dies waren medial groß aufgezogene Projekte, die nie viel Substanz hatten", sagt der El Salvador-Experte.

Für die Bitcoin-Anleihe hätte es keine Nachfrage gegeben. Man habe sich ausrechnen können, "dass Bitcoin Bonds in der geplanten Form nicht attraktiv waren, wenn zusätzlich zu dem Risiko von Kursentwicklungen auch noch ein Risiko des Zahlungsausfalls hinzukommt." 

Noch immer wandern die Leute aus

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte die Einführung des Bitcoin 2021 heftig kritisiert. Eine Analyse kam zu dem Schluss, dass die hohen Preisschwankungen des Bitcoins ein "signifikantes Risiko für die finanzielle Stabilität" des Landes darstellten. 

Auch deshalb verweigerte der IWF, wichtige Gelder für das Land bereitzustellen. Doch mittlerweile sprechen der IWF und Bukele wieder von "produktiven Gesprächen", und auch die Ratingagentur S&P hat kürzlich die Kreditwürdigkeit für El Salvador nach oben korrigiert.

Bitcoineros - Das digitale Gold und seine Versprechen

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Christian Ambrosius sieht dennoch keine langfristige Wirtschaftsstrategie von Bukele. "Die sogenannte Bitcoin-Ökonomie besteht meines Erachtens vor allem aus heißer Luft." 

Die wirtschaftlichen Herausforderungen des Landes bestünden weiter vor allem darin, dass viele Menschen keinerlei soziale Aufstiegsmöglichkeiten hätten und in die USA abwanderten. Rund ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts des Landes stammt nach wie vor aus Rücküberweisungen von Familienangehörigen aus den USA. 

Aber immerhin habe die Inszenierung rund um den Bitcoin es geschafft, das Land bekannter zu machen, so Ambrosius. Davon könne der Tourismus weiter profitieren. Bukeles einfache und klare Botschaften scheinen also doch irgendwie anzukommen, während die Kritik an seinem autoritären Vorgehen an ihm und den Wählern in El Salvador abprallt. 

Der Artikel ist am 2.2.2024 erschienen und wurde nach der Wahl am 5.2.2024 aktualisiert.

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