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Elektro-Lkw kommen nicht ins Rollen

Klaus Deuse
9. April 2024

Obwohl die Hersteller inzwischen Fahrzeuge mit einer Reichweite von 500 Kilometern anbieten, stagniert der Absatz. Die Autos sind zu teuer, zudem fehlt es an ausreichender Lade-Infrastruktur.

Ein Lkw mit Elektroantrieb auf der Automesse für Nutzfahrzeuge in Hannover (2022)
Ein Lkw mit Elektroantrieb auf der Automesse für Nutzfahrzeuge in Hannover (2022)Bild: Julian Stratenschulte/dpa/picture alliance

Der Umstieg auf mit Elektromotoren betriebene Lastkraftwagen ist ins Stottern geraten, bevor er überhaupt ins Rollen gekommen ist. Und damit ist auch das gesteckte Ziel der Bundesregierung, bei den Nutzfahrzeugen bis 2030 den CO2-Ausstoß gegenüber 1990 um über 40 Prozent zu reduzieren, in weite Ferne gerückt.

Nach Angaben des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) rollen täglich 800.000 Lkw über 7,5 Tonnen durch die Bundesrepublik. Davon wurden Ende vergangenen Jahres, so der Verband, lediglich 475 Fahrzeuge elektrisch betrieben. Das entspricht einem Anteil an der Tagesflotte von nicht einmal einem Prozent. Der Großteil der Brummi-Flotte tankt weiterhin Diesel. Dabei bieten Hersteller mittlerweile Elektro-Nutzfahrzeuge mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern an. Was fehlt, monieren Hersteller und Spediteure, sei vor allem eine fehlende Lade-Infrastruktur.

Und wenn es noch eines Beweises für den schleppenden Markthochlauf bedurft hätte, dann liefern ihn die an diesem Dienstag (9.4.2024) veröffentlichten Auslieferungszahlen des Marktführers Daimler Truck für das erste Quartal: Da legten batterieelektrische Fahrzeuge zwar um 183 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal zu. In Zahlen sind das aber gerade mal 813 der insgesamt ausgelieferten knapp 109.000 Fahrzeuge. 

Hohe Anschaffungskosten und fehlende Infrastruktur

Ein Leitsatz seiner Branche, so Daimler Truck-Vorstandschef Martin Daum zuvor in einem Interview mit der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ), laute: "Ein Lkw wird nicht aus Spaß gefahren. Es geht darum, Güter effizient von einem Ort zum anderen Ort zu transportieren." Und das, so die Schlussfolgerung, müsse sich rechnen. "Daher dürfen Elektro-Lkw in der Gesamtrechnung nicht teurer sein als Diesel-Lkw."

Martin Daum, Vorstandsvorsitzender der Daimler Truck AG, beim Börsengang des Nutzfahrzeughersteller am 10. Dezember 2021Bild: Sebastian Gollnow/dpa/picture alliance

Noch kosten Elektro-Lkw mit über 300.000 Euro in der Anschaffung deutlich mehr als ein Diesel-Lkw, den es ab 100.000 Euro gibt. Seit es aus Sparzwängen im Bundeshaushalt keine Förderung bei den Mehrkosten mehr gibt, halten sich Spediteure bei der Umstellung ihres Fuhrparks auf Elektro-Brummis deutlich zurück.  

"Bei dreifach höheren Kosten für einen E-Lkw im Vergleich zu einem Diesel-Lkw und einer durchschnittlichen Marge von 0,1 bis drei Prozent kann sich kein Mittelständler die Umstellung auf klimafreundliche Antriebe leisten", resümiert BGL-Vorstandssprecher Engelhardt. An der Preisfront könnte sich aber absehbar etwas tun, denn auch hier - wie schon im Pkw-Bereich - holen chinesische Hersteller wie BYD auf.

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Für Karin Radström, Vorstandsmitglied der Daimler-Truck Holding AG, steht zudem außer Frage, dass es für die Antriebswende "eine flächendeckende Lade- und Tank-Infrastruktur für batterie- und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge braucht." Oder wie es BGL-Vorstandssprecher Engelhardt formuliert: "Was nutzt es dem Transportunternehmer, wenn er E-Lkw kaufen, aber nicht laden kann."

In einer gemeinsamen Erklärung fordern BGL, der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) sowie die Hersteller Daimler Truck und MAN die Einrichtung von mindestens 10.000 öffentlich zugängliche Ladepunkten für E-Lkw, einschließlich 4000 sogenannter Mega-Charger. Dabei handelt es sich um Ladestationen, an denen Lkw-Batterien binnen 45 Minuten aufgeladen werden können. Denn gerade in der Speditionsbranche lautet das Motto "Zeit ist Geld". Derzeit werden Elektro-Lastwagen vor allem auf den Betriebshöfen der Speditionen über Nacht geladen. Dieses sogenannte Depot-Laden dauert bis zu acht Stunden.

Karin Radström, aus Schweden stammende Managerin, ist Chefin der Marke Mercedes Benz TrucksBild: Uli Deck/dpa/picture alliance

Kommunale Stromnetze sind überfordert

Das Depot-Laden ist übrigens derzeit in den lokalen Stromnetzen allerdings auch nicht ohne weiteres möglich. Erst recht nicht der Betrieb von Schnellladesäulen (Mega-Charger), wie der Bochumer Spediteur Christian Graf erfahren musste.  Rund 100 Schwerlastwagen, also 40-Tonner, umfasst der Fuhrpark von Graf. Gut ein Viertel der Brummis, die durch ganz Europa rollen, fährt aus Klimaschutzgründen mit LNG-Gas. Außerdem neuerdings auch mit Bio-Erdgas, das aus Gülle hergestellt wird. Das heißt, die Lkw stoßen kein CO2 mehr aus.

Auch der Elektro-Pionier Tesla hat einen elektrischen Truck in der PipelineBild: Tesla

"Dadurch", so Christian Graf, "kann ich jetzt sicherstellen, dass die Fahrzeuge klimaneutral fahren." Unter dem Strich werden so jedes Jahr rund 4000 Tonnen CO2 eingespart. Damit schont Graf zwar die Umwelt, wird bei der Maut aber wieder zur Kasse gebeten, da nur noch elektrisch oder mit Wasserstoff betriebene Lkw davon befreit sind. Doch selbst wenn der Preis für E-Lkw deutlich sinken würde, bei der Spedition Graf könnte man sie nicht aufladen.

Denn das gibt das Stromnetz der Stadtwerke Bochum nicht her. Über die Installation von fünf Schnelladesäulen hatte Christian Graf nachgedacht, für die jeweils eine Kapazität von einem Megawatt erforderlich gewesen wäre. Insgesamt fünf Megawatt konnten die Stadtwerke aber nicht zusagen, da dies das Stromnetz überfordern würde. Zum Vergleich: einen ganzen Stadtteil versorgen die Stadtwerke mit sieben Megawatt. Und selbst wenn die Versorgung mit fünf Megawatt möglich gewesen wäre, hätte der Speditionschef noch etwa drei Millionen Euro investieren müssen. Und zwar in ein großes Grundstück, auf dem eigens für die Schnellladesäulen ein Umspannwerk hätte errichtet werden müssen. 

Großer Stecker, große Ladung: Aber gibt das Stromnetz das her? Bild: Marijan Murat/dpa/picture alliance

Nur grüner Strom macht Sinn

Angesichts derartiger Rahmenbedingungen verwundert es nicht, dass es bei der Verkehrswende alles andere als rund läuft. Ganz abgesehen vom dafür erforderlichen Strom. Mit Blick auf den Klimaschutz gibt Martin Daum von Daimler Truck zu bedenken: "Nur wenn ein Lkw mit regenerativer Energie betrieben wird, hilft die Elektrifizierung weiter." Und BGL-Chef Engelhardt ergänzt, "E-Lkw sind auch nur dann fürs Klima gut, wenn sie mit grüner Energie geladen werden".

Es kommt also auf den Strommix an. Allein für den Straßenverkehr, rechnet Dirk Engelhardt vor, seien dafür theoretisch 18.800 Windkraftanlagen notwendig. "Bei einem derzeitigen Bestand von rund 28.000 Windkraftanlagen eine Riesenherausforderung." Dem Klima, resümiert der BGL-Vorstandssprecher, sei partout nicht geholfen, wenn die E-Lkw ihren Strom aus Braunkohle oder importierten Atomstrom bezögen. Ganz abgesehen von dem enormen Mehrgewicht der Batterien, das bewegt werden muss und zusätzlich Energie kostet.

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