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Politik

Elektroauto-Revolution kommt später

19. September 2018

Da wird auch die Kanzlerin recht kleinlaut: Das große Ziel von einer Million E-Autos bis 2020 auf deutschen Straßen ist nicht mehr zu schaffen. Das hat Merkel von ihren Beratern nun quasi offiziell bestätigt bekommen.

Die Kanzlerin mit NPE-Präsident Henning Kagermann und Verkehrsminister Andreas Scheuer (Foto: picture-alliance/dpa/M. Kappeler)
Die Kanzlerin mit NPE-Präsident Henning Kagermann und Verkehrsminister Andreas ScheuerBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

1 Million E-Autos in Deutschland erst 2022

01:29

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Bis zum Jahr 2020 sollten eine Million Elektroautos auf den Straßen rollen - dieses Ziel hatte die Bundesregierung im Jahr 2010 ausgegeben. Dass das nicht klappt, war schon länger klar. Und unter der Hand war dieses Ziel schon längst gekippt. Doch jetzt rücken auch die Berater der Bundesregierung davon ab. Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) schreibt in ihrem aktuellen Fortschrittsbericht, das Ziel von einer Million E-Autos werde voraussichtlich erst 2022 erreicht.

Merkel: "Dinge dauern etwas länger" als gedacht

Die NPE beobachtet seit acht Jahren den Elektroauto-Markt in Deutschland und spricht Empfehlungen für die Bundesregierung aus. Im Jahr 2010 hatten die Experten die Prognose ausgegeben, dass bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen rollen. Die Bundesregierung hatte sich dieses Ziel zu eigen gemacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte allerdings schon vor einem Jahr gesagt: "So wie es im Augenblick aussieht, werden wir dieses Ziel nicht erreichen."

Eine Ladestation in der Gläsernen Manufaktur des VW-Konzerns in DresdenBild: picture-alliance/dpa/J. Loesel

Merkel hielt sich denn auch bei der Übergabe des jüngsten NPE-Fortschrittsberichts in Berlin sichtlich zurück: "Wir haben den Einstieg in den Massenmarkt vollzogen, aber wir müssen das natürlich jetzt in die gesamte Breite hineinbringen." Merkel verwies auf ein wachsendes Angebot an E-Auto-Modellen und den Ausbau des Ladenetzes. Auch Kommunen könnten hier aber noch "sehr viel agiler" sein. Die Kanzlerin betonte, die deutsche Industrie solle "im Rahmen unserer strategischen Fähigkeiten" auch mit anderen europäischen Ländern an einer eigenen Batteriezellen-Produktion teilnehmen. Mit Blick auf die Entwicklung des Marktes für Elektroautos konstatierte sie aber auch: "Wir müssen ganz ehrlich sein: Trotz aller Fortschritte dauern die Dinge etwas länger, als wir uns das vor acht Jahren gedacht haben."

Die Marke von 500.000 ist noch nicht geknackt

Und in der Tat sprechen die Fakten eine klare Sprache: Anfang 2018 fuhren knapp 335.000 reine Stromer und Autos mit Hybridmotor auf deutschen Straßen. Bis Ende August zählte das Kraftfahrtbundesamt in diesem Jahr zwar noch einmal mehr als 132.000 Neuzulassungen. Doch auch dieser Aufwärtstrend dürfte nicht reichen, um die Marke von einer Million zu knacken.

Im internationalen Vergleich liegt das Autoland Deutschland damit weit hinter Ländern wie China, den USA, aber auch Norwegen, wo Elektromobilität politisch stärker gefördert wird. Der Vorsitzende der Nationalen Plattform Elektromobilität, Henning Kagermann, betonte deshalb bei der Übergabe des Berichts an die Bundesregierung: "Das Eine-Million-Ziel bleibt eine gute politische Richtgröße." Wichtiger als das genaue Datum sei jedoch ein stimmiges Gesamtsystem aus Angebot, Infrastruktur, einem klimafreundlichen Energiesystem, Dienstleistungen und rechtlichen Rahmenbedingungen.

Zu teuer, zu geringe Reichweite, zu wenige Lademöglichkeiten

Als Hemmschuh für die Verbreitung von Elektroautos werden verschiedene Gründe genannt. Die Autos sind vergleichsweise teuer, es gab in der Vergangenheit nur wenige Modelle zu kaufen. Die Reichweite einer Batterieladung kam lange nicht an die einer Tankfüllung heran. Zugleich fehlten Ladestationen, um dieses Manko vor allem auf längeren Strecken auszugleichen. Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sind für eine Million E-Autos auf den Straßen 70.000 Normal-Ladepunkte und 7000 Schnell-Ladepunkte nötig. Zuletzt zählte der BDEW aber nur 13.500 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte - etwa in Parkhäusern und Hotels, davon waren nur 13 Prozent Schnell-Lader.

Norwegen gilt als Musterland in Sachen E-Mobilität - hier gibt es unter anderem deutlich mehr LademöglichkeitenBild: Getty Images/AFP/P. Deshayes

Dabei hatte es jüngst viele Initiativen und Förderprojekte gegeben, um zumindest dieses Problem zu lösen. Nach dem Willen der großen Koalition soll es nun bis 2020 mindestens 100.000 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge zusätzlich geben. Hersteller hatten ein Gemeinschaftsunternehmen für den Aufbau eines Ladenetzes an vielbefahrenen Strecken gegründet. Zumindest diese Initiative wertet die NPE als Erfolg: An den Autobahnen, so der Bericht, wird Deutschland 2018 das weltweit erste flächendeckende Ladenetz haben. Auch an der Angebotsseite bemühen sich die Hersteller nach Kräften: Inzwischen sind 33 Modelle deutscher Autobauer am Markt, bis 2020 sollen es den Schätzungen zufolge 100 sein.

Und noch eine Expertengruppe

"Flankiert wird das durch Investitionen der öffentlichen Hand", erklärte Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). So habe die Bundesregierung bis September 2017 2,2 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung im Bereich Elektromobilität bereitgestellt. Und was macht der Bundesverkehrsminister?  Andreas Scheuer will eine neue Expertengruppe für den Klimaschutz im Verkehrssektor einsetzen. Die "Nationale Plattform zur Zukunft der Mobilität" (NPM) soll mit sechs Arbeitsgruppen Lösungen für bezahlbaren und klimafreundlichen Verkehr entwickeln. Geleitet wird auch dieses Gremium von Kagermann. Darin geht auch die bisherige NPE auf. Die Mobilität sei das zentrale Zukunftsthema für das Land, sagte Scheuer. "Mehr Mobilität und bessere Luft in den Städten sind kein Widerspruch. Neue Antriebsformen, neue Mobilitätskonzepte für unsere Städte und die ländlichen Regionen, das ist unsere Zukunft."

sti/bru/jj (dpa, afp)

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