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E-Antrieb statt Diesel: Die Zukunft der Schifffahrt?

11. April 2025

Auch große Schiffe fahren immer öfter mit E-Motoren. Das vermeidet giftige Abgase und ist gut für's Klima. Doch es gibt noch viele Herausforderungen. Was sind die Trends und wie verändern sie die Schifffahrt?

Drohnenaufnahme eines Schiffes mit der Stadt St.Malo im Hintergrund. Die Hybridfähre pendelt zwischen Frankreich und GB auf einer Strecke von bis zu 260 Kilometer und kann durch den Antrieb mit Strom aus Batterien den CO2-Ausstoß während der Überfahrt um 25% senken.
Fährt mit Batteriestrom: Das Hybridschiff Saint-Malo überquert den Ärmelkanal zwischen Frankreich und EnglandBild: Jess Breheret

Die Rheinfähre Mondorf bei Bonn pustet keinen schwarzen Ruß mehr in die Luft, man hört nur noch Wind und Wellen. Statt der alten Dieselmotoren treiben seit Februar 2025 nun Elektromotoren mit 290 KW (400 PS) die Fähre an. 

Der Rhein ist hier 400 Meter breit. Für die Überfahrt braucht die Autofähre rund zwei Minuten. Der Strom für den Antrieb kommt aus einer Batterie mit 1000 Kilowattstunden (kWh), das entspricht der Batteriekapazität von 14 E-Autos. Nachts wird der Akku am Anleger mit regenerativem Strom aufgeladen. Für die 14 Stunden Fährbetrieb am Tag reichen rund 600 kWh.  

Gefördert wurde der Umbau der 60 Jahre alten Fähre von der Bundesregierung - bezuschusst mit bis zu 80 Prozent. "Ohne den Zuschuss wären die Kosten zu hoch", sagt Schiffsbauingenieur Elmar Miebach-Oedekoven, Geschäftsführer der Lux-Werft und Schifffahrt GmbH. Die mittelständische Firma betreibt seit vergangenem Jahr noch eine weitere Elektrofähre bei Bonn und hat schon rund 20 Personenschiffe auf Elektroantrieb umgerüstet. 

Der alte Dieselmotor der Autofähre auf dem Rhein bei Bonn Niederkassel wurde durch einen elektrischen Antrieb ersetztBild: Gero Rueter/DW

E-Motoren brauchen in Vergleich zum Diesel weniger Wartung. So ist der Betrieb der Fähre trotz relativ hohem Strompreis in Deutschland "langfristig wohl günstiger", sagt Miebach-Oedekoven im Gespräch mit der DW. Die Technik sei auch deutlich umweltfreundlicher, denn es gebe "keinen brennbaren Diesel auf dem Schiff, keine Gewässergefährdung beim Tanken, die ganze Technik ist sicherer und einfacher", ergänzt Betriebsleiter Ingo Schneider-Lux während der Überfahrt auf dem Rhein.   

Bei Fähren und Personenschiffen auf Binnenseen und Flüssen gehe der Trend in Deutschland zum Antrieb mit Elektromotor, so Schneider-Lux. Auch weltweit gibt es immer mehr Schiffe mit Batterieantrieb.

Laut den neuesten Daten des gemeinnützigen Netzwerks Maritime Battery Forum in Norwegen fahren weltweit schon mehr als 1000 von insgesamt 109.000 Schiffen mit Elektro- oder Hybridantrieb. Und es dürften noch mehr sein, da die Zählung nur ein Teil der Elektroschiffe erfasst. Mehr als 460 weitere E-Schiffe werden demnach aktuell gebaut.  

Norwegen ist Pionier bei der E-Schifffahrt

Führend bei der batteriebetriebenen Schifffahrt ist bislang Norwegen. Seit mehr als zehn Jahren fördert die Regierung die Technik für Fähren, Frachtschiffe, Fischereiboote, Wartungsschiffe für Offshore-Industrie - die künftig an Windkraftanlagen direkt nachgeladenwerden können - bis hin zu Kreuzfahrtschiffen.

Bis 2030 will die norwegische Regierung durch finanzielle Förderung und Vorschriften den CO2-Ausstoß in der Schifffahrt drastisch reduzieren. Und Schiffe, die in die westnorwegischen Fjorde fahren, sollen dort bald schon emissionsfrei fahren. 

Besonders viele E-Motoren gibt es bereits bei den norwegischen Autofähren, die für den Verkehr an der 1800 Kilometer langen Küste besonders wichtig sind. Mehr als 80 der 199 Autofähren fahren laut Daten der norwegischen Klimastiftung schon elektrisch.

Eine der größten E-Fähren verkehrt seit 2020 im Oslofjord im Süden des Landes. Die "Basto Electric” hat Platz für mehr als 200 Autos und 600 Passagiere. Sie fährt ausschließlich mit Energie aus der Batterie. Das Schiff braucht für die 1,8 Kilometer zwischen den Städten Moss und Hortem eine halbe Stunde. 

Während der Haltezeit in den Häfen wird die große Batterie (4300 kWh) mit besonders leistungsstarken Schnellladern wieder aufgeladen. Bei einer Leistung von 9000 kW fließt hier 25-mal mehr Strom als bei den sehr leistungsstarken Schnellladern für Straßenfahrzeuge mit 350 KW.  

Die größte rein batteriebetriebene Elektrofähre, die Hull 096, ist derzeit in Australien im BauBild: INCAT

Das weltweit größte nur mit Batterien betriebene Schiff soll im Mai 2025 in Australien vom Stapel laufen. Der Platz reicht für 2100 Passagiere und 225 Fahrzeuge. Der leichte Hochgeschwindigkeitskatamaran aus Aluminium wird zwischen Argentinien und Uruguay 50 Kilometer über den Rio de la Plata pendeln. Die große Batterie hat eine Speicherleistung von 43.000 kWh, das entspricht der Batteriekapazität von 570 E-Autos. 

Hybridantriebe für längere Strecken 

Für sehr weite Strecken reicht die Kapazität von fest verbauten Batteriespeichern allerdings nicht aus. Darum werden einige E-Schiffe zusätzlich mit Verbrennungsmotoren betrieben, die derzeit Diesel, verflüssigtes Erdgas (LNG) oder Biodiesel tanken. 

Ein Beispiel dafür ist die Hybrid-Elektrofähre Saint-Malo, die seit Februar 2025 den Ärmelkanal überquert. Die Autofähre für 1300 Personen, 330 PKW und 60 LKW braucht für die Strecke von 260 Kilometer vier bis sechs Stunden.

Der Strom aus der großen Batterie (12.000 kWh) wird vor allem für die Fahrt an der Küste und für die Ein- und Ausfahrt in die Häfen genutzt. Das vermeidet Abgase und Lärm. 

Dieses chinesische Binnenschiff erhält seinen Antriebsstrom aus den großen weißen Batteriecontainern am Heck, die leeren Akkus werden im Hafen ausgetauscht Bild: CFOTO/picture alliance

Austauschbare Batteriecontainer machen lange Strecken möglich 

Doch E-Schiffe können auch heute schon viel weitere Strecken zurücklegen, wenn sie mit austauschbaren Batteriecontainern fahren. 

Zum Beispiel die zwei E-Frachter auf dem Jangtsekiang, dem längsten Fluss Chinas. Sie können bis zu 700 Container (TEU) laden und pendeln um die 300 Kilometer zwischen der Stadt Nanjing und dem Hafen Yangshan in Shanghai. 

Die Energie für die Motoren kommt aus bis zu 36 Batteriecontainern. Sie können bis zu 57.700 kWh Energie abgeben. Wenn sie entladen sind, werden sie im Hafen ausgetauscht.  

In den Niederlanden fahren zwei kleinere Containerschiffe mit austauschbaren Batteriecontainern. Der Batterietausch dauert laut dem Verleiher ZES nur 15 Minuten. Gebaut wurde das Batteriewechselsystem gemeinsam vom Hafen Rotterdam, großen Technologieunternehmen und einer Großbank mit Hilfe der EU. 

Das Ziel: Bis 2050 sollen 400 E-Binnenschiffe in den Niederlanden, Belgien, Frankreich und Deutschland mit Batteriecontainern unterwegs sein. Dafür müssen in den nächsten Jahrzehnten noch viele zusätzliche Stationen für den Batterietausch aufgebaut werden.

Anschluss der Starkstromkabel ans Kreuzfahrtschiff: Knapp 70 Prozent aller Kreuzfahrtschiffe wurden in Kiel 2024 mit Landstrom versorgt Bild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Neue Infrastruktur: Schiffe brauchen leistungsstarke Stromanschlüsse 

Umweltfreundlicher Strom aus dem Netz kann auch große Kreuzfahrtschiffe und Frachter während der Liegezeiten im Hafen versorgen. Wenn die Schiffe mit dicken Kabeln an das spezielle Stromnetz im Hafen angeschlossen sind, können die Verbrennungsmotoren an Bord ausgestellt werden.

Der Strombedarf ist jedoch immens: Ein Kreuzfahrtschiff braucht im Hafen so viel Strom wie 12.000 Einfamilienhäuser. Wenn diese Energie mithilfe von Sonne-, Wind- und Wasserkraft erzeugt wird, spart das Kosten, gesundheitsschädliche Abgase und CO2. 

Doch der Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur mit Stromanschlüssen in Häfen, Batteriecontainern und Ladestationen für Schiffe ist eine große Herausforderung: Neue Leitungen müssen verlegt, neue Trafos und Kraftwerke gebaut werden. Das erfordert hohe Anfangsinvestitionen und auch staatliche Unterstützung.  

Globale Zukunft für Elektro-Schiffe? 

Die Schifffahrt ist laut EU-Kommission für rund 2,8 Prozent der globalen ⁠CO2⁠-Emissionen verantwortlich. Durch den Umstieg auf Elektromotoren können CO2-Emissionen reduziert und die lokale Luftqualität erheblich verbessert werden. Und der Strombetrieb kann auch Kosten sparen: Auf kürzeren Strecken sind Batterie-Schiffe bereits heute wettbewerbsfähig. 

"Die Aussichten für die elektrische Schifffahrt sind positiv. Die Nachfrage nach Hybrid- und vollelektrischen Anwendungen steigt von Jahr zu Jahr", sagt Roger Holm, Präsident des Schiffsausrüsters Wärtsilä Marine mit Sitz im finnischen Helsinki. Zwischen 2019 und 2024 habe sich die Auftragslage in der Branche vervierfacht, so Holm im Gespräch mit der DW. 

"Die E-Schifffahrt wird in den nächsten zwei Jahrzehnten geprägt werden von bahnbrechenden Innovationen in der Batterietechnologie, einem Anstieg von Systemen mit Hybridantrieben und einem schnell wachsenden Markt, angetrieben durch politische Unterstützung und die Wettbewerbsdynamik", prognostiziert Geschäftsführer Stefano Sommadossi von NatPower Marine der DW. Das Unternehmen mit Hauptsitz in London entwickelt Ladeinfrastruktur für Häfen und Wasserstraßen. 

Der große Vorteil von Strom als Antriebsenergie sei die hohe Effizienz im Vergleich zu den anderen klimafreundlichen Optionen, wie etwa synthetisch erzeugten Kraftstoffen aus grünem Wasserstoff, betont Sommadossi.

Für eine Energiemenge von 1 kWh am Motor brauchten batteriebetriebene Schiffe "nur eine (Anm.d.Red: Ausgangs-) Energiemenge von 1,09 kWh. Bei flüssigen Kraftstoffen wie Ammoniak, Methanol und Wasserstoff sind es dagegen vier bis neun kWh. Der Einsatz von Strom als Energiekraftstoff ist billiger als die flüssigen Alternativen."

Bis 2030 sollen die Emissionen von Treibhausgasen aus der Schifffahrt laut der internationalen Schifffahrtorganisation IMO um 30 Prozent sinken, bis 2040 um 80 Prozent und bis 2050 um 100 Prozent.

Laut Sommadossi wird "der asiatisch-pazifische Raum voraussichtlich den globalen Markt für Elektroschiffe dominieren." In diesen Ländern werden derzeit die weitaus meisten Schiffe gebaut. 

An zweiter Stelle stehe Europa, sagt Sammadossi. Hier gebe es einen zusätzlichen Schub durch die europäischen Ziele der Dekarbonisierung für die Schifffahrt.

Beispielsweise verlangt eine EU-Verordnung, die sogenannte FuelEU Maritime, dass alle europäischen Häfen leistungsstarke Stromanschlüsse legen müssen, damit Container-, Passagier- und Kreuzfahrtschiffe ab 2030 so ihren Strombedarf in den Häfen decken können. 

120 Container kann das norwegische Schiff "Yara Birkeland" transportiern - der Strom für die 56 Kilometer lange Strecke kommt aus einer Batterie (6800 kWh)Bild: Ole Berg-Rusten/NTB/picture alliance

Wo sind die Grenzen für die E-Schifffahrt? 

Für sehr lange Strecken wird die Batterietechnik vermutlich begrenzt bleiben. Zwar seien Entfernungen von bis zu 15.000 Kilometer für batterieelektrische Containerschiffe technisch erreichbar, heißt es in Studie in der Fachzeitschrift zur Energieumwandung und Management. Wirtschaftlich jedoch reduzierten sich die Anwendungsbereiche einer klimaneutralen Hochseeschifffahrt auf "maximal 10.000" Kilometer, so die Studie.

Die Überquerung des Atlantiks zwischen New York und Lissabon (ca. 8300 Kilometer) wäre mit einem Containerschiff durchaus möglich, die Strecke zwischen Shanghai und Venedig (30.000 Kilometer) ohne Zwischenstopp zum Nachladen jedoch nicht. 

Für lange Seerouten wird derzeit klimafreundlich erzeugtes Methanol für den Schiffsantrieb favorisiert. Die dänische Reederei Maersk hat seit 2024 ein erstes Containerschiff, das damit fahren kann. Und im dänischen Kassø wird seit 2025 klimafreundliches Methanol aus Sonnen- und Windstrom erzeugt.

Für eine klimaneutrale Schifffahrt müssen laut Experten künftig noch viele weitere solcher Anlagen errichtet werden. 

Redaktion: Anke Rasper 

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