1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Elfenbeinküste: Meuterei weitet sich aus

Martina Schwikowski
15. Mai 2017

An der Elfenbeinküste meutern Soldaten - ihr Sold bleibt aus. Sie blockieren Straßen und haben 16 Menschen verwundet, eine Person starb. Die Regierungstruppen haben Stellung bezogen, um den Konflikt zu beenden.

Elfenbeinküste - Unruhen nach Aufständen
Bild: Getty Images/AFP/I. Sanogo

Aufständische Soldaten haben an der Elfenbeinküste die Kontrolle in mehreren Städten übernommen. Proteste gegen die Meuterei endeten am Wochenende in Gewalt. Soldaten prügelten auf Demonstranten ein und gaben Schüsse ab. Dabei sind eine Person getötet und 16 Menschen verletzt worden. Am Montag, dem vierten Tag des Aufstands, bleibt die zweitgrößte Stadt Bouaké von rebellierenden Soldaten besetzt. Sie riegeln die Fernstraßen ab und durchsuchen Autos an Straßensperren. Fahrzeuge dürfen nur nach Geldzahlungen passieren. Viele Menschen sind aus Angst zu Hause geblieben. Auch in der Hauptstadt und Wirtschaftsmetropole Abidjan kommt es Schusswechseln zwischen der Armee und den rebellierenden Soldaten - die Meuterei weitet sich aus.

Kein Sold gezahlt

Bereits in der Nacht zum Freitag hatte der Aufstand in der zweitgrößten Stadt Bouaké begonnen, der sich an einem Konflikt über nicht gezahlten Sold der Regierung an die Soldaten entzündete. Präsident Alassane Ouattara hatte im Januar eine große Militärrevolte mit Hilfe der Ex-Rebellen beendet. Die Armee nahm die Rebellen im Anschluss in ihre Truppen auf. Damals hatte die Regierung die Kämpfe durch Versprechungen schnell niederschlagen können: Jeder Soldat sollte 18.000 Euro als Prämie erhalten. Die erste Zahlung von 7620 Euro war im Januar erfolgt. Der Rest des Geldes sollte im Mai gezahlt werden. Die aufständischen Soldaten behaupten, sie hätten bisher kein Geld erhalten und gingen prompt zur Meuterei über. 

Elfenbeinküste: Regierungsanhänger protestieren gegen die Meuterei der SoldatenBild: Reuters/L. Gnago

Bei dem aktuellen Aufstand hat die Regierung bisher wenig Handlungsbereitschaft gezeigt und auch keine Lösung für den Konflikt angekündigt. Eric Aimé Semian, Präsident der ivorischen Beobachtungsstelle von Menschenrechten (Observatoire ivoirien des droits de l'homme)  gibt sich besorgt: "Wir verstehen nicht, wieso in einer organisierten Republik das Militär rebelliert, ehrlichen Menschen ihre Habe wegnimmt, sie terrorisiert, schießt und die Bevölkerung traumatisiert", sagt Semian in einem Interview mit der DW. "Wir haben das Gefühl, dass die Reaktion der Regierung schwach ist. Warum ist man immer bereit, die Forderungen des Militärs schnell zu erfüllen? Dagegen werden die Forderungen von normalen Beamten wie Lehrern und Ärzten nicht ernst genommen. Diese ungleiche Behandlung bereitet uns Sorgen."

Ex-Rebellen nicht integriert

Statt einer Schlichtung und Eindämmung des Aufstandes droht der ivorische Armeechef mit harten Strafen, falls die Soldaten nicht in ihre Kasernen zurückkehren würden. Die Meuterer gehören zu rund 8400 Ex-Rebellen, die im Bürgerkrieg 2011 die Region um die Stadt Bouaké kontrollierten. Viele von ihnen sorgten dafür, dass sich Alassane Ouattara gegen den ehemaligen Präsidenten Laurent Gbagbo durchgesetzt hat. Sie brachten Ouattara an die Macht. Im Gegenzug integrierte die neue Regierung des westafrikanischen Landes die Kämpfer in das Militär. Doch offenbar lassen sie sich nur schwer eingliedern.

Die Elfenbeinküste hatte sich nach dem Bürgerkrieg als eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaft der Welt entwickelt. Dazu trugen vor allem die Kakao-Exporte bei. Doch ein Preisverfall um ein Drittel hat den weltweit größten Kakao-Exporteur in den vergangenen Jahren mit großen finanziellen Einbußen vor Herausforderungen gestellt. Die Regierung machte mangelnde Mittel für die Nichtbezahlung der Soldaten verantwortlich und hatte eine Verzögerung des Soldes angekündigt.

Armee marschiert auf

Verteidigungsminister Alan-Richard Donwahi erteilte noch am Samstag den unzufriedenen Soldaten eine Absage: "Wir verhandeln nicht", sagte er. "Wer diese Entscheidung nicht akzeptiert, muss gehen." Das Land steht auch noch nach dem erst vor sechs Jahren beendeten Bürgerkrieg am Rande der gewaltsamen Eskalation, die viele jetzt fürchten. Denn Regierungstruppen haben rund um die Hauptstadt Abidjan Stellung bezogen. Die Rebellen hatten angekündigt, zurückschlagen, falls die Truppen angreifen.

Ex-Rebellen in der ivorischen Armee meutern wegen nicht gezahltem Sold. Bild: Getty Images/AFP/I. Sanogo

"Man verneint, dass das Land in der Krise steckt. Mutige politische Maßnahmen sind gefordert. Man sollte an einem Tisch sitzen, verhandeln, um die politische, wirtschaftliche und soziale Lage zu bereinigen", sagt Pascal Affi Nguessan, der frühere Premierminister der Elfenbeinküste in einem DW-Interview. Er ist jetzt Vorsitzender der Front Populaire Ivoirien (FPI), der Partei des früheren Präsidenten Laurent Gbagbo und der derzeit größten Oppositionspartei. "Deswegen haben wir gefordert, eine nationale Einheits- und Übergangsregierung zu bilden, damit das Land auf eine neue Basis gestellt wird, um für Stabilität und Frieden zu sorgen."