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Literatur

Georg-Büchner-Preis 2020 für Elke Erb

31. Oktober 2020

Die deutsche Autorin und Übersetzerin Elke Erb hat den Georg-Büchner-Preis entgegengenommen. Die Auszeichnung gilt als "Ritterschlag" der deutschen Literaturwelt.

Elke Erb
Ausgezeichnet von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung: Autorin Elke ErbBild: picture-alliance/dpa/dpa/G. Zoerner

Der mit 50.000 Euro dotierte Georg-Büchner-Preis wurde am 31. Oktober in Darmstadt verliehen. Mit Elke Erb werde ein "unverwechselbares und eigenständiges schriftstellerisches Lebenswerk geehrt, dessen Anfänge 1975 in der DDR lagen und das sich nach deren Ende unbeirrt bis in die Gegenwart fortsetzt", teilte die Akademie mit. Elke Erbs "poetischer Sachverstand", der sich auch in ihrer reichen übersetzerischen Arbeit zeige, habe mehrere Generationen von Dichterinnen und Dichtern in Ost und West beeinflusst.

Elke Erb im Jahr 1988Bild: picture-alliance/dpa/J. Schmitt

Elke Erbs Gedichte zeichneten sich durch eine prozessuale und erforschende Schreibweise aus, in deren Verlauf die Sprache zugleich Gegenstand und Mittel der Untersuchung sei, heißt es weiter. "Elke Erb gelingt es wie keiner anderen, die Freiheit und Wendigkeit der Gedanken in der Sprache zu verwirklichen, indem sie sie herausfordert, auslockert, präzisiert, ja korrigiert."

Laudator Hendrik Jackson, Schriftsteller und Übersetzer, pries Elke Erb als eine Frau voller Geistesblitze. Ihr Vorgehen sei ein "Zickzack, manchmal auch zurück, dann wieder zackig und triumphal, aber immer, selbst wenn verzwackt, doch mit der Verve präzise gesetzter Verse". 

Elke Erb zog als Kind in die DDR

Die in Berlin lebende Autorin und Übersetzerin Elke Erb wurde am 18. Februar 1938 in Scherbach, einem kleinen Dorf in der Eifel, geboren. 1949 - in ihrem zwölften Lebensjahr - übersiedelte sie mit der Familie nach Halle in die DDR. Nach dem Studium der Germanistik, Slawistik und Pädagogik arbeitete sie als Lektorin beim Mitteldeutschen Verlag. Seit 1966 ist sie freiberuflich als Schriftstellerin und Übersetzerin vorwiegend aus dem Russischen tätig.

Erbs Werk versammelt Lyrik, Kurzprosa, prozessuale Texte, Übersetzungen, Nachdichtungen und Herausgaben. Sie wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter dem Peter-Huchel-Preis (1988), dem Ernst-Jandl-Preis (2013), dem Mörike-Preis der Stadt Fellbach (2018) und dem Bundesverdienstkreuz 2019.

Große Nähe zur DDR-Friedensbewegung

Elke Erbs erste Buchveröffentlichungen waren "Gutachten, Poesie und Prosa" (1975) und "Der Faden der Geduld" (1978). Auswahlbände von ihr erschienen parallel im Westen. Anfang der 1980er Jahre nahm sie Kontakt zur Friedensbewegung in der DDR auf. Ihre Nähe zur unabhängigen Friedensbewegung, die Mitarbeit an einer inoffiziellen Lyrik-Anthologie und ihr Protest gegen die Ausbürgerung des Bürgerrechtlers Roland Jahn führten zur Überwachung durch die Staatssicherheit. 

Gemeinsam mit Sascha Anderson gab sie 1985 die aufsehenerregende Anthologie neuerer Literatur in der DDR "Berührung ist nur eine Randerscheinung" heraus, die jedoch nur in der Bundesrepublik erscheinen konnte. 1987 veröffentlichte Erb den von der Kritik als epochal bezeichneten Band "Kastanienallee. Texte und Kommentare", wofür sie den mit 15.000 Deutsche Mark dotierten Peter-Huchel-Preis erhielt.

Elke Erb: "Die Menschheit geht mit mir ein Risiko ein"

Nach der Wende veröffentlichte Elke Erb 1991 den Prosatext "Winkelzüge oder Nicht vermutete, aufschlussreiche Verhältnisse", 1995 politische, autobiographische und poetologische Reflexionen in dem Band "Der wilde Forst, der tiefe Wald. Auskünfte in Prosa" sowie zahlreiche Gedichtbände. Dazu zählten etwa "Sonanz. 5-Minuten-Notate" (2008), "Das Hündle kam weiter auf drein" (2013) oder im letzten Jahr, 2019, "Gedichtverdacht", ein Band mit Gedichten, Notaten, Selbstkommentaren, bei ihrem langjährigen Verleger Urs Engeler.

Elke Erb lebt heute in Berlin und in der sächsischen Oberlausitz. Sie ist Mitglied der Akademien der Künste in Berlin und Sachsen. "Ich bin außerhalb der Form. Und das ist eine Chance und ein Risiko. Die Menschheit geht mit mir ein Risiko ein, ich diene als Risiko", sagte Elke Erb 1978 in einem Gespräch mit Christa Wolf.

Der letztjährige Preisträger Lukas BärfussBild: picture-alliance/dpa/telam/P. Ribas

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung vergibt seit 1951 den Georg-Büchner-Preis an deutsch schreibende Schriftsteller. Die Preisträger müssen "durch ihre Arbeiten und Werke in besonderem Maße hervortreten" und "an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben". Im vergangenen Jahr wurde der Schweizer Schriftsteller Lukas Bärfuss ausgezeichnet. Der Essayist nannte die Auszeichnung einen "Engelskuss".

Georg-Büchner-Preis: Viele namhafte Preisträger

Zur Liste der Preisträger zählen Max Frisch (1958), Günter Grass  (1965) und Heinrich Böll (1967), zuletzt auch Rainald Goetz, Marcel Beyer, Jan Wagner und Terézia Mora. Die jährlich vergebene Literaturauszeichnung gilt als die renommierteste im deutschsprachigen Raum. Die Vereinigung von Schriftstellern und Gelehrten mit Sitz in Darmstadt, die 1949 am 200. Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe gegründet wurde, hat derzeit rund 190 Mitglieder, die auf Lebenszeit gewählt werden.

Revolutionär und Dramatiker: Georg BüchnerBild: picture alliance/dpa

Der Namensgeber des Preises, Georg Büchner (1813-1837), war ein deutscher Revolutionär und Dramatiker - und einer der wegweisenden Autoren des 19. Jahrhunderts. Er starb früh an Typhus. Finanziert wird der Georg-Büchner-Preis - neben dem Joseph-Breitbach-Preis der höchstdotierte jährliche Literaturpreis für deutschsprachige Autoren - von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst sowie der Stadt Darmstadt.

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