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Elon Musk in Deutschland: Warten auf den Tweet

4. September 2020

Drei Tage reiste Multi-Unternehmer Elon Musk durch Deutschland und besuchte dabei nicht nur seine Tesla-Fabrik. Für Gerüchte sorgte vor allem sein Besuch in Tübingen.

Deutschland Grünheide Elon Musk
Bild: Getty Images/M. Hitij

Fans von Elon Musk wurden langsam nervös. Der Tesla-Gründer ist als obsessiver Twitter-Nutzer bekannt. Doch nach fast drei Tagen in Deutschland, in denen ihm wie einem Pop-Star entgegengefiebert wurde, hatte er noch immer nichts getwittert. Was war da los?

Erst als die Reise offiziell beendet war, kam doch noch ein Tweet. "Great trip to Germany", schrieb Musk und bedankte sich für die Unterstützung durch Politik und Menschen, gefolgt von ein paar Worten auf Deutsch und einem Foto, das ihn in Zimmermannstracht auf der Baustelle der Tesla-Fabrik bei Berlin zeigt.

Den Grund für seinen Deutschland-Besuch hatte Musk bereits am Wochenende mitgeteilt, ebenfalls via Twitter: Natürlich ein Besuch des "Gigafactory" genannten Neubaus und außerdem ein "Nebenprojekt" des Maschinenbauers Grohmann, den Tesla 2017 übernommen hatte.

 

Tesla Grohmann Automation, wie das Unternehmen in der Eifel inzwischen heißt, arbeitet mit der Tübinger Biotech-Firma Curevac an einem Projekt, das bei der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs eine große Rolle spielen könnte.

Das Ziel: Serienreife für mobile Arzneiproduktion

Curevac gilt als Hoffnungsträger bei der Impfstoffentwicklung. Angeblich wollte schon die US-Regierung bei Curevac einsteigen, was wiederum die deutsche Regierung dazu brachte, sich über die bundeseigene KfW-Bank zu beteiligen.

Curevac ist spezialisiert auf die Entwicklung von Arzneimitteln auf der Grundlage des Botenmoleküls mRNA (messenger Ribonukleinsäure). Die können in der Krebstherapie, aber auch in der Entwicklung von Impfstoffen eingesetzt werden.

Die Zusammenarbeit von Curevac und Grohmann geht auf das Jahr 2015 zurück, zwei Jahre vor dem Einstieg Teslas. Das Ziel: Die Entwicklung eines RNA-Druckers, der wie eine Mini-Fabrik funktioniert und solche Arzneimittel vollautomatisch produzieren kann.

Dienstag: Besuch in Tübingen

Inzwischen gibt es einen Prototypen, und der war auch der Grund, warum Elon Musk seine Deutschlandreise am Dienstag mit einem Besuch in Tübingen begann.

"Es ging darum, wie wir den RNA-Printer gemeinsam mit Tesla Grohmann zur Serienreife bringen", sagte Curevac-Sprecher Thorsten Schüller der DW.

Die Anlage habe in etwa die Größe eines Kleinwagens und sei daher mobil. "Die Idee dahinter ist, dass man damit flexibel und vor Ort, also etwa in Regionen, wo ein Infektionsausbruch ist, Arzneimittel auf Basis von RNA produzieren kann."

Im kommenden Jahr seien Tests unter realen Bedingungen geplant, sagt Schüller. Wann die Serienreife erreicht werde, sei aber noch offen.

Übernahmegerüchte und Dementi

Medizin schnell und günstig genau dort produzieren zu können, wo sie auch gebraucht wird - das hat ein gewaltiges Potenzial. Kein Wunder also, dass sofort spekuliert wurde, ob Elon Musks sich finanziell an Curevac beteiligen wolle.

Curevacs Haupteigentümer Dietmar Hopp, der sich nicht mit Musk getroffen hatte, wehrte ab. Solche Überlegungen seien "reine Fantasie", Curevac "ist und bleibt" eine deutsche Firma, sagte er der Zeitung Merkur.

Dem Milliardär Hopp, der Mitgründer der Softwarefirma SAP ist, gehören 49,5 Prozent an Curevac. Der deutsche Staat ist über die KfW-Bank mit 17 Prozent beteiligt, weitere 8,5 Prozent hält der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline. Mitte August hatte Curevac an der New York Nasdaq einen erfolgreichen Börsengang hingelegt.

Curevac-Sprecher Schüller sagte, ein Einstieg Musks sei beim Besuch kein Thema gewesen. Tesla Grohmann und der Mutterkonzern ließen Anfragen der DW unbeantwortet.

Empfangen wie ein Pop-Star: Elon Musk in TübingenBild: picture-alliance/Pressebildagentur Ulmer/M. Liss

Mittwoch: Treffen mit Ministern in Berlin

Am Mittwoch schwärmte Elon Musk auch in Berlin von der "revolutionären Technologie" der mobilen Arzneimittelproduktion, unter anderem bei einem Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU).

Außerdem sprachen die beiden natürlich über das Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide. Hier, rund 40 Kilometer östlich von Berlin, baut Tesla seit Anfang des Jahres eine Fabrik, in der einmal bis zu 12.000 Menschen pro Jahr bis zu 500.000 Tesla-Fahrzeuge produzieren sollen.

Ob der Elektroauto-Pionier mit dem Wirtschaftsminister auch über eine mögliche staatliche Förderung für das Werk gesprochen hat, ist nicht belegt. Der Bund will die Batterie-Industrie im Land mit rund drei Milliarden Euro fördern, ein Großteil des Geldes ist noch nicht verplant. Zuletzt hieß es allerdings, dass in Grünheide keine Batterien hergestellt werden sollen.

Die Fabrik soll im Sommer eröffnen, an diesem Ziel hält Musk trotz Corona-Krise fest, teilte die Staatskanzlei Brandenburg nach einem Treffen des Unternehmers mit Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) mit. "Vor uns steht noch viel Arbeit", sagte Woidke. Die geplante Autofabrik habe aber bereits jetzt eine "Sogwirkung". Der parteilose Bürgermeister von Grünheide vergleicht die Fabrik sogar mit einem Lottogewinn.

Im weißen Tesla (links) ließ sich Musk über die Baustelle der Fabrik in Grünheide kutschierenBild: Getty Images/AFP/O. Andersen

Weil noch nicht alle umweltrechtlichen Genehmigungen vorliegen, baut Tesla mit vorläufigen Genehmigungen auf eigenes Risiko. Auch deswegen gibt es immer wieder Proteste gegen die Bauarbeiten. Viele befürchten negative Folgen für die Umwelt. "Keine Industrie im Wasserschutzgebiet" und "Raubbau an Natur und Grundwasser sofort stoppen!" war am Mittwoch auf Transparenten der Bürgerinitiative zu lesen.

Donnerstag: Besuch auf der Tesla-Baustelle

Am Donnerstag um Mitternacht endete die Frist für Einwände der Bürger. Am 23. September sollen die Argumente dann in der Stadthalle erörtert werden.

Bei seinem Besuch der Baustelle am Donnerstag lobte Musk das rasante Tempo der Arbeiten. "Sie sehen, wie schnell der Fortschritt ist", sagte er. Möglich sei das durch den Einsatz von Fertigbau in hoher Qualität. Tesla wolle hier "einen großartigen Platz zum Arbeiten schaffen" und "coole Autos bauen".

Kritische Fragen zum hohen Wasserverbrauch der Fabrik wiegelte Musk ab: "Diese Bäume würden nicht wachsen, wenn es kein Wasser gäbe", sagte er. Im Vergleich zu Kalifornien sei Brandenburg schließlich keine trockene Gegend.

Endlich ein Tweet

Am Donnerstagnachmittag fand Musk zwar endlich Zeit zu Twittern, allerdings nicht zu seinem Besuch in Grünheide. Stattdessen leitete er seinen fast 40 Millionen Followern Botschaften seiner Raketenfirma SpaceX weiter, ganz ohne Deutschland-Bezug. Erst kurz nach Mitternacht kamen dann die oben erwähnten erlösenden Tweets.

Noch zurückhaltender war Wirtschaftsminister Altmaier, für deutsche Politiker-Verhältnisse ein Viel-Tweeter. Weder er noch sein Ministerium erwähnten das Treffen mit Musk auf der Social-Media-Plattform. Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU), die auf Twitter aber ohnehin kaum aktiv ist, schwieg nach ihrem Treffen mit Musk ebenfalls.

Nur Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nutzte die Chance, von Musks Glamour zu profitieren und mitzuteilen, dass er mit dem Unternehmer die ganz großen Themen diskutiert hatte.

 

Aufruhr: Tesla und die Gigafabrik in Brandenburg

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Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.
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