EM 2024: Deutsches Team auf Klassenfahrt bis nach Berlin?
4. Juli 2024Joshua Kimmich und David Raum lieben die Natur und haben ein Faible für Photosynthese. Das ist offensichtlich, wenn man die Social-Media-Kanäle des DFB verfolgt. Mit großem Einsatz zeigen dort die beiden Nationalspieler, was sie im Botanik-Unterricht gelernt haben. Mit Spaten, Blumenerde und einem großen Eimer Wasser machen sich die Profis im DFB-Basecamp in Herzogenaurach auf den Weg, um zwei Bäumen ein neues zu Hause zu schenken.
Es wird gebuddelt, gepflanzt und gewässert und nach wenigen Minuten ist das Thema erledigt. "Wir geben den Leuten die Chance auch einmal ins Camp reinzuschauen, wie wir privat sind", erklärt Raum auf der Pressekonferenz im Medienzentrum. "Es ist eine lustige Art die Leute teilhaben zu lassen an dem täglichen Spaß, den wir haben."
In den Kommentaren sei immer wieder zu lesen, dass es wie eine Klassenfahrt wirke, so der Abwehrspieler. "Wir haben eine coole Zeit und wenn wir dann noch die Spiele gewinnen, sorgt das dafür, dass wir noch mehr Spaß haben." Szenen wie diese sind ein Beleg für die gute Atmosphäre in der Nationalmannschaft.
Deutsches Team übersteht "schwierige Situationen"
Die bisherigen Leistungen bei der Heim-EM haben für den erstmaligen Einzug in ein Viertelfinale seit der Europameisterschaft 2016 geführt. Und momentan schafft es das DFB-Team eine Mischung aus Lockerheit und Anspannung auf und neben den Platz zu bringen. Für Toni Kroos sind dafür einige spezielle Momente verantwortlich, die das Team von Bundestrainer Julian Nagelsmann in den vergangenen Monaten erlebt hat.
"Wir hatten schwierige Situationen", erklärt der Mittelfeldmann. Der Sieg gegen die Niederlande im März hat uns viel gegeben. So etwas hilft, über schwierige Phasen hinwegzukommen, ruhig zu bleiben, an dich zu glauben." Auch der späte Ausgleich gegen die Schweiz habe positive Auswirkungen auf das Selbstverständnis des Teams gehabt. "Man sieht, dass wir aus Schwierigkeiten herauskommen und unsere Erfolge erzielen. Das ist wichtig für eine Mannschaft. Das ist wichtig für Spiele, die hoffentlich noch kommen werden. Da sehen wir uns vorbereitet."
Spaniens Lamine Yamal an der "kurzen Leine halten"
Im Viertelfinale der Europameisterschaft wartet nun der schwerste Gegner auf die DFB-Elf. Spanien ist das derzeit beste Team im Turnier und hat als einzige Mannschaft alle vier bisherigen Spiele gewinnen können. "Spanien versucht immer hoch zu pressen und aus dem Spiel heraus hohe Ballgewinne zu erzwingen. Das ist eine Qualität, die sie hinzugewonnen haben, nicht mehr nur Tiki-Taka", erklärt Bundestrainer Nagelsmann. "Gegen Spanien kann man Weiterkommen, aber auch ausscheiden. Das ist oft ein Spiel auf Augenhöhe. Nach dem Spiel werde ich bewerten. Wir werden alles daran setzen, weiterzukommen."
Vor allem die von der Presse als "Wunderkinder" betitelten jungen Spieler Lamine Yamal und Nico Williams könnten die deutsche Abwehr vor größere Probleme stellen. "Es sind zwei Top-Spieler, aber nicht nur die beiden", sagt Raum. "Die gesamte spanische Mannschaft ist brutal besetzt."
Besonders der erst 16 Jahre alte Yamal, der beim FC Barcelona in der spanischen Liga spielt, beeindruckt die Nationalelf. "Es ist beeindruckend, mit welcher Konstanz er in Barcelona spielt. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass er der beste Mann bei Barcelona ist", lobt Kroos. "Wir wissen, dass wir sie im Verbund verteidigen müssen. Wir werden versuchen, ihn so kurz wie möglich an der Leine zu halten." Nagelsmann sieht in Yamals jungem Alter einen Vorteil für sein Team: "Er hat noch nicht allzu viel Erfahrung auf dem Niveau, wenn Dinge mal nicht funktionieren oder wenn ein Gegenspieler auch mal etwas härter zur Sache geht."
Toni Kroos will Europameister werden
Für Kroos könnte das Spiel gegen Spanien das letzte seiner Laufbahn sein. Der 34-Järhige wird nach der EM seine aktive Karriere beenden und in den Fußball-Ruhestand gehen. Bei Real Madrid hat Kroos das perfekte Ende gefunden und sich mit dem Gewinn seines sechsten Champions-League-Titels verabschiedet. Bei der DFB-Elf würde er nur zu gerne ähnlich erfolgreich abtreten. "Auf Nationalmannschaftsebene ist es der zweitwichtigste Titel, den man gewinnen kann", sagt er.
"Wenn ich die Chance nicht gesehen hätte, das mit der Mannschaft zu schaffen, hätte ich es nicht gemacht. Man kann einen Titel aber nicht einplanen. Mit Real Madrid hat das gut geklappt. Hier versuche ich es auch, ohne dass ich am Boden zerstört wäre, wenn es nicht klappt. Das Ziel bei meiner Rückkehr war schon, Europameister zu werden."
Kimmich: "Der Heimvorteil wird da sein"
Geht es nach Kroos und seinen Teamkollegen könnte die "Klassenfahrt" quer durch Deutschland noch ein paar Tage weitergehen und sie am Ende bis nach Berlin ins Finale bringen. Unabhängig vom weiteren Verlauf des Turnieres hat die Nationalmannschaft aber schon eines geschafft: Die Euphorie rund um die DFB-Elf ist nach vielen enttäuschenden Jahren zurück und kann ein mitentscheidender Faktor gegen Spanien sein. "Der Heimvorteil wird da sein, wir hoffen auf eine Unterstützung wie in Dortmund", sagt Kimmich. "Am Ende sind wir auf dem Platz dafür verantwortlich, die Fans mitzunehmen. Der Kopf wird sicherlich auch entscheidend sein."