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EM 2024: England folgt Spanien ins Finale der Fußball-EM

10. Juli 2024

Im zweiten Halbfinale der EURO 2024 setzen sich die "Three Lions" gegen die Niederlande durch. Englands viel kritisierter Trainer Gareth Southgate wechselt den Matchwinner ein und will nun Geschichte schreiben.

Englands Trainer Gareth Southgate jubelt über den Sieg
Englands Trainer Gareth Southgate stand schwer in der Kritik und steht mit seinem Team nun doch im EndspielBild: Friso Gentsch/dpa/picture alliance

Was ist nicht alles an Kritik auf ihn eingeprasselt während dieser Fußball-Europameisterschaft: zu vorsichtig sei seine Taktik, zu unansehnlich die Spielweise, die Stärken seiner besten Akteure kämen so nicht entscheidend zur Geltung. Für viele Fans stand früh fest: Nationaltrainer Gareth Southgate ist verantwortlich, wenn es für Englands Nationalteam (mal wieder) schiefgeht bei einem großen Turnier.

Tatsächlich haben sich die Engländer bei der EURO 2024 in Deutschland auf dem Weg ins Halbfinale eher durchgemogelt und dabei selten überzeugt. Einem knappen 1:0-Erfolg zum Auftakt gegen Serbien folgten zwei langweilige Unentschieden gegen Dänemark (1:1) und Slowenien (0:0). Im Achtelfinale gegen Außenseiter Slowakei war man dann schon so gut wie ausgeschieden, bevor Jude Bellingham kurz vor Ende der 90 Minuten und Harry Kane kurz nach Anpfiff der Verlängerung doch noch trafen und das Spiel drehten.

Natürlich wolle er mit seiner Mannschaft "immer so gut spielen wie möglich", erklärte Southgate anschließend zur Kritik an der wenig mitreißenden Spielweise seines Teams. "Wir haben aber bisher gegen Gegner gespielt, die es uns sehr schwer gemacht haben, die es aber auch ihren anderen Gegnern schwer gemacht haben", sagte er und prophezeite: "In den letzten Spielen haben wir bewiesen, dass wir allmählich ins Rollen kommen. Wir wissen, zu was wir fähig sind."

Southgate und das Elfmeterschießen

Im Viertelfinale zeigte sich dann erstmals, dass Southgate als Trainer doch nicht so falsch sein kann: Im Elfmeterschießen setzten sich die "Three Lions" gegen die Schweiz durch - ausgerechnet in der Disziplin, in der England früher traditionell schlecht abschnitt und die auch Southgate selbst schon zum Verhängnis wurde. 1996 verschoss er im EM-Halbfinale gegen Deutschland seinen Versuch im Elfmeterschießen, und England schied beim Heimturnier aus.

Sein folgenreicher Fehlschuss gegen Deutschland beschäftigt Gareth Southgate (l.) bis heuteBild: augenklick/firo Sportphoto/picture alliance

Daher lässt Southgate in seiner heutigen Funktion als Trainer das Elfmeterschießen immer wieder üben und setzte gegen die Schweiz gezielt nur Spieler ein, die regelmäßig vom Punkt erfolgreich sind. Auch Torwart Jordan Pickford wurde speziell vorbereitet und hatte das bevorzugte Schussverhalten der gegnerischen Spieler als Spickzettel auf seine Trinkflasche gedruckt. England verwandelte alle fünf Strafstöße, Pickford hielt einen - man war, auch dank Southgate, im Halbfinale.

Southgate wechselt den Matchwinner ein

Und auch hier hatte der Trainer großen Anteil am Erfolg. In der 80. Spielminute, als es beim Stand von 1:1 nicht so aussah, als würde vor der Verlängerung noch etwas passieren, wechselte Southgate zwei seiner vermeintlich besten Spieler aus: Phil Foden und Torjäger Kane machten Ollie Watkins und Cole Palmer Platz. Zehn Minuten später sorgten die beiden Neuen für den Siegtreffer. Pass Palmer, Schuss Watkins ins Tor aus spitzem Winkel.

"Ich schwöre beim Leben meiner Kinder: Ich habe zu Cole Palmer gesagt: Wir kommen rein, ich schieße das Tor und du spielst den Pass", sagte Watkins nach dem Spiel. "Das ist ein unglaubliches Gefühl." 

Zu schnell für die niederländische Defensive: "Joker" Ollie Watkins schießt das 2:1 für EnglandBild: Martin Meissner/AP/dpa/picture alliance

Wie sehr auch Southgate unter der anhaltenden Kritik an seiner Person gelitten haben muss, zeigte sich nach dem Abpfiff des Halbfinals in Dortmund: Der 53-Jährige führte vor der Bank einen regelrechten Jubeltanz auf. Später stand er auf dem Rasen vor den euphorischen Fans auf der Tribüne, ballte immer wieder beide Fäuste und ließ seiner Freude freien Lauf.

Geschichte schreiben mit der Hilfe des Königs

"Jetzt ist die Chance, Geschichte zu schreiben", hatte Southgate bereits vor der Partie gesagt. Tatsächlich ist der Finaleinzug historisch. Englands Nationalteam steht zum ersten Mal in einem Endspiel, das nicht in der Heimat stattfindet. 1966 gewann man im Londoner Wembley-Stadion das WM-Endspiel gegen Deutschland und holte den bislang einzigen Titel. 2021 verloren die Engländer an gleicher Stelle das EM-Finale gegen Italien.

Nun wartet Endspielgegner Spanien im Berliner Olympiastadion. Nur zu gerne würde Gareth Southgate seine Kritiker - die mittlerweile eher leise geworden sind - endgültig verstummen lassen, England den zweiten Titel schenken und ganz nebenbei auch sein persönliches Trauma von 1996 heilen. "Wir spielen gegen die beste Mannschaft des Turniers und haben einen Tag weniger Zeit, um uns vorzubereiten - das ist eine große Aufgabe. Aber wir sind immer noch hier, und wir kämpfen", sagte Southgate.

Beste Wünsche, Unterstützung und sogar einen guten Rat gab es dazu bereits kurz nach Spielende von ganz oben. König Charles III. schrieb Southgate und der Mannschaft: "Wenn ich Sie ermutigen darf, den Sieg zu erringen, bevor ein Wundertor in letzter Minute oder ein weiteres Elfmeterdrama nötig wird, bin ich mir sicher, dass die Belastungen für den kollektiven Puls und Blutdruck der Nation erheblich gemildert würden."

Gareth Southgate wird es sich sicherlich zu Herzen nehmen und versuchen, dem Monarchen seinen Wunsch zu erfüllen. Aber auch wenn es anders kommt - er ist auf jeden Fall vorbereitet.

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Niederlande - England 1:2 (1:1)

Tore: 1:0 Simons (7.), 1:1 Kane (18., Foulelfmeter nach Videobeweis), 1:2 Watkins (90.)

Zuschauer in Dortmund: 62.000 (ausverkauft) 

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