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Politik

Die Macht von Macron

Wolfgang Dick
4. Juli 2017

Wie viel Macht hat Emmanuel Macron, um seine Politik zu verwirklichen? Es soll ja vieles anders werden in Frankreich. Das hat der Präsident in seiner Rede zur Lage der "Grande Nation" jedenfalls angekündigt.

Paris Elysee Palast Parade Emmanuel Macron
Bild: picture-alliance/abaca/H. Szwarc

Um die Machtfülle des von einigen Politikwissenschaftlern als "republikanischen Monarchen" oder "Ersatzkönig" betitelten französischen Präsidenten zu ermessen, sei nur ein kleiner Blick auf das deutsche Staatsoberhaupt geworfen. Der Bundespräsident wird nicht vom Volk gewählt, sondern von einer parteiendominierten Bundesversammlung. Der deutsche Präsident soll Deutschland möglichst würdevoll repräsentieren. Im In- und Ausland. Er darf zwar reden, aber keinen politischen Einfluss nehmen und soll sich dementsprechend aus dem politischen Alltag heraushalten. Böse Zungen sprechen von einem "Grüß-August".

In Paris dagegen beginnt die Macht des Präsidenten bereits bei seinen Auftritten im Elysée-Palast gegenüber der Öffentlichkeit. Ihm voraus eilt ein livrierter Diener mit Gla­cé­hand­schuhen und kündigt den "Monsieur le Président de la République" an und alle Anwesenden erheben sich. Alle. 

Soweit die Äußerlichkeit. Die tatsächliche Macht des französischen Präsidenten ist im Detail erstaunlich und übertrifft die Befugnisse aller anderen europäischen Staatschefs. Im Einzelnen:

Außen- und Sicherheitspolitik

Der Präsident in Frankreich bestimmt die Außenpolitik und ist oberster Befehlshaber der Streitkräfte. Er kann allein über den Einsatz von Atomwaffen entscheiden.

In Deutschland dürfen in Friedenszeiten nur der Verteidigungsminister und das Parlament über den Einsatz von Waffen und Soldaten bestimmen. Im Krisenfall die Bundeskanzlerin.

Für Frankreich leitet der Staatspräsident persönlich die französischen Delegationen bei allen wichtigen europäischen und internationalen Treffen. Die französischen Botschafter im Ausland werden vom Staatspräsidenten akkreditiert.

Personalentscheidungen 

Der französische Staatspräsident ernennt (und entlässt!) den Regierungschef und seine Minister. Monsieur le Président leitet die Sitzungen des Kabinetts und darf sogar dessen Tagesordnung festlegen. Zudem darf er auch das Parlament auflösen und Neuwahlen herbeiführen.

Der Schreibtisch des Staatspräsidenten im Elysée-Palast Bild: Getty Images/AFP/K. Tribouillard

Justiz-Mitbestimmung 

Was in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern aufgrund der strikten Gewaltenteilung undenkbar wäre, ist in Frankreich möglich. Hier darf der Staatspräsident sogar Mitglieder des Verfassungsrates (Conseil constitutionnel) ernennen - bis hin zu dessen Präsidenten. Damit bestimmt er das politische Gericht, das darüber entscheidet, wie die Verfassung ausgelegt wird.

Innenpolitik  

Der französische Staatspräsident kann Gesetzesentwürfe zurückweisen und eine zweite Verhandlung über Gesetzesvorhaben verlangen. Diese Forderung darf ihm nach Artikel 10 der Verfassung nicht einmal verweigert werden. 

Der Präsident darf sich auch sonst jederzeit mit "Botschaften" an das Parlament wenden und so die Politik mit beeinflussen.

Im Krisenfall, wenn die ordentliche Funktion des Staates nicht mehr gewährleistet erscheint, erlaubt die französische Verfassung im Artikel 16, dass der Präsident die legislative und die exekutive Gewalt ausüben darf. Für den Notstand ist nicht einmal eine Maximaldauer festgelegt. Der Gründer der aktuellen fünften Republik, Charles de Gaulle, hat die Notstandsregelungen nach dem Putsch der Generäle in Algerien 1961 angewendet. 

Machtbegrenzung

Weil der französische Präsident nicht von Parteien, sondern vom Volk in einer Direktwahl bestimmt wird, braucht er eigentlich nicht einmal auf seine eigene Partei Rücksicht zu nehmen. Ein paar Mal kam es jedoch vor, dass der Premierminister als zweiter Mann im Staate den Staatspräsidenten zwang, kompromissbereit zu sein. Der Grund: Der Premier stammte vom gegnerischen politischen Lager und der Staatspräsident hatte nicht die politische Parlamentsmehrheit hinter sich. Staatsrechtler nennen das "Kohabitation". Im Klartext: eine politische Zwangsehe.

Bollwerk der Macht: der Elysée-Palast in Paris, Amtssitz des StaatspräsidentenBild: DW/D. Pundy

Über die Machtfülle des Präsidenten wurde in letzter Zeit viel diskutiert und auch scharfe Kritik daran geübt. Diese Kritik war vor allem von der bangen Frage getragen, was im Falle eines Wahlsieges wohl Marine le Pen mit diesem Amt hätte unternehmen können. 2008 gab es eine Verfassungsreform, bei der die Rolle des Verfassungsrates aufgewertet wurde. Im Jahr 2002 wurde die Amtszeit des französischen Präsidenten von sieben auf jetzt nur noch fünf Jahre verkürzt. Ironischerweise ausgerechnet auf Betreiben des konservativen Jacques Chirac (Präsident von 1995-2007). Dafür genießt der französische Präsident juristisch sogenannte "Immunität", solange er im Amt ist. Eine Entmachtung ist nur bei "schweren Verfehlungen" möglich, wenn im Parlament zwei Drittel der Abgeordneten dafür stimmen.

Ursprung der Macht

Es war Charles de Gaulle, der 1958 sein Verständnis einer Verfassung durchsetzte. Eine große Rolle spielte laut Historikern der Algerienkrieg.  

Geld und Luxus 

Leben wie Gott in Frankreich kann der französische Staatspräsident. Er ist niemandem Rechenschaft schuldig, wie er neben seinem Einkommen von rund 240.000 Euro im Jahr mit den Zusatzleistungen umgeht.

Dazu gehört das Wohnen im Palast oder in Feriendomizilen. Dazu zählen aber auch sämtliche Mahlzeiten. Und ein sehr gut gefüllter Weinkeller im Elysée-Palast. Rund 15.000 Flaschen edelster Tropfen sind dort zu finden. Aber nur französische Erzeugnisse. Macron-Vorgänger Hollande bekam immerhin Lob vom staatlichen Rechnungshof, weil er viele Millionen Euro beim Wein und der Bewirtung seiner Staatsgäste eingespart hatte. Allerdings von einem Gesamtetat, der doppelt so hoch sein soll wie das Budget der Königin von England. 

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