Empörung über Berlusconi-Äußerung
27. April 2014Es war Entgleisung Nummer zwei, die Silvio Berlusconi gegen den deutschen EU-Parlamentspräsidenten und Spitzenkandidaten der Sozialdemokratischen Partei Europas, Martin Schulz, abschoss. Bereits im Jahr 2003 hatte Berlusconi mit der Aussage Aufsehen erregt, der EU-Parlamentarier Schulz sei die ideale Besetzung für die Rolle eines KZ-Aufsehers. Auf einer Wahlkampfveranstaltung seiner konservativen Partei Forza Italia (FI) zur Europawahl sagte Italiens Ex-Ministerpräsident jetzt, er habe damals unfreiwillig Werbung für Schulz gemacht.
"Ich wollte ihn nicht beleidigen, aber, um Gottes Willen, für die Deutschen haben die Konzentrationslager nie existiert", zitierte die Nachrichtenagentur Ansa den erneuten Ausfall Berlusconis.
"Beleidigung des gesamten deutschen Volks"
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner forderte die Spitzen der konservativen Europäischen Volkspartei EVP auf, die Äußerungen Berlusconis zurückzuweisen. "Die EVP muss dieser untragbaren Entgleisung gegenüber allen deutschen Bürgerinnen und Bürgern mit aller Entschiedenheit begegnen. Wer solche Äußerungen in der eigenen Parteienfamilie schweigend mitträgt, gefährdet den Zusammenhalt der Demokraten", sagte Stegner und richtete seinen Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Jean-Claude Juncker, dem EVP-Spitzenkandidaten für die bevorstehende Wahl zu Europaparlament.
Bereits zuvor hatte der Vorsitzende der Partei der Europäischen Sozialisten (SPE), Sergei Stanischew, Berlusconis Äußerungen scharf kritisiert und eine "Beleidigung des gesamten deutschen Volks" genannt.
Sozialarbeit im Altenheim
Berlusconis Partei FI steckt Umfragen zufolge in einer tiefen Krise. Er selbst war im August vergangenen Jahres schuldig gesprochen worden, Drahtzieher eines komplexen Steuerbetrugssystems rund um seinen TV-Konzern Mediaset gewesen zu sein und zu vier Jahren Haft verurteilt worden.
Berlusconi wurde mit einem Verbot öffentlicher Ämter für zwei Jahre belegt und darf daher nicht für seine Mitte-Rechts-Partei FI für die Europawahl kandidieren, wohl aber Wahlkampf machen. Der italienische Ex-Ministerpräsident sieht sich dabei als Leitfigur seiner Partei. Ins Gefängnis muss er wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht. Der 77-Jährige muss zur Verbüßung seiner einjährigen Strafe Sozialarbeit in einem Altenheim leisten.
cw/wl (dpa, rtr, afp)