1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ende einer Beziehung: Eisscholle zerbrochen

31. Juli 2020

Damit ist der Zenit der Arktis-Mission des Forschungsschiffs "Polarstern" überschritten: Festgefroren an der Scholle trieb es über Monate durch das Nordpolarmeer. Mildere Temperaturen machten dem nun ein Ende.

Auf diesem Foto von Ende Juni ist das Ausmaß der Eisscholle, an der die "Polarstern" festgefroren ist, gut zu erkennen (Foto: picture-alliance/dpa/Alfred Wegener Institut/M. Rex)
Auf diesem Foto von Ende Juni ist das Ausmaß der Eisscholle, an der die "Polarstern" festgefroren ist, gut zu erkennenBild: picture-alliance/dpa/Alfred Wegener Institut/M. Rex

Expedition im arktischen Eis

05:14

This browser does not support the video element.

Nach etwa zehnmonatiger gemeinsamer Drift durch arktische Gewässer ist die Eisscholle des Forschungseisbrechers "Polarstern" zerbrochen. Sie habe sich am Donnerstag "unter lautem Knallen" in viele kleinere Einzelteile aufgelöst, teilte das Bremerhavener Alfred-Wegener-Institut (AWI) mit. Die "Polarstern" hatte sich Anfang Oktober vorigen Jahres im Rahmen der großangelegten Mosaic-Forschungsmission an der etwa 8,6 Quadratkilometer großen Eisscholle festfrieren lassen.

1700 Kilometer lange Reise

Die Wissenschaftler des deutschen Schiffs hatten eine Forschungsstation auf der Eisscholle errichtet, um diese bei ihrer 1700 Kilometer langen Reise durch das Nordpolarmeer genau zu beobachten und zahlreiche weitere Erkenntnisse über Klima- und Umweltprozesse in der Arktis zu gewinnen. Das Ende der Scholle war laut AWI erwartet worden. Vor dem Zerbrechen habe die "Polarstern"-Crew das Forschungscamp "geordnet" wieder abgebaut.

Bild: Alfred Wegener Institut/Lianna Nixon
Vor dem endgültigen Ende der Eisscholle: Mitarbeiter packen die Bestandteile des Forschungscamps zusammen Bild: Alfred Wegener Institut/Lisa Grosfeld

Die Bruchstücke der Scholle befinden sich den weiteren Angaben des AWI zufolge nur noch fünf Kilometer von der Eiskante in der Framstraße zwischen Grönland und Spitzbergen entfernt. In den kommenden Tagen werden sie diese erreichen, in den offenen Nordatlantik hinaustreiben und dort schmelzen. In der Arktis erreicht die jährliche sommerliche Eisschmelze demnächst ihren Höhepunkt, bevor die Temperaturen wieder zu sinken beginnen.

"Nun tritt sie ihren letzten Weg an"

Das Ende "ihrer" Eisscholle kommentierten die Wissenschaftler der "Mosaic"-Expedition mit fast sentimentalen Worten. "In den vielen Monaten ist die Scholle für uns ein Zuhause geworden, das wir immer in Erinnerung behalten werden", erklärte Expeditionsleiter Markus Rex. "Nun tritt sie ihren letzten Weg an und wird wieder zu Wasser."

Die Eisschollen bilden sich vor der sibirischen Küste laufend neu und treiben allmählich durch die Polargewässer über den Nordpol hinweg, um sich wieder aufzulösen. Untersuchungen ergaben, dass die Scholle der "Polarstern" vor mehr als eineinhalb Jahren im Dezember 2018 vor den Neusibirischen Inseln entstand. Die Crew der "Mosaic"-Expedition hatte sie nach einer aufwändigen Suche als idealen Standort zum Aufbau eines Forschungscamps ausgesucht.

Rückblende: So sah die Eislandschaft um die "Polarstern" noch Mitte März aus Bild: picture-alliance/dpa/Alfred-Wegener-Institut/M. Ernst

"Mosaic" - die Abkürzung für "Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate" - soll neue Erkenntnisse über die komplexen Umweltprozesse in der Region in bislang unbekannter Detailtiefe liefern. Sie gilt als das bislang aufwändigste und größte Forschungsvorhaben, das in der Arktis bisher gestartet wurde. Beteiligt sind Wissenschaftler aus 20 Ländern, mehr als 80 Institute sind an dem Konsortium beteiligt. Die Teams auf der "Polarstern" wurden mehrfach ausgetauscht. Die Ergebnisse sollen etwa dabei helfen, Klimamodelle zu verbessern. Dabei werden Daten in den fünf Teilbereichen Atmosphäre, Meereis, Ozean, Ökosystem und Biogeochemie erhoben. Das Budget für "Mosaic" beträgt den Angaben zufolge mehr als 140 Millionen Euro.

Beginn der Gefrierphase im Blick

Die "Polarstern" wird dem AWI zufolge noch für einige Tage in der Nähe der Eiskante in der Framstraße bleiben und sich dann auf den Weg nach Norden in Richtung Nordpol machen, wo sie während des letzten Abschnitts der einjährigen "Mosaic"-Expedition den Beginn der Gefrierphase am Ende des arktischen Sommers begleiten wird. Dies sei das "letzte noch fehlende Puzzlestück im Jahreszyklus des arktischen Meereises", berichtete Expeditionsleiter Rex.

Der Leiter des Forschungsteams, Markus RexBild: picture-alliance/dpa/M. Assanimoghaddam

Vor dem neuerlichen Vorstoß des Schiffes erfolgt noch ein letzter Wechsel der Besatzung. Die neue Crew werde in einigen Tagen mit dem russischen Forschungseisbrecher "Akademik Tryoshnikov" bei der "Polarstern" eintreffen. Dieser bringt auch noch neue Vorräte.

sti/uh (afp, dpa, epd)