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Ende für Mali-Einsatz der Bundeswehr?

2. Februar 2022

Seit fast neun Jahren sind Bundeswehrsoldaten in Mali im Einsatz. Der könnte jedoch bald enden. Denn die Militärmission wird in Berlin infrage gestellt, auch von Außenministerin Annalena Baerbock.

UN Mission MINUSMA | Bundeswehr in Westafrika
Ein Bundeswehr-Fahrzeug auf UN-Mission in MaliBild: Arne Immanuel Bänsch/dpa/picture alliance

"Unser Einsatz ist kein Selbstzweck". Bedeuten diese Worte von Außenministerin Annalena Baerbock im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung den Anfang vom Ende des Mali-Engagements der Bundeswehr? Angesichts der jüngsten Schritte der malischen Regierung müsse man sich ehrlich fragen, ob die Voraussetzungen für den Erfolg des Engagements weiter gegeben seien, so die Grünen-Politikerin weiter. So klar hatte bisher kein deutscher Regierungsvertreter die Zukunft der derzeit größten deutschen Auslandsmission infrage gestellt.

In Berlin herrscht Ärger über die Regierung von Assimi Goïta, der sich im Mai 2021 an die Macht putschte und zum Übergangspräsidenten ernannte. Er will doch nicht wie bisher geplant im Februar Wahlen abhalten, sondern erst in fünf Jahren.

"Die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung ist eine wichtige Voraussetzung für das Engagement der internationalen Gemeinschaft in Mali", sagt Agnieszka Brugger, Verteidigungsexpertin der Grünen im Bundestag: "Große Irritation und Verärgerung haben natürlich auch die jüngsten Entscheidungen des Übergangsregimes ausgelöst, durch die die internationalen Truppen, auch die Bundeswehr, in ihrer Bewegungsfreiheit im Rahmen der Mission behindert worden sind, etwa durch verweigerte Überflugrechte."

Erstmals hatte Mali Mitte Januar einer deutschen Militärmaschine den Überflug verweigert. Das Transportflugzeug mit 75 Soldaten an Bord musste daraufhin umkehren. Anfang vergangener Woche forderte die Regierung dann dänische Soldaten der europäischen "Takuba"-Mission auf, das Land unverzüglich zu verlassen. Und zu Beginn dieser Woche schließlich verwies die Übergangsregierung den französischen Botschafter des Landes. Bamako scheint schwer bemüht, sich von den europäischen Partnern und insbesondere der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich weiter zu distanzieren.

Hass auf den Westen: Viele Menschen in Mali empfinden die Militärmissionen als neokoloniale EinmischungBild: Florent Vergnes/AFP/Getty Images

"All das gibt Anlass zu sehr großer Sorge und deshalb kann es kein Weiter-so und keinen Blankoscheck für die Verlängerung der Mandate geben", sagt Brugger im Gespräch mit der DW. Klar für ein Ende der Bundeswehr-Mandate sprechen sich im Bundestag bislang nur die Partei Die Linke und die rechtspopulistische AfD aus. "Die Bundeswehr raus aus Mali - sofort", fordert etwa der AfD-Abgeordnete René Springer.

Ende Mai laufen die Mandate für die beiden Bundeswehr-Einsätze im Rahmen der EU-Ausbildungsmission EUTM und der UN-Friedensmission MINUSMA aus. Dann muss der Bundestag entscheiden, ob die Mission verlängert wird.

Angst vor Terror

Deutsche Soldaten sind seit fast neun Jahren in Mali im Einsatz. Im Januar 2013 hatte die malische Regierung Frankreich und die Vereinten Nationen um Hilfe ersucht. Die Armee des Landes stand kurz vor dem Kollaps. Ein Einmarsch islamistischer Kämpfer in der Hauptstadt Bamako schien nur noch eine Frage von Wochen.

Für Agnieszka Brugger von den Grünen steht die Zukunft des Mali-Einsatzes in FrageBild: picture-alliance/dpa/C. Gateau

Die Franzosen entsandten Soldaten, es folgten Truppen aus dem Tschad und vielen weiteren Ländern, darunter auch Deutschland. Mit Hilfe dieser internationalen Militärpräsenz gelang es zunächst, Islamisten und andere Rebellen in den Norden des Landes zurückzudrängen.

Doch neun Jahre später fällt die Bilanz der Einsätze ernüchternd aus. Dschihadistische Gruppen und kriminelle Banden sind im Grenzgebiet zwischen Burkina Faso, Mali und dem Niger weiter aktiv. In den vergangenen fünf Jahren nahm die Zahl der Terroranschläge wieder deutlich zu. Und das trotz Drohnen und Hubschraubern, trotz der Ausbildung der malischen Armee, trotz Milliarden an Euro, die europäische Länder ausgegeben haben.

MINUSMA gilt mit bislang 268 toten UN-Soldaten als besonders gefährlicher Einsatz - hier die Trauerfeier für zwei deutsche Soldaten im August 2017 Bild: Getty Images/AFP/S. Pförtner

Wird Mali also zu einem zweiten Afghanistan? Philipp Münch, Experte für Sicherheitspolitik und Streitkräfte am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr in Potsdam, sieht durchaus Parallelen. In beiden Ländern hätten westliche Länder mit viel Aufwand versucht, das Militär zu stärken.

"Die Fähigkeiten und Ressourcen in Mali reichen aber anscheinend nicht wirklich aus, um ein westliches Streitkräfte-Modell zu unterhalten und die erforderlichen Kenntnisse wirklich dauerhaft zu vermitteln", sagt Münch der DW: "Das ist im Grunde ein sehr ähnliches Problem, wie wir es in Afghanistan gesehen haben. Aus meiner Sicht ist es nicht hilfreich, hier ein westliches Streitkräfte-Modell zu übertragen."

Doch die Probleme Malis gehen weit über eine zu schwache, von Korruption geplagte Armee hinaus. Dürre, Armut, Cliquenwirtschaft und die andauernde Rivalität verschiedenster Gruppen im politischen System lähmen das Land.

Mali: Keine Ruhe im Krisenstaat

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"Deswegen würde ich argumentieren, dass Fragen, die sich auf die technischen und operativ-taktischen Maßnahmen der Einsätze konzentrieren, eigentlich zweitrangig sind", sagt Münch. "Ich muss zuerst die Grundlage eines stabilen politischen Zentrums schaffen und dann erst können die anderen Maßnahmen erfolgreich sein."

Deutsche Interessen in Mali

Natürlich habe man ein Interesse daran, dass sich Mali zu einem demokratischen Rechtsstaat entwickelt, sagt der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Florian Hahn. "Bedauerlicherweise müssen wir aber auch feststellen, dass frühere demokratisch gewählte Regierungen oftmals weniger Akzeptanz bei der Bevölkerung hatten als beispielsweise die jetzige Putschisten-Regierung", analysiert Hahn im DW-Gespräch.

Wichtig sei, dass das Land wieder stabilisiert werde und dass es den Menschen dort gut gehe. "Wenn wir nur noch Länder unterstützen, die einwandfreie Demokratien sind, handeln wir nicht im eigenen sicherheitspolitischen Interesse. Unsere vorrangigen Ziele vor Ort müssen die Terrorismusbekämpfung und die Verhinderung von ungesteuerter Massenmigration nach Europa sein."

Putin in Bamako? Dieser Demonstrant wirbt für mehr russische Militärpräsenz in MaliBild: Florent Vergnes/AFP/Getty Images

Sollten die westlichen Soldaten Mali verlassen, dann könne man davon ausgehen, dass Russland das entstehende Vakuum fülle, meint Hahn: "Dass die Russen in Afrika schon sehr präsent sind, wissen wir mit Blick auf Meldungen über die sogenannte Wagner-Gruppe." Laut Berichten der US-Armee sollen bereits hunderte russische Söldner der "Wagner-Gruppe" in Mali aktiv sein. Dafür zahle das malische Regime monatlich 10 Millionen US-Dollar.

Handfeste Beweise für einen entsprechenden Vertrag zwischen Bamako und der von Russland logistisch unterstützen Wagner-Gruppe wurden bislang nicht vorgelegt. Es häufen sich jedoch Berichte von Augenzeugen, die die Söldner gesehen haben wollen. Malis Übergangsregierung räumt nur ein, dass russische Militärausbilder im Land seien, und bestreitet die Präsenz von Wagner-Söldnern.

Reiche, arme Sahel-Region

Auch in Syrien, Libyen und der Zentralafrikanischen Republik soll die Schattenarmee bereits im Einsatz gewesen sein. Ihr werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Mit einer stärkeren Präsenz in der Sahel-Region könnte Russland seinen Einfluss in Afrika ausweiten - und sich gleichzeitig ein Faustpfand für die Verhandlungen mit dem Westen im Ukraine-Konflikt sichern. Zudem dürfte Moskau Interesse an Bodenschätzen wie Bauxit, Gold und Diamanten in der Region haben. Ein Interesse, dass viele Malier auch den westlichen Ländern unterstellen.

Bis das deutsche Parlament entscheidet, ob der Mali-Einsatz fortgeführt wird, gehen die deutschen Soldaten dort weiter ihrer Arbeit nach. Die ist allerdings nur noch eingeschränkt möglich: Flüge der Heron-Drohnen oder der NH90-Transporthubschrauber der Bundeswehr müssen derzeit mit 36 Stunden Vorlauf bei den malischen Behörden angemeldet werden. "Wir können unseren Einsatz so noch ausführen", sagt ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr der DW. Die Aufklärung aus der Luft sei jedoch nur noch eingeschränkt möglich.

Dieser Artikel wurde am 27.1.2022 veröffentlicht und am 2.2.2022 aktualisiert.

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