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Ende von USAID: Medien und NGOs in Armenien in Nöten

13. Mai 2025

Die Zerschlagung der US-Entwicklungsbehörde USAID durch Präsident Donald Trump hat auch erhebliche Auswirkungen auf unabhängige Medien und Bürgerinitiativen in Armenien. Vielen droht die Schließung.

Logo der US-Behörde für Internationale Entwicklung
Logo der US-Behörde für Internationale EntwicklungBild: Celal Gunes/AA/picture alliance

Nach der drastischen Kürzung der US-Entwicklungshilfe durch die Regierung von Donald Trump werden die Programme der Behörde für internationale Entwicklung USAID weltweit zurückgefahren, darunter auch in Armenien. Betroffen sind unabhängige Medien, Bildungsplattformen und zivilgesellschaftliche Initiativen. In Armenien, einer fragilen Demokratie, befürchten Experten gravierende Folgen.

Wer ist von den Kürzungen betroffen?

Seit über drei Jahrzehnten spielt USAID eine wichtige Rolle beim Aufbau einer Zivilgesellschaft in Armenien. Die USA haben systematisch Milliarden Dollar in demokratische Institutionen, in die wirtschaftliche und soziale Entwicklung des Landes sowie in unabhängige Medien investiert. Bis 2025 flossen über USAID und die US-Botschaft allein in Medien Dutzende Millionen Dollar. Doch jetzt wurden Projekte in Armenien auf Eis gelegt oder ganz eingestellt, darunter die Arbeit von Internews - einer NGO, die weltweit unabhängige Medien unterstützt, gegen Desinformation vorgeht und Journalisten ausbildet. Internews war für ein fünfjähriges Programm zur Medienentwicklung in Armenien in Höhe von 15 Millionen Dollar verantwortlich.

Dem Ehrenvorsitzenden des Presseclubs von Jerewan, Boris Navasardian, zufolge kamen rund 60 Prozent der externen Mittel für unabhängige Medien aus dem US-Haushalt. "Das sind Medien, die nicht von politischen oder oligarchischen Strukturen unterstützt werden und auf ein stabiles und sicheres Berufsumfeld angewiesen sind, das auch durch die Beteiligung von NGOs geschaffen wird, die ebenfalls von den USA unterstützt werden", sagt er der DW und betont, dass mit dem Stopp der US-Finanzierung Reformen unterbrochen würden - von der Verbesserung der Mediengesetze bis hin zur Förderung unabhängiger Inhalte.

Radio Free Europe/Radio Liberty ist besonders stark von den Etat-Kürzungen betroffenBild: picture-alliance/CTK/R.Fluger

Besonders stark wirkt sich zudem der Kahlschlag bei der "United States Agency for Global Media" (USAGM) aus. Neben dem Auslandssender "Voice of America" ist die Behörde auch für den armenischen Dienst von "Radio Free Europe/Radio Liberty" (RFE/RL) verantwortlich. Dessen Leiterin Heghine Buniatian beklagt im DW-Gespräch, dass wegen der fehlenden Mittel der USAGM bis zu 80 Prozent ihrer Mitarbeiter in Jerewan und Prag in einen teilweise bezahlten Zwangsurlaub geschickt und die Zusammenarbeit mit freien Korrespondenten, darunter in der Provinz Syunik, ausgesetzt worden sei. Die südöstlichste Region Armeniens ist wegen der Gespräche mit Aserbaidschan über die Öffnung von Verkehrsverbindungen von besonderem Interesse.

Trotz mehrerer Urteile eines US-Bundesgerichts zugunsten von Radio Liberty werden ausstehende Gelder nur selektiv und mit Verzögerung gezahlt. Daher sucht Radio Liberty nach Angaben von Buniatian Hilfe bei europäischen Partnern, um auch sein Webportal, das derzeit größte in Armenien, weiter betreiben zu können.

"Einsparungen lösen Kettenreaktion aus"

Die "Hetq Media Factory", eine der wenigen Bildungsplattformen für Journalisten in Armenien, steht ebenfalls kurz vor der Schließung. "Wir werden dieses Schuljahr noch abschließen, danach ist alles offen", sagt der Leiter des Zentrums, Harutyun Mansurian, das etwa 30 Journalisten pro Jahr ausbildet - mit den Schwerpunkten Ethik und Multimedia. "Das Projekt wurde vollständig von der US-Botschaft finanziert. Ein neues Programm war in Arbeit, das jetzt gestoppt wurde. Dieses Schuljahr ziehen wir noch mit eigenen Mitteln durch", berichtet Mansurian, der nun mit seinen Kollegen trotz verbreiteter Skepsis nach anderen Finanzierungsquellen sucht, darunter in Europa.

"Nicht in der schlechtesten Lage"

Nouneh Sarkissian, Geschäftsführerin des seit 1995 in Jerewan bestehenden "Media Initiatives Center" (MIC), das Medienkompetenz fördert und die unabhängige Presse unterstützt, weist darauf hin, dass auch Organisationen, die Mittel aus verschiedenen Quellen beziehen, Kosten und Personal einsparen müssen. "Von zehn Projekten waren nur zwei amerikanisch, aber sie machten 60 Prozent unseres Etats aus", sagt sie. Nun habe man die Krankenversicherung der Mitarbeiter einfrieren, neue Projekte aussetzen und vier Mitarbeiter entlassen müssen.

Training für Journalisten beim Media Initiatives Center in JerewanBild: Media Initiatives Center

Neue Mittel aus alternativen Quellen zu erhalten, sei nicht einfach, so Sarkissian. "Wir sind nicht in der schlechtesten Lage. Wir haben große nicht-amerikanische Projekte, ein eigenes Büro und Transportmittel, was uns ermöglicht, auch mit weniger externer Unterstützung weiter bestehen zu bleiben", sagt sie mit Blick auf das MIC.

Mehr russische Präsenz in armenischen Medien?

Im Vorfeld der Parlamentswahlen im Jahr 2026 könnte es aufgrund fehlender Gelder passieren, dass Medien ihre redaktionelle Unabhängigkeit aufgeben, um irgendwie überleben zu können. "Es droht die Dominanz von Medien, die bestimmte politische Interessen bedienen", warnt Boris Navasardian vom Presseclub Jerewan.  Zudem würde der Einfluss "undurchsichtiger ausländischer Quellen" zunehmen. Dies betreffe, so Navasardian, in erster Linie Russland, das keinen Hehl daraus mache, die gesellschaftliche und politische Stimmung in Armenien über die Medien verändern zu wollen.

Im Jahr 2024 konnte Armenien seine Position im Global Press Freedom Index um 9 Punkte verbessern und laut der jüngsten Rangliste von Reporter ohne Grenzen auf Platz 34 von 180 Ländern aufsteigen. Beobachter weisen jedoch darauf hin, dass diese Entwicklung ohne westliche Hilfe möglicherweise nur von kurzer Dauer sein wird.

Adaption aus dem Russischen: Markian Ostaptschuk

 

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