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Endometriose - ein Leidensweg

Silja Thoms
15. April 2022

Sabrina Lobing wartete etwa 15 Jahre lang auf ihre Diagnose. Jetzt weiß sie, dass sie Endometriose hat. Eine Unterleibserkrankung, die kaum jemand kennt und an der doch 190 Mio. Frauen leiden.

Frau liegt mit einer Wärmflasche auf dem Bauch im Bett
An Endometriose leiden etwa 190 Millionen Frauen weltweitBild: Annette Riedl/dpa/picture alliance

Sabrina Lobing litt jahrelang an starken Unterleibsschmerzen, ohne die Ursache zu kennen. Manchmal spürte sie, wie sich wieder etwas in ihrem Körper veränderte. "Das ist wie ein Ziehen, als würde jemand die ganze Zeit an den Eierstöcken ziehen und man hat das Gefühl, man zerreißt gleich", sagt Lobing. Heute, nach 15 Jahren Ungewissheit, weiß sie: Sie leidet an Endometriose

Weltweit leiden nach Informationen der World Health Organization (WHO) 190 Millionen Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter an der Krankheit Endometriose. 

"Ich habe immer schon gedacht, dass etwas nicht stimmt", erzählt die junge Frau aus Nordrhein-Westfalen. Mit neun Jahren bekam Sabrina Lobing das erste Mal ihre Periode. Oft dauerte die jedes Mal starke Regelblutung zehn bis fünfzehn Tage. Und meist hatte sie dabei starke Schmerzen.

Später kamen regelmäßig Ohnmachtsanfälle hinzu. Mit elf Jahren nahm Lobing das erste Mal die Pille, weil sie vor Schmerzen nicht mehr weiterwusste. Bis sie 18 Jahre alt war, probierte Sabrina Lobing etwa 14 verschiedene Hormonpräparate aus. Doch vom Begriff "Endometriose" hörte sie erst im Erwachsenenalter. 

Jahrelang fehlten ihr Menschen, mit denen sie sich austauschen konnte, Frauen, die ähnliche Schmerzen haben wie sie. Heute leitet sie eine Selbsthilfegruppe für Frauen, die an Endometriose leiden, um anderen die Möglichkeit zu geben, über die Krankheit zu sprechen. 

Endometriose und Adenomyose 

Bei der chronischen Krankheit Endometriose wuchert Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut ähnelt, außerhalb der Gebärmutter im Bauchraum. Diese Endometrioseherde können im Körper verteilt sein und sitzen zum Beispiel an den Eierstöcken, an der Harnblase oder am Bauchfell. Mögliche Folgen sind Entzündungen oder Verwachsungen.

Endometriose ist eine der häufigsten Unterleibserkrankungen bei Frauen

Lobing leidet jedoch nicht nur an einer Endometriose, sondern auch an einer Adenomyose. Im Unterschied zur Endometriose sitzen bei der Adenomyose die Herde in der Gebärmuttermuskulatur. 

Erkrankte von Endometriose oder Adenomyose haben häufig chronische Schmerzen im Unterbauch, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder Blutungsstörungen. In manchen Fällen können die Erkrankungen auch zu Unfruchtbarkeit führen. 

Die starken Schmerzen, die betroffene Frauen wie Sabrina Lobing verspüren, werden aber eher von der Adenomyose statt von der Endometriose ausgelöst. Laut einer 2022 erschienenen US-amerikanischen Studie gibt es Hinweise darauf, dass die Endometriose zur späteren Entwicklung einer Adenomyose beitragen kann. 

Während zehn Prozent weltweit an Endometriose leiden, variieren die Zahlen bei der Adenomyose stark. Eine andere Studie aus dem Jahr 2017 zeigte, dass rund 42 Prozent der Frauen, bei denen eine Endometriose diagnostiziert wurde, auch eine Adenomyose hatten. Es gibt allerdings verschiedene Theorien dazu, wie Endometriose und Adenomyose entstehen. 

Adenomyose löst oft starke Schmerzen bei Frauen aus

Langes Warten auf eine Diagnose 

Dass die Diagnose für Endometriose im Durchschnitt etwa acht bis zwölf Jahre dauert, liegt laut Sylvia Mechsner, Professorin für Endometrioseforschung und Leiterin des Endometriosezentrums der Berliner Charité, an einem bestimmten Grund:  "Das ist ein langsam schleichender Prozess, der sich über Jahre entwickelt. In dieser Zeit sehen die Frauenärzte bei den Untersuchungen noch nichts." Schnell werde den Frauen dann vermittelt, es seien nur normale Regel- und keine pathologischen Menstruationsschmerzen. 

Das erlebte auch Lobing bei ihrer Suche nach einer Diagnose. Immer wieder hörte sie Ärzte sagen, dass sie die Schmerzen als Frau hinnehmen müsse. Die Spezialistin Mechsner kritisiert dies: "Das, was im Moment passiert, ist, dass man die Frauen total alleine lässt mit diesen Schmerzen."

"Man hat sich jahrelang darauf verlassen, dass man Endometriose nicht sehen kann, sondern nur durch eine Bauchspiegelung diagnostizieren kann", erklärt Mechsner. So sei die Diagnose verschleppt worden. Mittlerweile sehe man sehr viel im Ultraschall. Das schließt Darmherde, Blasenherde, Verklebungen an den Zysten und auch die Adenomyse mit ein. "Das Einzige, was wir im Ultraschall nicht sehen können, sind die sogenannten Bauchfellherde", so Mechsner weiter.

Künstliche Intelligenz für eine schnellere Diagnose? 

Um die Diagnose zu beschleunigen, entwickelt ein britisches Forscherteam aktuell eine Datenbank mit Ultraschall- und MRT-Bildern von Frauen mit Endometriose-Symptomen. Dabei wollen sie auch untersuchen, ob ein 3D-Ultraschall die Erkrankung besser diagnostizieren könnte. Ziel ist es, einen Algorithmus zu entwickeln, um die Scans besser lesen und besser diagnostizieren zu können. 

"Wir glauben, dass die neueste Technologie im Bereich des medizinischen Scannens zusammen mit der Entwicklung leistungsstarker neuer Algorithmen der Schlüssel zu einer effizienteren Diagnose für die Patienten sein könnte", heißt es von einem der beteiligten Forscher, Marc Beggs, auf der Seite zur DEFEND-Studie, die 2022 angelaufen ist.

Chronische Schmerzen als Folge von Endometriose und Adenomyose

Das lange Warten auf eine Diagnose hinterlässt Spuren bei den Patientinnen - nicht nur psychisch: "Man muss sich auch mal überlegen, was zehn Jahre Schmerzen für die Patientin bedeuten, bis irgendwann die Diagnose fällt", sagt die Fachärztin Mechsner. 

Das Schmerzgedächtnis kann sich hierbei verändern. "Jahrelange Schmerzen sind sehr wahrscheinlich Risikofaktoren für die Entwicklung von chronischen Schmerzen. Das sollte unbedingt vermieden werden", so Mechsner.  

Endometriose - was Frauen unfruchtbar machen kann

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Bei Sabrina Lobing ließ es sich nicht mehr vermeiden. Sie entwickelte chronische Schmerzen. "Es ist mal besser und dann gibt es wieder schlechtere Tage", erzählt sie, "aber auf einer Schmerzskala bin ich eigentlich immer auf einer sechs." Jeden Tag. Das ist belastend für sie. Und auch für ihre Partnerschaft.  

Therapie: Was hilft bei Endometriose?

Für die Fachärztin Mechsner geht es vor allem darum, den Verdacht auf Endometriose frühzeitig zu definieren und die Patientin erst einmal konservativ mit einer Hormontherapie zu behandeln. Erst wenn die Patientin während der Hormontherapie keine Blutung hatte und trotzdem Schmerzen verspürte, sei eine Operation erforderlich.

In diesem Fall wären nämlich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Bauchfellherde oder Zysten an den Eierstöcken vorhanden. Auch bei einem unerfüllten Kinderwunsch kann operiert werden. "Dann geht es darum, die Endometrioseherde zu entfernen. Mit der Entfernung der Herde verbessert sich die Chance auf eine Schwangerschaft", so Mechsner.

Yoga und Entspannung können den Schmerz lindern

Heutzutage gebe es aber viele Möglichkeiten: Mit einer entsprechenden Schmerzmitteltherapie oder multimodalen Therapien könne entgegengewirkt werden. Die sogenannte multimodale Therapie verknüpft verschiedene Therapieformen miteinander. Möglich sind Akupressur, Akupunktur, Yoga oder Entspannungsübungen. Aber auch ganz normale Schmerzmittel können helfen. Dabei sei laut Mechsner jedoch wichtig, dass den Frauen von Ärzten erklärt werde, welche Schmerzmittel sie nehmen können und welche nicht.

Jahrelang fehlten Lobing Menschen, mit denen sie sich austauschen konnte, Frauen, die ähnliche Schmerzen haben wie sie. Heute leitet sie eine Selbsthilfegruppe für Frauen, die an Endometriose leiden, um auch anderen die Möglichkeit zu geben, über die Krankheit zu sprechen. 

Lobing hat ihren eigenen Weg gefunden, um mit den Schmerzen umzugehen. So achtet sie zum Beispiel auch mehr auf ihre Ernährung. Denn histaminarme und antientzündliche Ernährung - also wenig Fleisch, Fisch und wenige Milchprodukte - können die Schmerzintensität bei Endometriose lindern. Und sie macht Yoga, meditiert. Oft malt sie, um sich abzulenken. Manchmal 13 Stunden am Stück. "Dann merke ich die Schmerzen erstmal nicht", sagt sie. 

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