Vor über neun Jahren ist die Sonde "New Horizons" mit einem Geschwindigkeitsrekord für Raumschiffe gestartet. Ihr Ziel: die kaum bekannten äußeren Bereiche des Sonnensystems. Am Dienstag erreicht sie dort den Pluto.
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Superhochauflösende Bilder vom Pluto
Seit neun Jahren ist die NASA-Sonde "New Horizons" unterwegs durch unser Sonnensystem. Einen Asteroiden und den Jupiter hat die Sonde bereits besucht. Jetzt hat sie spektakuläre Bilder vom Zwergplaneten Pluto geliefert.
Bild: picture-alliance/dpa/NASA/JHUAPL/SwRI
So scharf wie nie
Die NASA spricht von den möglicherweise besten Pluto-Nahaufnahmen für Jahrzehnte. Sie zeigen eine Mischung aus bergigen und eisigen Gebieten mit Kratern. "Diese neuen Bilder liefern uns einen atemberaubenden, super-hochauflösenden Einblick in die Geologie von Pluto."
Bild: Reuters/NASA/JHUAPL/SwRI
Deutlich schärfere Bilder
Die NASA nutzte eine nach eigenen Angaben ungewöhnliche Technik. Das Teleskop Lorri, abgekürzt für "Long Range Reconnaissance Imager", nahm alle drei Sekunden ein Foto auf. Eine weitere Kamera scannte währenddessen die Oberfläche des Planeten. So seien kürzere Verschlusszeiten der Kamera möglich gewesen.
Bild: picture-alliance/dpa/Nasa/Jhuapl/Swri
Ein großer Unterschied
So sah Pluto im Sommer aus Sicht der Raumsonde "New Horizons" aus. Kein Vergleich zu den aktuellen Aufnahmen!
Bild: picture-alliance/dpa/NASA/JHUAPL
Zum Greifen nahe
Die Sonde hat sich Pluto auf 17.000.Kilometer genähert. Zum Vergleich: Unsere Erde ist vom Mond etwa dreißig mal weiter entfernt. Die Internationale Raumstation ist wiederum viel näher dran: Sie fliegt in einer Höhe von nur 350 Kilometern. Im Hintergrund ist übrigens Plutos größter Mond Charon zu erkennen.
Bild: JHUAPL/SwRI
Der Planet, der keiner mehr sein darf
Sieben Monate nach dem Start von "New Horizons" erkannte die Internationale Astronomische Union (IAU) Pluto seinen Planetenstatus ab. Jetzt gilt er nur noch als "Zwergplanet". Seine Umlaufbahn ist für Planeten nicht rund genug, sondern elliptisch. Die Planeten-Definition war nötig geworden, weil in den letzten Jahren immer mehr Objekte in den Randbereichen des Sonnensystems entdeckt worden waren.
Bild: picture-alliance/Bildagentur-online/Saurer
Größenvergleich
Von der Sonne aus liegen hier die Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars. Dann kommt der Zwergplanet Ceres und die riesigen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Ganz außen liegen zwei winzige Punkte: Pluto mit einem Durchmesser von nur 2370 Kilometern (gerade neu vermessen von der Sonde "New Horizon") und sein Mond Charon.
Bild: picture-alliance/dpa
Nicht alle Pluto-Monde sind rund
Ein Ziel von "New Horizons" ist es, die Geheimnisse der Pluto-Monde zu lüften - etwa die Frage, wie groß Styx wirklich ist. Er soll zwischen 8 und 28 Kilometer Durchmesser haben. Bereits im Januar und Februar nahm die Sonde erste, unscharfe Bilder von Charon, Nix und Hydra auf. Im April erste Bilder von Kerberos.
Bild: NASA/ESA/A. Feild (STScI)
Eiertanz im Mond-Orbit
So eiert der Mond Nix in seiner Umlaufbahn herum. Dies sind allerdings keine Bilder, die "New Horizons" aufgenommen hat, sondern Computer-Simulationen, die NASA-Forscher aus vorhandenen Daten errechnet haben. Nix kreist dabei nicht nur um eine Umlaufbahn - die von Pluto - sondern wird auch immer wieder von Charon in seinen Bann gezogen. Nix ist also auch ein Mond des Mondes.
"New Horizons" verfügt über drei optische Instrumente, die Aufnahmen in verschiedensten Spektralbereichen machen können. Zwei Plasma-Spektrometer analysieren die Partikel aus dem Sonnenwind. Dazu hat sie Geräte für Staubanalysen und Strahlungsmessgeräte an Bord.
Bild: JHUAPL/SwRI
Optisches Teleskop
Hier bauen Techniker den Long Range Reconnaissance Imager (Lorri) in die Sonde ein, dem wir die scharfen Bilder Plutos zu verdanken haben. Die Digitalkamera des Teleskops nimmt Strahlungen im sichtbaren Wellenbereich wahr. Das schwerste an der 8,6 Kilogramm Kamera ist das Fernrohr mit der Linse - es wiegt 5,6 Kilogramm.
Bild: NASA
Unterwegs seit 2006
"New Horizons" war am 19. Januar 2006 in Cape Canaveral an Bord einer Atlas-V-Rakete mit drei Stufen gestartet. Die Sonde wurde sofort in eine Bahn beschleunigt, die es ihr ermöglichte, die Gravitation von Erde und Sonne zu überwinden. Dazu war eine Geschwindigkeit von 16,26 Kilometern pro Sekunde nötig - Weltrekord für Raumschiffe.
Bild: NASA
Immer weiter weg von der Sonne
Die Flugbahn geht weg aus dem Zentrum - hin in die äußeren Gefilde des Sonnensystems. Unterwegs kam "New Horizons" bereits an dem Asteroiden 132524 APL vorbei und am Jupiter, dem sich die Sonde auf immerhin 2,3 Millionen Kilometer näherte. Dort sammelte sie Daten über die Atmosphäre, die Monde und die Magentosphäre des Planeten.
Bild: NASA
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Viel weiß die Wissenschaft nicht über Pluto. Erst vor 85 Jahren wurde der - damals noch als Planet betrachtete - Himmelskörper entdeckt. Dass die Wissenschaft so wenig über ihn weiß hat gute Gründe: Er liegt im Kuiper-Gürtel, einer Region am äußeren Rande des Sonnensystems.
Vor 60 Jahren hatte der Astronom Gerard Kuiper die Vermutung geäußert, dass es in fünf bis zehn Milliarden Kilometern Entfernung zur Sonne einen orbitalen Bereich voller Himmelskörper gibt. Heute wissen die Astronomen, dass im nach ihm benannten Gürtel tatsächlich hunderttausende Eisbrocken herumfliegen. Wahrscheinlich sind es Überreste aus der Entstehungsgeschichte der Planeten.
Pluto selbst gilt seit einer Sitzung der Internationalen Astronomischen Union 2006 nicht mehr als Planet. Damals wurde beschlossen, dass Planeten Umlaufbahnen haben müssen, die beinahe kreisrund sind. Das ist bei Pluto nicht der Fall.
Die meisten Objekte im Kuiper-Gürtel sind vom Durchschnitt kleiner als 50 Kilometer. Pluto gehört mit einem Durchmesser von etwa 2300 Kilometern zu den größeren Körpern im Kuiper-Gürtel - neben dem erst 2005 entdeckten und fast gleichgroßen Eris. Zum Vergleich: Die Erde misst 12.742 Kilometer.
Plutos Geheimnisse
Fragen an Pluto gibt es viele: Gibt es dort einen Ozean? Wie ist die Atmosphäre zusammengesetzt? Wie wirken Pluto und sein größter Mond Charon aufeinander, und was bedeutet das für die anderen vier Pluto-Monde. "Pluto und sein etwas kleinerer Begleiter Charon stellen für die Planetenforschung eine noch fast unbekannte Welt dar" sagt Prof. Tilman Spohn, Direktor des Instituts für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin. Daher erwarten Forscher weltweit mit Spannung die ersten Bilder.
Spohn hofft auf noch mehr: Dort könne man vielleicht auch "ökologische Nischen" finden, "in denen die Entwicklung von einfachen Lebensformen vorstellbar wäre." Die Eiszwerge im Kuiper-Gürtel seien, ähnlich dem Kometen 67p/Tschurjumow Gerasimenko, wahrscheinlich kaum durch geologische Prozesse verändert worden. Pluto könne also viel über die früheste Zeit des Sonnensystems verraten. Einen Nachweis von außerirdischem Leben wird "New Horizons" allerdings kaum erbringen können. Ebenso konnte die Sonde Rosetta einen solchen Beweis nicht erbringen.
Noch nie war ein anderes Raumschiff so schnell
Die Erkundung des Kuiper-Gürtels ist deshalb so schwierig, weil die etwa 500 Kilogramm schwere Raumsonde nicht nur weit reisen, sondern sich auch gegen das Gravitationsfeld der Sonne behaupten musste. Die Atlas-V-Rakete, die "New Horizons" am 19. Januar 2006 ins All trug, war die erste Rakete der Art, die mit vier Fest-Treibstoff-Boostern und drei Raketenstufen ausgestattet war. Sie steuerte sofort auf einen Sonnenabgewandten Kurs.
Durch einen physikalischen Trick, nämlich einen Vorbeiflug am Jupiter am 28. Februar 2007 und die Nutzung von dessen Gravitationsfeld als Katapult, gelang es, das Raumschiff auf 50.400 Kilometer pro Stunde zu beschleunigen. Damit ist "New Horizons" bis heute der absolute Geschwindigkeitsrekordhalter unter den Raumschiffen.
Das Labor für Angewandte Physik (APL) der Johns-Hopkind-Universität in Laurel Maryland, das die Instrumente auf "New Horizons" betreibt, rechnet damit, dass die Bilder vom Vorbeiflug an Pluto und Charon am 15. Juli 2015 auf der Erde ankommen werden. Dafür ist die Sonde, die etwa so groß ist wie ein Klavier, extra mit einer großen Parabolantenne ausgestattet. Um Fotos von Pluto zu machen, hat die Sonde dann nur zwei Tage Zeit.