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Crowdfunding für die Umwelt

Matilda Jordanova-Duda3. Oktober 2014

Neue Energiesparlampen oder eine effizientere Heizpumpe? Dafür brauchen Unternehmen nicht unbedingt einen Bankkredit. Auch Crowdinvesting-Plattformen sammeln Geld für Umweltvorhaben.

ILLUSTRATION Crowdfunding
Bild: picture alliance/dpa Themendienst

Dass sich Startups mit ausgeflippten Produkten Geld von den Internetnutzern leihen – nichts Neues! Aber ein Unternehmen, das es seit dem 19. Jahrhundert gibt? Mittelständler wie die traditionsreiche bayerische Druckerei Kastner&Callway Medien (KCM) gehen normalerweise zur Bank, wenn eine Modernisierung ansteht. KCM jedoch sucht auf der Crowdfunding-Plattform bettervest 385:000 Euro, um die Beleuchtung auf stromsparende LEDs umzustellen, die Heizungspumpen zu optimieren und eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zu installieren.

Anleger können sich mit Beträgen ab 50 Euro an dem Vorhaben beteiligen. Die Druckerei will die eingesparten Energiekosten 7 Jahre lang an den Investorenschwarm auszahlen. Contracting nennt sich dieses Modell. Errechnete Rendite: über 7 Prozent. In Niedrigzinszeiten ein verlockendes Angebot.

KCM arbeitet mit Ökostrom, die Kunden können so "klimaneutral" drucken lassen.Bild: Crowdfunding

"Wir sind eine unkonventionelle Druckerei, daher passt bettervest besser zu uns als eine Bank", sagt Geschäftsführer Bernhard Schretzmaier in seinem Bewerbungsvideo. KCM beziehe seit Jahren Ökostrom, Kunden können "klimaneutral" drucken lassen. Bettervest habe Kontakte zur Cleantech-Branche eröffnet und für öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt. Die Plattform vermittelt Investments in Energieeffizienzmaßnahmen beim Mittelstand. Hauptsächlich in LED-Beleuchtung: Ein Hotel, ein Heimtiermarkt, ein Fastfood-Restaurant und mehrere Fitnessstudios der Kette Bodystreet haben bereits umgerüstet. Denkbar sind aber auch Green IT, Kraft-Wärme-Kopplung oder eine spritsparende Fahrzeugflotte.

Gemeinsam die Energiewende stemmen

"Unsere Direktive ist: Das Projekt muss sich selbst bezahlen. Die eingesparten Energiekosten werden so umgelegt, dass sie alle Zinsen, Tilgungen, Energieberatungs- und Umsetzungskosten bedienen", erläutert Torsten Schreiber, bettervest-Mitgründer. Eine Kalkulation, die auf den festen Vergütungspreisen für ins Netz eingespeisten Ökostrom baut, würde bettervest nicht unterstützen. Eine Photovoltaik-Anlage ist im aktuellen Projekt nur drin, weil KCM fast den gesamten Stromertrag selbst zu nutzen beabsichtigt. Da spielt die EEG-Umlage praktisch keine Rolle.

Die Druckerei-Modernisierung ist allerdings etliche Nummer größer als die bisherigen bettervest-Investments, die nur ein paar Tausende für neue Lampen benötigten. Deshalb tun sich hier zum ersten Mal zwei Crowdfunding-Plattformen zusammen. Umweltbewegte Anleger finden das Projekt auch auf LeihDeinerUmweltGeld. Die Energiewende sei nur gemeinsam zu stemmen – selbst wenn beide Partner unterschiedliche Schwerpunkte haben, heißt es von beiden Plattformen. So setzt LeihDeinerUmweltGeld auch auf subventionierten Ökostrom mit all seinen politischen Unwägbarkeiten. Aktuell kann ein Nutzer etwa im Solarpark Liebenthal Anteile kaufen.

Eine Besonderheit der Plattform ist die Einbindung der Anwohner: "Wir sprechen die Bürger und Bürgerinnen der unmittelbaren Region gezielt an: Das erhöht die Chancen für den Projektierer z.B. Flächen in einer Ausschreibung zu erhalten, da eine regionale Bürgerbeteiligung oftmals Voraussetzung ist", sagt Geschäftsführer Jamal El Mallouki.

Von bettervest kommt nicht nur das Geld, hier werden auch wichtige Kontakte zur Cleantech-Branche geknüpft.Bild: Crowdfunding

Viele Anlageformen, ein Risiko

Das größte crowd-finanzierte Vorhaben bisher in Deutschland heißt Tiefschwarz. 2013 kamen über die Plattform econeers rund 570.000 Euro für die innovative Technologie zusammen, die Bioabfall in Strom, Wärme und Biokohle verwandelt. Dadurch konnte die gleichnamige Firma ihre erste Anlage in Betrieb nehmen. Erprobtes wie die Renovierung einer Biogas-Anlage oder der Bau eines Gas-Kraftwerks fanden die econeers-Investoren dagegen weniger sexy.

Die Ansätze des jungen ökologischen Crowdinvestings sind vielfältig. Die meisten Plattformen sind reine Vermittler sowie Treuhänder des eingesammelten Kapitals. Die Ausnahme: GreenVesting baut und betreibt die Solarkraftwerke selbst, "um den Kunden keine ungelegten Eier anzubieten".

Die Projekte und die Konditionen können stark variieren. So können die Zinsen fest oder variabel sein, die Laufzeiten dauern zwischen 5 und 15 Jahren und auch die Anlageformen unterscheiden sich. Das kann vom Contracting bis zur Unternehmensbeteiligung als stiller Teilhaber oder als Genossenschaftsmitglied reichen. Die Plattformen haben zunehmend auch Projekte im Ausland im Angebot. Allen gemeinsam ist jedoch das Risiko eines Totalverlusts. Bei einer Insolvenz "ihres" Unternehmens müssen sich die Schwarm-Gläubiger nämlich hinten anstellen.

Guter Rat von den Verbraucherschützern

Die Verbraucherzentralen haben einen Leitfaden für das Crowdinvesting herausgegeben. Eine Regel, die generell bei Geldanlagen gilt, sollte auch bei Schwarmfinanzierung beachtet werden: Man soll nicht alles auf eine einzige Karte setzen und nur in Dinge investieren, die man versteht. Die Verbraucherschützer weisen auch darauf hin, dass bei Startups die Pleitegefahr generell größer sei als bei etablierten Unternehmen. Zudem sollten die Anleger prüfen, ob sie mehrere Jahre auf das Geld verzichten könnten, denn oft sei ein vorzeitiger Ausstieg gar nicht oder nur unter Verlusten möglich.

Zu guter Letzt sei ungewiss, ob die errechneten Renditen am Ende wirklich erreicht werden: "So muss sich beispielsweise erst noch herausstellen, ob der bei der Planung eines Windparks angenommene Windertrag realistisch ist. Auch die prognostizierte Effizienzsteigerung durch den Austausch von Leuchtmitteln in einem Bürokomplex muss sich in der Praxis noch bestätigen", heißt es in dem Leitfaden.