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Energiepoker im Indischen Ozean

Roxana Isabel Duerr27. Januar 2014

Myanmar verfügt über riesige Öl- und Gasvorkommen, die meisten davon sind noch nicht erschlossen. Energiekonzerne wittern ein großes Geschäft. Mit Skepsis sehen Experten der bevorstehenden Rohstoffausbeutung entgegen.

Ein Fischer schaut auf den Salween-Fluss in Myanmar (Foto:ap)
Bild: AP

Erst im Jahr 2012 hatte der Internationale Seegerichtshof in Hamburg den Grenzverlauf zwischen Bangladesch und Myanmar im Golf von Bengalen festgelegt. Nicht ohne Grund konnten die beiden asiatischen Länder jahrzehntelang keine Einigung finden: In den strittigen Gebieten werden gigantische Öl- und Gasvorkommen vermutet.

In Myanmar, einem der ressourcenreichsten Länder Südostasiens, ist der Erdgas- und Erdölsektor seit langem der wichtigste Devisenbringer. Die Bodenschätze Myanmars, allen voran Öl und Gas, Mineralien, Edelsteine und Nutzholz leisten einen erheblichen Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt. Offiziellen Zahlen zufolge fließt der Großteil der ausländischen Direktinvestitionen in Myanmar nach wie vor in die Rohstoffindustrie.

Schlafender Rohstoffgigant im Spiel der Weltmächte

Vor allem bei den Tiefseebohrungen ist die ehemalige Militärdiktatur auf ausländische Investitionen und Technologien angewiesen. Seit Myanmars Zivilregierung Reformbemühungen andeutet, ist das Interesse der Investoren gewachsen. Der schlafende Rohstoffgigant wird nun von Energiekonzernen aus aller Welt umworben. Zahlreiche potenzielle Investoren beteiligen sich momentan an den ersten Verhandlungsrunden um die Erschließung von Tiefseeblöcken vor der Westküste Myanmars, darunter auch der französische Konzern TOTAL, die US-Unternehmen Chevron und ExxonMobil, der chinesische Erdölgigant CNPC, sowie weitere Firmen aus Thailand, Südkorea, Indien, Japan und Australien.

Mit Volldampf arbeiten internationale Energiekonzerne am Ausbau von Öl- und Gaspipelines in MyanmarBild: picture-alliance/dpa

"Die geopolitische Bedeutung Myanmars hat sich bereits in den letzten Jahren stark gewandelt", betont Myanmar-Experte Rainer Einzenberger von der Heinrich Böll Stiftung in Bangkok. Myanmar sei sowohl für seine Nachbarn als auch für den Westen von zentraler Bedeutung, nicht zuletzt wegen seiner Bodenschätze und der geostrategischen Nähe zu China. "Vor allem Chinas Rivalen – Indien, die USA und Japan – haben ein Interesse daran, Myanmar aus der Einflusssphäre Chinas herauszuholen und engere Beziehungen zu Myanmar zu knüpfen", so Einzenberger.

Geopolitisches Kalkül der Regionalmächte

Die größten Investoren in Myanmars Energiesektor sind derzeit China und Thailand. Erst 2013 hat Chinas Ölkonzern CNPC den Bau der Shwe-Pipeline abgeschlossen – quer durch Myanmar wird nun Gas und Erdöl von der Bucht von Bengalen bis nach Südchina geliefert. Einzenberger erläutert das geopolitische Kalkül: "Mit der Pipeline erspart sich China den Import von Öl und Gas über die Straße von Malakka und damit Zeit und Kosten und erhöht zugleich die Energiesicherheit im Krisenfall, sollte die Malakkastraße gesperrt werden". Da die USA im Konfliktfall die strategisch bedeutende Meerenge leicht blockieren könnten, sucht China nun nach Alternativen der Energiezufuhr über Land.

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Thailand, das nicht genügend Reserven besitzt, um seinen Energiehunger zu stillen, erhält seit 1998 über die Yadana Gas Pipeline aus der Andamanensee Erdgas aus Myanmar. Langfristig soll Myanmar ein Viertel des thailändischen Energiebedarfs sichern. Auch Frankreich und die USA haben bisher viel in Myanmars Energiesektor investiert, mit den aktuellen Verhandlungsrunden werden voraussichtlich auch andere westliche Nationen ihr Engagement verstärken.

Ernest Bower, Südostasien-Experte und Chefberater am “Center for Strategic and International Studies” in Washington, warnt jedoch vor möglichen geopolitischen Konsequenzen einer intensiven Rohstoffausbeutung im Indischen Ozean: "Es ist zu erwarten, dass die unerschlossenen offshore-Reserven gigantisch sind. Dies könnte den Wettbewerb um Explorationsrechte in Myanmar weiter anheizen, Spannungen im Seeverkehr verschärfen und zu Konflikten zwischen den Anrainerstaaten führen."

Myanmar in der Ressourcenfalle?

Neben den Auswirkungen der bevorstehenden Rohstoffausbeutung auf die lokale und internationale Geopolitik warnen Analysten auch vor einer möglichen "Ressourcenfalle"; eine These, nach der gerade rohstoffreiche Entwicklungsländer paradoxerweise arm, korrupt und undemokratisch bleiben.

Myanmar läuft Gefahr, diese These zu bestätigen: auch wenn der Erdöl- und Erdgassektor der bedeutendste Wirtschaftszweig des Landes ist, hat dennoch nur knapp ein Viertel der Bevölkerung Zugang zur Elektrizität. Jahrzehntelange Misswirtschaft und Korruption unter der Militärregierung wirken bis heute nach. Immer häufiger protestiert die Bevölkerung gegen den Export von Erdgas und Erdöl ins Ausland.

Für David Allan, Chemieingenieur und Berater für nachhaltige Entwicklung in Myanmar, tragen insbesondere die Rohstoffkonzerne eine große Verantwortung für die Entwicklung des Energiesektors in Myanmar: "Anstatt nur den aktuellen Regelungen zu folgen, müssen die Ölfirmen sich eingehend mit nachhaltigen Strategien auseinandersetzen“, sagt er. Probleme im Zusammenhang mit Ressourcenabbau könnten verhindert werden, wenn die Bevölkerung auch in Entscheidungsprozesse miteinbezogen würde. In der Vergangenheit waren zahlreiche Rohstoffprojekte in Myanmar aufgrund von Menschenrechtsverletzungen und massiven Umweltschäden in die Kritik geraten. "Zudem ist es wichtig, die Transparenz des Staatsbudgets zu verbessern und Korruption in allen Sektoren zu verringern", so Allan. Informationen zu Einnahmen aus dem Verkauf von Erdöl und Erdgas müssten daher von der Regierung offengelegt werden. Myanmars Antrag auf Mitgliedschaft bei der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) sei bereits ein Schritt in die richtige Richtung.

Bei einem Großteil der Bevölkerung kommen die Gewinne aus dem Rohstoffexport nicht anBild: picture-alliance/dpa

"Allerdings reicht die Veröffentlichungen der Einnahmen allein nicht aus", betont Rainer Einzenberger. Es müsse auch sichergestellt werden, dass das Geld nachhaltig und sinnvoll investiert wird, vor allem in Bildung und Gesundheit. Letztendlich entscheidet also sowohl der Reformwille der Staatsregierung, als auch die Vorgehensweise der Energiekonzerne darüber, ob der Ressourcenfluch weiter an Myanmar haften wird oder nicht.

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