Energiewende sucht Struktur
7. März 2013Im frühlingsgrünen Blazer trat Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Arbeitstreffen mit Ministern, Gewerkschaften, Wirtschaft und Verbänden vor die Presse. Von frühlingshaftem Aufbruchsgeist war auch ihre zentrale Aussage geprägt: "Wir haben eine Arbeitsstruktur gefunden, auf die wir aufbauen können." Dazu gehören vier Plattformen für den gesellschaftlichen Diskurs, jährliche Steuerungstreffen mit Ministern und Organisationen, halbjährliche Bund-Länder-Treffen und ein jährlicher Monitoring-Bericht, wie Merkel aufzählte.
Die Kanzlerin wirkte zufrieden, obwohl sie noch nichts über den tatsächlichen Stand der Energiewende gesagt hatte - das überließ sie später ihren Ministern. Ihre Rolle versteht die studierte Physikerin primär als die einer Chef-Controllerin der Prozesse, was vor allem Folge des schlechten Starts der Energiewende im Jahr 2011 ist. Merkel hatte nach dem glücklosen Agieren ihres früheren Umweltministers Norbert Röttgen die Hoheit über die Energiewende zu sich ins Kanzleramt verlagert.
Geteilte Aufgaben
Doch auch die anwesenden drei Bundesminister beließen es dabei, die Bedeutung der Energiewende zu betonen und ihre aktuellen Aufgaben zu referieren. Beim Netzausbau sei man im Zeitplan, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Und im Sommer werde es, wie bereits bekannt, einen Vorschlag zum Nebeneinander von Erneuerbaren Energien und konventionellen Kraftwerken geben. Rösler lobte zudem die Bereitschaft der Umweltverbände, einen schnelleren Netzausbau zu unterstützen. Es werde eine Klärungsstelle eingerichtet, um Klageverfahren zu verkürzen.
Peter Ramsauer, zuständig für Bau- und Raumordnung im Bund, lobte die Fortschritte bei der Gebäudesanierung und der Vermehrung der Windräder in Deutschland.
Altmaier: Reform wird kommen
Bundesumweltminister Peter Altmaier hatte Zahlen parat, wonach die Erneuerbaren Energien inzwischen mehr Strom liefern können als die Kernkraft es in der Vergangenheit tat. Der CDU-Politiker wiederholte seine Forderung nach einer grundlegenden Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes. Sein Eindruck nach dem Arbeitstreffen sei, dass ihn auch die dabei zu Wort gekommenen Industrieverbände, Gewerkschaften und Umweltverbände unterstützen würden.
Der Deutschen Welle sagte Altmaier, dass das Erneuerbaren-Energien-Gesetz zukünftig nicht nur deren Ausbau fördern solle, sondern auch Steuerungselement für die Markt-Integration sein müsse. Zur Diskussion um immer teurer werdenden Strom, sagte Altmaier, er hoffe, dass seine Vorschläge für eine Strompreis-Bremse bereits Ende März, also beim nächsten Bund-Länder-Gipfel zur Energiewende, beschlossen werden können. Sie sollen einen Umfang von 700 Millionen Euro haben.
Der Präsident des Deutschen Naturschutzringes, Hartmut Vogtmann, deutete ein Thema an, das auch Folge der Energiewende ist: der Schutz der Biodiversität. Vogtmann führte das Thema allerdings nicht näher aus. Der wachsende Unmut vieler Bürgerinitiativen in Deutschland über die "Verspargelung" der Landschaft mit Windrädern wurde nicht thematisiert.
Streit um Rabatte
Man habe offen und wenig aggressiv über die Energiewende gesprochen worden, hieß es am Rande des Treffens. Über eventuelle Meinungsverschiedenheiten oder aktuelle Problem klang wenig nach außen.
Zu einem aktuellen Streitpunkt aber musste die Regierung dann doch Stellung beziehen: Deutschland führte 2011 niedrigere Strompreise für Unternehmen ein, die besonders viel Energie verbrauchen. Bezahlt wird die Lücke von den normalen Bürgern. Dazu hat die EU-Kommission ihre Bedenken angemeldet. "Wir sind mit der Kommission in einem sehr intensiven Gespräch", sagte Merkel dazu. Ein Verfahren dazu läuft auch an einem deutschen Gericht, das am Mittwoch die Befreiung für nichtig erklärt hatte. Merkel und Rösler kündigten nun an, die Regelung überarbeiten zu wollen. Im Gespräch soll eine gestaffelte Zahlung sein. Wie es heißt, sollen aber auch dann 80 bis 90 Prozent der Kosten erlassen werden.
Kritik kam nach dem Gespräch im Kanzleramt von den Grünen: "Die Merkel-Koalition hat aus dem Gesetz für erneuerbare Energien eine Subventionsmaschine für ihre Wirtschaftsklientel gemacht", sagte Fraktionschef Jürgen Trittin. Die Bürger würden einseitig belastet.