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Enorme Schulden trotz Sparen

23. November 2010

Vor dem Hintergrund der großen Euro-Krise möchte Deutschland Vorbild sein und sparen. In dieser Woche berät der Bundestag abschließend den Haushalt fürs kommende Jahr. Aber der sieht trotz Sparen Rekordschulden vor.

Paket mit Bundesadler, gefüllt mit Euroscheinen (Foto: Fotolia)
Mehr Steuereinnahmen - und trotzdem SchuldenBild: Fotolia/Dan Race

Grau hängen die Regenwolken über Berlin und grau ist auch die Stimmung. Draußen vor den Türen des Reichstagsgebäudes sind es die Terrorwarnungen, die für erhöhte Aufmerksamkeit und massive Sicherheitsvorkehrungen sorgen. Drinnen im Plenum ist es die Finanz- und Wirtschaftskrise, die immer noch nachhallt. Irlands Ruf nach Finanzhilfen, die Flucht unter den Euro-Rettungsschirm, sie hat auch Folgen für Deutschland und damit für den Bundeshaushalt, sagt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Deutschland sei eingebunden in ein schwieriges internationales, auch europäisches Umfeld. "Es steht unsere gemeinsame Währung auf dem Spiel." Dafür, so Schäuble weiter, müssten die Deutschen Verantwortung übernehmen.

Schwere Zeiten für den Bundestag: Terrorwarnung und SparzwängeBild: AP

Mit Verantwortung meint Schäuble aber nicht nur die Milliardenhilfen für das angeschlagene Irland. Viel sei auf der internationalen Bühne darüber diskutiert worden, ob man "zu hohe Defizite in den öffentlichen Haushalten und zu viel Liquidität an den Finanzmärkten maßvoll beseitigen und bekämpfen" könne, ohne das Wachstum zu zerstören. "Das ist Anfang des Jahres noch bestritten worden", so der Finanzminister. Mittlerweile aber sei Deutschland nicht nur Europas Wachstumslokomotive, sondern ein Modell dafür, dass ein Staat mit einer soliden Finanzpolitik auf den richtigen Weg zurückfinden könne.

Neue Rekordverschuldung

Einen Weg, den die Bundesregierung mit dem Bundeshaushalt für 2011 fortsetzen will. Im kommenden Jahr sollen mit 305,8 Milliarden Euro rund 14 Milliarden Euro weniger ausgegeben werden als in diesem Jahr. Da die Einnahmen, zum Beispiel aus Steuern, aber nicht ausreichen, müssen trotzdem weiterhin neue Schulden gemacht werden. Geplant sind 48,4 Milliarden Euro.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble: Sparen für den EuroBild: AP

Viel zu viel, sagt die Opposition. Die bis dato höchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland lag dem Finanzministerium zufolge bei 40 Milliarden Euro im Jahre 1996. SPD, Grüne und Linke kritisieren, dass die gute Konjunktur, Steuermehreinnahmen und die bessere Lage am Arbeitsmarkt nicht genutzt würden, um die Verschuldung stärker abzubauen. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Carsten Schneider wirft der Regierung vor, Kredite in einer Art "Kriegskasse" zu sammeln, um kurz vor der nächsten Bundestagswahl die Steuern senken zu können. Man habe den Bundesrechnungshof, die Bundesbank und den Sachverständigenrat gebeten, zum Haushaltsentwurf Stellung zu nehmen, so Schneider. Und die kämen alle drei einhellig zu dem Ergebnis: "Nein, hier wird getrickst!" Es wären weniger als 48,4 Milliarden Euro Neuschulden nötig.

Opposition hält Haushaltsplan für unsozial

Sparen heißt für die Opposition allerdings nicht, dass weniger ausgegeben werden soll. SPD, Grüne und Linkspartei kritisieren vor allem die Kürzungen im Arbeits- und Sozialetat, der mit über 130 Milliarden Euro nach wie vor der größte Haushalts-Posten ist. Das sind zehn Prozent weniger als in diesem Jahr. Die Regierung kürze und streiche bei den sozial Schwachen, kritisiert der Vizefraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch. "Sie spielt die Armen gegen die noch Ärmeren aus und schont auf der anderen Seite die Vermögenden und diejenigen, die von der Krise profitiert haben und die jetzt schon wieder profitieren." Für Bartsch alles andere als akzeptabel.

Sind die Verlierer des neuen Bundeshaushalts, sagt die OppositionBild: picture-alliance / KPA

Stattdessen müsse der Spitzensteuersatz auf über 50 Prozent erhöht, und eine sogenannte Reichensteuer eingeführt werden. Bei den Liberalen stoßen solche Forderungen auf Empörung. Schon jetzt, so rechnet der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Otto Fricke vor, werde mehr als die Hälfte des Bundeshaushalts für soziale Zwecke ausgegeben: 51,7 Prozent. Mehr als jemals unter der Regierung aus SPD und Grüne, so Fricke.

Die Sparpolitik der Regierung zu kritisieren, andererseits aber immer mehr Geld für zahlreiche Bereiche zu verlangen, wie es die Opposition tue, das sei bigott, so Fricke. Die Regierungskoalition müsse jetzt die Verschuldung abbauen, die elf Jahre lang SPD-Finanzminister aufgebaut hätten. "Und wir machen das", versichert Fricke.

Autor: Sabine Kinkartz
Redaktion: Jutta Wasserrab

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