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Gesellschaft

Entschädigung für Missbrauch bei den Domspatzen

12. Oktober 2016

Allein die Zahlen, die der Zwischenbericht zu den sexuellen und körperlichen Misshandlungen auflistet, sind erschreckend. 422 Opfer haben sich bislang aus den Reihen des Regensburger Knabenchors gemeldet.

Regensburger Domspatzen Chor
Bild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

Die Vorgänge gehörten zu den "bedrückendsten Erfahrungen und schwersten Lasten meiner Amtszeit", sagte der Bischof von Regensburg, Rudolf Voderholzer, bei der Vorstellung eines ersten Zwischenberichts des Aufarbeitungsgremiums. Die Vorfälle täten ihm in der Seele weh, aber er könne sie nicht ungeschehen machen. "Ich kann nur um Vergebung bitten." Das Aufarbeitungsgremium, dem neben dem Bischof auch der Domspatzen-Internatsdirektor Rainer Schinko sowie die Vertreter der Betroffenen angehören, hatte sich laut Voderholzer seit dem Frühjahr acht Mal getroffen. Seitdem hätten sich 129 weitere Opfer gemeldet. Insgesamt seien es nun 422.

Ausmaß und Schwere unterschätz

Der Bischof trat erstmals gemeinsam mit Betroffenen in der Öffentlichkeit auf. Er rief mögliche weitere Opfer auf, sich zu melden und Hilfsangebote wahrzunehmen. Voderholzer, der seit Januar 2013 in Regensburg im Amt ist, bedauerte zugleich, dass frühere Versuche einer Selbstkorrektur zur Aufklärung der Prügelangriffe und des sexuellen Missbrauchs "zu wenig wirksam" gewesen seien. Auch seien Ausmaß und Schwere der durch nichts zu rechtfertigenden Übergriffe auf die Kinder unterschätzt worden, erklärte der Bischof.

Bischof Voderholzer bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit den OpfervertreternBild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

Das Aufklärungsgremium stellte weitere Maßnahmen für eine "effektive und nachhaltige Aufklärung" der Fälle vor. Demnach wurde eine unabhängige Anlaufstelle für Opfer bestimmt, außerdem wurden zwei Studien in Auftrag gegeben. Schließlich soll ein sogenanntes Anerkennungsgremium bis Ende 2017 über die Schwere der Fälle und die Höhe von Geldzahlungen entscheiden. Der Höchstsatz liege bei 20.000 Euro.

Vergewaltigung und Schläge mit dem Schlüsselbund

Die Opfervertreter zeigten sich mit dem Ergebnis zufrieden. "Wir traten an mit einem Forderungskatalog, der bewusst sehr hoch angesetzt war - nach heutigem Stand wissen wir, dieser Forderungskatalog ist erfüllt." Dies sei ein Ergebnis, "von dem wir jahrelang geträumt haben".

Bei dem weltberühmten Knabenchor der Regensburger Domspatzen kam es zwischen 1953 und 1992 in Hunderten Fällen zu körperlicher und sexueller Gewalt. Neben dem Aufklärungsgremium untersucht seit Mai 2015 der Rechtsanwalt Ulrich Weber im Auftrag des Regensburger Bistums die Übergriffe. Der unabhängige Sonderermittler sprach in seinem Zwischenbericht von einem "System der Angst", das jahrzehntelang in den Einrichtungen der Domspatzen geherrscht habe. 

Ulrich Weber kümmert sich um die juristische Aufklärung der Missbrauchs-FälleBild: picture-alliance/dpa/A. Weigel

Nach seinen Recherchen reichten die sexuellen Übergriffe von Streicheln bis zu Vergewaltigungen. Viele Kinder hätten von Prügeln und Schlägen mit Rohrstock, Schlüsselbund oder Siegelring berichtet.

Was wusste Chorleiter Georg Ratzinger?

Seinen Abschlussbericht will der Jurist im kommenden Jahr vorlegen. Spannend ist unter anderem die Frage, was der ehemalige Leiter der Domspatzen und Bruder von Ex-Papst Benedikt, Georg Ratzinger, von den Übergriffen gewusst hat. Ratzinger streitet jedes Wissen ab.

Die Regensburger Domspatzen sind Deutschlands ältester Knabenchor. Sie blicken auf eine mehr als 1000-jährige Geschichte zurück. Seit 1994 leitet der Nicht-Geistliche Roland Büchner die Regensburger Domspatzen, die aus Knaben und jungen Männern bestehen. Zu dem Chor gehören auch eine Schule und ein Internat.

cw/uh (kna, epd, dpa)

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