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Politik

Enttäuschung in Bethlehem

Miriam Dagan
23. Mai 2017

Donald Trump trifft sich mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Bethlehem. Darauf sind zahlreiche Palästinenser stolz. Aber die Geburtskirche besuchte der US-Präsident nicht. Ein Affront?

USA Trump Besuch in Bethlehem
Bild: Reuters/J. Ernst

Enttäuschung in Bethlehem: Trump war zwar hier, aber viele Palästinenser empfinden seinen Besuch als zu kurz und als rein symbolisch. "Nur 15 Minuten hier – in Saudi Arabien war er drei Tage! Dort ist eben das Geld", sagt der Inhaber eines Restaurants auf der Krippenstraße, gleich um die Ecke von dem Abbas-Hauptquartier, wo das Treffen stattgefunden hat. Es ist die Straße, die zur Geburtskirche Jesu führt.

Frisch gestrichen für den Gast

Die Straßenmarkierungen leuchten weiß -  gestern erst sind sie frisch gestrichen worden. Eigentlich sollte der US-Präsident hier entlang fahren, doch die angekündigte Besichtigung der Geburtskirche findet dann doch nicht statt. "Für Trump streichen sie die Straßen. Für uns hätten sie das nie gemacht", ereifert sich ein Restaurantbesitzer.

Selbst die Zebrastreifen wurden für Trumps Besuch neu gepinseltBild: DW/M.Dagan

Enttäuschung, dass Trump nur einen kurzen Zwischenstopp einlegt

Viele Bewohner Bethlehems empfinden es zudem als Affront, dass Trump die Klagemauer besucht hat, aber die Geburtskirche ausfallen lässt. Die Stadt hat zwar eine mehrheitlich muslimische Bevölkerung und eine christliche Minderheit von unter 30 Prozent - aber sie alle hatten zumindest damit gerechnet. dass Trump die bekannte Kirche besichtigt.

Dass der amtierende US-Präsident vermitteln wird oder gar Frieden schaffen kann, glaubt hier fast keiner. "Trump wird nichts verändern, alle US-amerikanischen Präsidenten sind gleich", glaubt Khaled Ahmad, Besitzer eines Souvenirgeschäfts. Ein anderer Verkäufer stimmt ein: "Die Amerikaner unterstützen die Israelis, nicht uns". Ein palästinensischer Journalist, der namentlich nicht genannt werden will, findet, Trump spreche nicht genug mit den Palästinensern selbst: "Er will die arabischen Nachbarn mit einbinden, aber das ist nicht gut für uns. Die anderen Konflikte in dieser Region haben nichts mit uns zu tun. Ich mache mir überhaupt keine Hoffnungen."

Donald Trump trifft Palästinenserpräsident Mahmud AbbasBild: Reuters/M. Torokman

Viele Palästinenser unterstellen Trump Parteilichkeit

Laut dem Nahostexperten des israelischen Senders i24, Mohammad Alkassim, sind die Palästinenser in Bezug auf Trump gespalten: "Der Besuch der Klagemauer hat viele negativ überrascht, aber trotzdem herrscht bei einigen vorsichtiger Optimismus. Denn allein, dass Trump hierhin kommt, impliziert schon, dass er die Souveränität der Palästinenser im Westjordanland anerkennt". Die Hamas allerdings sieht das anders. Auf die Rede von Trump in Riad, in welcher der US-Präsident die Hamas als Terrororganisation beschrieben hat, antwortete der Sprecher: „Das zeigt die Parteilichkeit der Amerikaner zugunsten der zionistischen Besatzung."

Die nüchterne Stimmung unter den Bewohnern von Bethlehem spiegelt sich auch im Straßenbild wider. Die Stadt ist kaum festlich geschmückt - von amerikanischen Fahnen, wie sie in Jerusalem zu sehen sind, findet sich keine Spur. Nur ein großes Begrüßungsplakat ist an der Zufahrtsstraße aufgehängt. Die Inschrift, "Die Stadt des Friedens begrüßt den Mann des Friedens" klingt fast ein bisschen zynisch. Die Zufahrtsstraße von Jerusalem nach Bethlehem ist am Eingang zur Stadt schwer bewacht. Alle paar Meter stehen schwer bewaffnete, palästinensische Polizisten, an mehreren Checkpoints werden Fahrzeuge kontrolliert. Für den Besuch hat die palästinensische Autonomiebehörde rund 2000 Einsatzkräfte zusammengetrommelt.

Hungerstreik gegen bessere Haftbedingungen

Manche auf dem Krippenplatz spekulieren, Trump habe die Geburtskirche nicht besuchen wollen, weil es keine guten Fotos gegeben hätte. Denn aus Solidarität mit palästinensischen Häftlingen in Israel findet vor der Kirche eine Demonstration statt – mit Fotowand, Plakaten, und einer großen Puppe in einem Käfig. Schätzungsweise hundert Demonstranten sind gekommen, darunter auch Frauen und Mütter der Häftlinge. Sie verlangen bessere Besuchsmöglichkeiten in den Gefängnissen und mehr Telefonate mit den Häftlingen. "Mein Mann ist seit 24 Jahren im israelischen Gefängnis," erzählt Samira Salahat, eine Demonstrantin. "Die Israelis sagen, er sei ein Terrorist, aber er hat nur Steine geworfen." 

Proteste vor der Geburtskirche in BethlehemBild: DW/M.Dagan

Am Montag hat die palästinensische Kommission für die Angelegenheiten der Gefangenen aus Solidarität mit den Häftlingen zu einem Generalstreik aufgerufen. Am Dienstag rief die gleiche Organisation zu einem „Tag des Zorns" auf, damit US-Präsident Trump die „Stimme der Häftlinge erhört." Selbst wenn bei dem Streik eine Einigung erzielt werden sollte, heißt das lange nicht, dass Abbas und Netanyahu sich zusammensetzen werden. Und ob Abbas dem US-Präsidenten den Brief überreicht hat, den die Familien der Gefangenen ihm für Trump mitgegeben hatten – auch dieses Detail bleibt zweifelhaft.

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