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Doch kein Krebs durch Kaffee

Brigitte Osterath15. Juni 2016

Kaffeetrinker können aufatmen: Die Weltgesundheitsorganisation sieht entgegen früheren Berichten keine Hinweise darauf, dass Kaffee Krebs erzeugen kann. Es sei denn, er ist sehr heiß.

Kaffee Foto: Zan Valerii / Colourbox
Bild: Zan Valerii/Colourbox

Noch nicht gewusst? Kaffee stand im Verdacht, "möglicherweise krebserregend" zu sein und Harnblasenkrebs auszulösen. Die Internationale Krebsforschungsagentur IARC, die der Weltgesundheitsorganisation angegliedert ist, war im Jahr 1991 zu diesem Schluss gekommen.

Wer das bisher nicht wusste, kann es getrost wieder vergessen und seinen Kaffee genießen. Denn nachdem die IARC die aktuellen Forschungsdaten erneut gesichtet hat, gibt sie Entwarnung: Ein erhöhtes Krebsrisiko durch Kaffee lasse sich derzeit wissenschaftlich nicht belegen. Die IARC betont allerdings, die Einstufung bedeute nicht, dass Kaffeekonsum sicher sei, sondern lediglich, dass die vorhandenen Daten keine Schlüsse erlaubten.

Studien, die damals Kaffee mit erhöhtem Blasenkrebs in Verbindung brachten, hätten eines nicht berücksichtigt, heißt es von Seiten der IARC: Menschen, die viel Kaffee trinken, rauchten eher. Tabak steigert das Risiko für viele Krebsarten deutlich, auch für Blasenkrebs. Dadurch war bei früheren Studien der Eindruck erstanden, Kaffee könnte Krebs erzeugen. Am Ende ist es aber mal wieder das Rauchen.

Die Experten der IARC haben für ihrem neuesten Bericht etwa 500 Ernährungsstudien mit Menschen und ähnlich viele Tier- und Laborversuche gesichtet. Ihre Schlussfolgerungen erscheinen im Fachjournal "Lancet Oncology".

Kaffee senkt Krebsgefahr sogar

Und noch eine erfreuliche Nachricht für alle Kaffeetrinker: Die IARC sieht Hinweise darauf, dass Kaffeekonsum sogar vor einigen Krebsarten schützen kann. Heiner Boeing, Leiter der europäischen Krebs- und Ernährungsstudie (EPIC) am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke bestätigt das: "Bei Brust-, Magen- und Leberkrebs haben wir ein abgesenktes Risiko mit steigendem Kaffeekonsum gesehen. Diese Beziehung war bei Leberkrebs besonders deutlich."

Krebsforscher vermuten, dass die Inhaltsstoffe von Kaffee in den Leberstoffwechsel eingreifen und dort schützende Wirkung entfalten können. "Nach derzeitiger epidemiologischer Datenlage spricht ganz klar nichts gegen einen hohen Kaffeekonsum. Wir gehen derzeit eher von positiven Effekten aus."

Zu heiß kann gefährlich sein

Entwarnung gibt es zwar für den Kaffee und seine Inhaltsstoffe an sich - aber dem schließt sich eine Warnung an: Sehr heiße Getränke - egal ob Kaffee, Tee oder Wasser - erhöhen wahrscheinlich die Gefahr für Speiseröhrenkrebs - allein aufgrund ihrer Temperatur. Dies gelte vermutlich für Getränke, die über 65 Grad Celsius heiß sind, sagte der IARC-Chefepidemiologe Dana Loomis auf einer Pressekonferenz.

"Heiße Getränke können zu Verletzungen und Schädigungen der Speiseröhre führen und damit auch das Risiko von Krebs erhöhen", sagt Gunter Kuhnle, Associate Professor, Food and Nutritional Sciences, University of Reading. "Insbesondere Mate wird oft sehr heiß und kontinuierlich getrunken. Dies könnte das Krebsrisiko beeinflussen." Es lohnt sich also, seinen Tee ein paar Minuten länger abkühlen zu lassen.

Mate-Tees: besonders beliebt in ArgentinienBild: cc-by-sa/Oskari Kettunen

Im Jahr 1991 hatte die IARC Mate-Getränke als "wahrscheinlich krebserregend" eingestuft, wegen "begrenzter Hinweise für Kanzerogenität beim Menschen und "ausreichender Hinweise" bei Tierversuchen. Mate-Produkte, die als Kaltgetränke auch in Deutschland beliebt sind, werden aus dem in Südamerika verbreiteten Matestrauch gewonnen.

Die erneute Auswertung zeigt: Dass sich Speiseröhrenkrebs in Teilen Südamerikas häuft, geht wohl nicht auf Mate an sich zurück, sondern darauf, dass das Getränk dort meist extrem heiß konsumiert wird.

Auch in anderen Weltregionen, in denen Menschen Tee sehr heiß trinken, etwa in Zentral- und Ostasien sowie Ostafrika, entwickeln auffällig viele Menschen Tumore der Speiseröhre.

Die Rolle der IARC

Die Internationale Krebsforschungsagentur führt keine eigenen Experimente zur Krebsgefahr von Substanzen durch. Sie begutachtet lediglich die vorhandene Fachliteratur zu Experimenten, die andere Forscher weltweit durchgeführt haben und zieht daraus ihre Schlussfolgerungen. Anschließend stuft sie die Substanzen in Kategorien ein. Diese geben an, wie sicher die Datenlage in Bezug auf die Krebsgefährlichkeit der Substanz ist.

Im Oktober 2015 hatte die IARC Würstchen, Speck und andere Fleischprodukte als sicher krebserregend eingestuft. Damit landeten diese Lebensmittel zusammen mit dem Rauchen in Kategorie 1. "Das bedeutet jedoch nicht, dass der Konsum von Fleischwaren ebenso gefährlich ist wie das Rauchen, sondern nur, dass die Datenlage in beiden Fällen zuverlässig und eindeutig ist", betont Gunther Kuhnle.

Letztes Jahr stufte die IARC Wurst als krebserregend einBild: Colourbox

Die Kategorie sagt nichts über die Gefährlichkeit der Substanz aus, also wie stark krebserregend sie ist. Das wird oft missinterpretiert. Rauchen ist viel gefährlicher als Fleisch - und mit Sicherheit auch gefährlicher als heiße Tees.

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