Epstein-Skandal: "Für Donald Trump gelten andere Regeln"
27. Oktober 2025
Der Fall Jeffrey Epstein lässt Donald Trump einfach keine Ruhe. Der ehemalige Investmentbanker Epstein hatte über Jahre hinweg unzählige Mädchen und junge Frauen sexuell missbraucht und sie an Freunde und Geschäftspartner "weitergegeben". Der Skandal zog enorme Kreise in der US-amerikanischen High Society. 2019 starb Epstein unter fragwürdigen Umständen in einem New Yorker Gefängnis.
Mehr als sechs Jahre später ist die Affäre zu einem veritablen Problem für den US-Präsidenten geworden. Immer lauter werden die Forderungen an Trumps Justizministerium, die sogenannten "Epstein Files" vollständig zu veröffentlichen. Zwar sind einige der Akten bereits öffentlich zugänglich, doch selbst in ihnen sind einige Inhalte geschwärzt. Überlebende von Epsteins Missbrauch fordern, dass alles, was den Justizbehörden bekannt ist, der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird: Alle, die Teil von Epsteins Missbrauchs- und Menschenhandelsnetzwerk waren und sich an dem Missbrauch und den Vergewaltigungen beteiligt haben, sollen zur Rechenschaft gezogen werden.
Trump war erwiesenermaßen in den 1990er Jahren mit Epstein befreundet, das zeigen Fotos und Videoaufnahmen. Noch 2002 nannte Trump Epstein einen "großartigen Mann" und sagte über ihn: "Es wird sogar erzählt, dass er schöne Frauen genauso mag wie ich. Und viele von denen sind eher von der jüngeren Sorte." Kurz darauf distanziert er sich allerdings von Epstein - noch bevor die Missbrauchsvorwürfe gegen den Finanzier bekannt wurden.
Trump hat indes seine eigene Geschichte mit Missbrauchsvorwürfen. Im Jahr 2023 wurde Trump in einem Zivilprozess zu einer Entschädigungszahlung in Millionenhöhe an die Autorin E. Jean Carroll verurteilt, weil eine Jury es als erwiesen ansah, dass er sie 1996 in einem Kaufhaus sexuell missbraucht und später verleumdet hatte.
Aktuell keine Epstein-Ermittlungen wegen Shutdown
Bemerkenswert ist: Sowohl demokratische Abgeordnete im US-Repräsentantenhaus als auch einige ihrer republikanischen Kolleginnen und Kollegen (also aus Trumps eigener Partei) fordern eine Abstimmung über den Epstein Files Transparency Act. In dem Gesetzesentwurf heißt es, das Justizministerium soll die vollständige Freigabe der Dokumente im Zusammenhang mit Epstein veranlassen.
"Die Kongressabgeordneten müssen sich entscheiden: Wollen sie weiter Sexualstraftäter schützen, oder schützen sie endlich die Opfer? Transparenz ist Gerechtigkeit", sagte Lisa Phillips, eine der Überlebenden, bei einer Kundgebung vor dem Kapitol im September 2025. "Geben Sie die Akten frei, beenden Sie die Geheimniskrämerei und stellen Sie sich an unsere Seite mit der Forderung, dass niemand, kein Milliardär, kein Politiker, kein Staatsoberhaupt über dem Gesetz stehen darf."
Dabei ist Trump nicht der einzige US-Präsident, der mit Epstein befreundet war. Auch der Demokrat Bill Clinton, von 1993 bis 2001 US-Präsident, war mit Epstein befreundet. Er schickte ihm im Jahr 2003 Grüße zum 50. Geburtstag und unternahm mit ihm und einigen Hollywood-Schauspielern 2002 eine Afrika-Reise - in Epsteins Privatjet. Wie Trump distanzierte sich Clinton später von Epstein. Doch auch Joe Biden, Clintons demokratischer Parteifreund, veröffentlichte die Unterlagen während seiner Präsidentschaft (2021 bis 2025) nicht.
Aktuell passiert gar nichts in der Epstein-Untersuchung. Das House Oversight Committee, der wichtigste Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses, ist, wie fast alle Organe der Regierung, wegen des Shutdowns lahmgelegt.
Neues Buch, neue Enthüllungen über Epstein
Dafür kommen Veröffentlichungen von anderer Seite. Am Dienstag erschien "Nobody's Girl", die Memoiren von Virginia Roberts Giuffre. Sie war eine der prominentesten Frauen, die von Epstein sexuell missbraucht wurden, und machte den Fall des vielfachen Sexualstraftäters einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Im April 2025 beging die da 41-Jährige Suizid. In ihrem Buch schreibt sie, Epstein habe Videoaufnahmen seiner "Klienten" besessen, die sie beim sexuellen Missbrauch von Mädchen und Frauen zeigen.
Das befeuert die Annahmen, dass eine sogenannte "Kundenliste" von Epstein unter den Unterlagen ist, die das Justizministerium noch nicht veröffentlicht hat. Selbst einige Anhänger von Trumps "Make America Again" (MAGA) Bewegung sind mittlerweile empört darüber, dass der Präsident, entgegen seiner eigenen Versprechen im Wahlkampf, noch nicht dafür gesorgt hat, dass alle Epstein-Ermittlungsunterlagen an die Öffentlichkeit gelangen.
"Für Donald Trump gelten einfach andere Regeln"
Verhindert Trump weitere Veröffentlichungen, weil sie ihm politisch schaden könnten? Bis alle Akten unabhängig überprüft werden können, ist es unmöglich, das zu beantworten. Aber zumindest zur Frage, wie Trump-Unterstützer auf mögliche Enthüllungen reagieren könnten, gibt es Einschätzungen.
"Viele Demokraten hoffen, dass die Epstein Files Donald Trump stürzen können", sagt Ines Pohl, Leiterin des DW-Studios in Washington. "Diese Annahme deckt sich aber nicht mit meinen Erfahrungen vor Ort. Sicherlich halten auch die allermeisten Republikaner und Trump-Unterstützer Epstein für einen schändlichen Verbrecher. Aber für Donald Trump gelten einfach andere Regeln."
Pohl hat schon viele Amerikanerinnen und Amerikaner zu ihrer Meinung über die Epstein-Akten und eine mögliche Involvierung Trumps interviewt. Die Antwort, die sie von Unterstützern des Präsidenten dabei am häufigsten hört, zeugt von deren starker Ablehnung des politischen Establishments und unerschütterlicher Treue gegenüber "ihrem" Präsidenten": "Ganz Washington hat Dreck am Stecken, warum soll da ausgerechnet Donald Trump zur Rechenschaft gezogen werden?"
Janelle Dumalaon in Washington und Thomas Latschan haben zu diesem Artikel beigetragen.
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