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Musik

ESC - der "Blaue Teppich"

7. Mai 2018

Traditionell laufen die Teilnehmer zur Eröffnung des ESC über den Roten Teppich. In Lissabon aber ist er blau. DW-Reporterin Silke Wünsch stand am Rand und hat die Stars nicht nur zum Singen gebracht...

Eleni Foureira
Bild: DW/S. Wünsch

"All Aboard" - Alle an Bord - ist das Motto des Eurovision Song Contest in Lissabon. Die Stadt am Atlantik hat viele berühmte Seefahrer und Entdecker hervorgebracht - und so steht das Design des diesjährigen ESC ganz im Zeichen von Wasser, Meer und Nautik. Die Künstler, die sich hier in den kommenden Tagen präsentieren, liefen zur Eröffnung denn auch standesgemäß am Ufer des Tejo - dem Fluss, der sich bei Lissabon ins Meer ergießt - entlang. Im Hintergrund dümpeln Boote auf dem Wasser, zwei mächtige Viermaster segeln vorbei. Bei so einem Setting haben sich die portugiesischen Veranstalter gesagt: Dieses Jahr ist der Teppich blau. 

Und so defilieren die Künstler im Licht der Abendsonne (im Bild: Eleni Foureira aus Zypern) an Hunderten Fans, Bloggern und Presseleuten vorbei, machen Witze, geben kurze Interviews und singen auch Stücke aus ihren Songs. Wie die Ethno-Jazz-Band Iriao aus Georgien:

Die meisten Künstler sind gut gelaunt, präsentieren sich im feinsten Fummel, lächeln bereitwillig in die Kameras - oder kämpfen mit dem aufkommenden Abendwind, wie der deutsche Teilnehmer Michael Schulte.

Bis auf die Sache mit den Haaren scheint "unseren" Michael nichts aus der Ruhe zu bringen. Er ist freundlich, wirkt sehr souverän und hat sicherlich auch schon mitbekommen, dass das, was er bisher bei den Proben gezeigt hat, auf allgemeine Anerkennung stößt. Seit Sonntag ist klar, dass er am Finalabend in der Mitte der ersten Hälfte auftreten wird - an so einer Startposition ist es mit einem ruhigen Song wie seinem immer schwierig, dem Publikum im Gedächtnis zu bleiben. Sein toll designter Auftritt soll es aber wieder wettmachen. Für seine Fans hat Schulte noch ein kleines Bonbon vorbereitet, das unter diesem Link zu finden ist.

Als die israelische Favoritin Netta in einem voluminösen Brautkleid vorbei schwebt, gibt es allgemeines Raunen und Klatschen; Netta ist einfach eine Erscheinung.

Bereitwillig gibt sie Interviews - und das nicht zu knapp. Uns sagt sie auf die Frage, wie sie mit ihrer Favoritenrolle klarkommt, dass sie früher schon immer ein Underdog gewesen sei und sich jetzt sehr freue. "Ich mache das, was mein Herz mir sagt. Ich überwinde Grenzen, und ich glaube fest, dass das der Weg ist, wie wir Dinge angehen sollten. Das gilt für alle, für Menschen, Völker und auch Künstler." Immer weiter solle man gehen, meint die Sängerin, denn wenn man immer auf der gleichen Stelle trete, werde nie etwas passieren. 

Das haben sich vielleicht auch die Ungarn gedacht, als sie die Metal-Punk-Band "AWS" zum ESC-Kandidaten für ihr Land machten. Ein ziemlich untypischer Song für einen Eurovision Song Contest - das wird so manchen im Publikum und vor dem Fernseher die Ohren wegblasen. Dass die Band eigentlich zu einem ganz anderen Event passt, haben die fünf Jungs mal kurz klar gemacht:

Also: Man sollte sich nicht vom Äußeren blenden lassen. Denn die fünf haarigen Typen, die aus Dänemark nach Lissabon gekommen sind, sehen zwar aus wie waschechte Metalheads, sind sie aber nicht. Sänger Rasmussen und seine Bandmitglieder bringen eher eine nebelig-düstere Wikingerfolklore auf die Bühne. Aber ganz witzlos sind die Jungs nicht:

Als dann der norwegische Kandidat Alexander Rybak vorbeikommt, sind alle ganz aufgeregt. Er ist der ESC-Sieger von 2009, also ein ganz erfahrener Veteran. Leider gibt er sich auch so. Er bricht Interviews ab, weil er einen Schluck Wasser braucht, übersieht andere Journalisten, die ihn ansprechen, wird von seiner Teamleiterin beschützt. Ganz der Star? Wir versuchen mehrmals an ihn ranzukommen, keine Chance, nur ein Gruppenfoto. Immerhin lächeln alle.

Nach vier Stunden sind alle durchgekommen - langsam wird es kalt und immer windiger am Ufer des Tejo. Die Sonne ist längst untergegangen, am Ende des Blauen Teppichs wartet ein riesiges durchsichtiges Zelt auf die Künstler und ihre Anhängsel. Dort stimmt man sich mit Drinks und Büffet auf die kommende Woche in Lissabon ein. Für die Künstler wird es eine harte Zeit; sie, die schon einige Proben hinter sich haben, müssen noch drei mal ihren Gig proben, bis sie am Dienstagabend beim ersten Semifinal auftreten; das Gleiche gilt für die Teilnehmer des zweiten Semifinals am Donnerstag. Wer es ins Final schafft, muss die Show noch weitere drei Mal proben. Für lustige Szenen wie am Blauen Teppich wird dann nicht mehr viel Zeit sein.

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online
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