"Er ist der richtige Präsident"
7. November 2012Noch bevor Mitt Romney seine Wahlniederlage eingestanden hatte, äußerte sich Außenminister Guido Westerwelle als erstes deutsches Regierungsmitglied im ARD-Morgenmagazin. Westerwelle wurde von New York aus zugeschaltet, wo er zurzeit Gespräche bei den Vereinten Nationen führt. "Wir haben außenpolitisch sehr gut zusammengearbeitet", bilanzierte Westerwelle die erste Amtszeit des Wahlgewinners Barack Obama. "Und wir haben auch noch vieles gemeinsam vor." Nach den Wahlen in Russland und dem Ende der "Schwebephase in den USA" sollten beide Seiten nun die Gunst der Stunde für neue Abrüstungsimpulse nutzen, forderte Westerwelle.
Westerwelle rechnet nicht mit einer Fortsetzung der innenpolitischen Blockade in den USA. Viele Tea-Party-Anhänger seien nicht wiedergewählt worden, so der Außenminister. Deshalb sei nun "mehr Miteinander" möglich. "Es geht weiter in den USA, die Amerikaner sind optimistisch und werden jetzt nach vorne schauen."
Europa und die USA sollten gemeinsam für ein Ende der Schuldenpolitik einstehen, sagte der Außenminister zu den finanzpolitischen Herausforderungen beiderseits des Atlantiks. Das, was in Europa derzeit umgesetzt werde, nämlich eine strikte Haushaltskonsolidierung gekoppelt mit Wachstumsimpulsen, hätten die USA noch vor sich. Ein Weg, um Wachstum zu schaffen, sei mehr Freihandel zwischen beiden Kontinenten. Die Gespräche für eine Freihandelszone müssten deshalb schnell wieder aufgenommen werden, forderte Westerwelle.
Einladung von Merkel
"Ich gratuliere dem wiedergewählten US-Präsidenten Barack Obama ganz herzlich, wir kennen uns gut, ich freue mich auf die Zusammenarbeit auch im Blick auf die Festigung des transatlantischen Verhältnisses", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin vor der Presse. In ihrem am Mittwoch veröffentlichten Glückwunschschreiben hatte die Kanzlerin das gute Verhältnis beider Länder betont. "Wir haben in den vergangenen Jahren eng und freundschaftlich zusammengearbeitet", heißt es dort. Sie schätze die zahlreichen Begegnungen und Gespräche "außerordentlich".
Zudem sprach die Kanzlerin eine Einladung an Obama zu einem Deutschland-Besuch aus. Während seiner ersten Amtszeit hatte Präsident Obama der deutschen Hauptstadt nie einen offiziellen Besuch abgestattet.
"Europa muss raus aus der Schmollecke"
"Ich freue mich für Obama, dass er bleiben kann", sagte Frank-Walter Steinmeier, ehemaliger Außenminister und jetziger SPD-Fraktionsvorsitzender im Bundestag. "Er ist der richtige Präsident für die USA und hat das Potenzial, die unterschiedlichen Interessen, Schichten und Ethnien zusammenzuführen." Ein Präsident Mitt Romney hätte das ohnehin schon gespaltene Land weiter auseinander getrieben, so Steinmeier.
Die Erwartungen an Obama seien nun nicht mehr so "überirdisch" wie vor vier Jahren. Einiges sei auch schon geschafft worden, so Steinmeier. Die Gesundheitsreform sei schließlich eine kleine Revolution in den USA.
Europa müsse nun aus der "Schmollecke" heraus kommen und mehr für die transatlantischen Beziehungen tun. Die USA würden in Osteuropa keine Bedrohung mehr sehen und sich wirtschaftlich stärker im pazifischen Raum engagieren. "Wir haben ein Interesse daran, dass Europa wichtig bleibt und deshalb müssen wir auch mehr in die transatlantische Zusammenarbeit investieren."
Für einen engen Schulterschluss zwischen den USA und Europa sprachen sich auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und der designierte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück aus.
"Eine gute Nachricht"
Auch der Chef der Grünen in Deutschland, Cem Özdemir, freut sich über Obamas Wiederwahl. Sein Erfolg sei "eine gute Nachricht für uns Europäer". "Wir haben einen Partner in den USA, der die gleiche Sprache spricht wie wir“, sagte Özdemir. Eine Gratulation kam auch von den beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Renate Künast und Jürgen Trittin. Darin heißt es zur Interpretation des Wahlergebnisses: "Die Republikaner haben mit ihrer ideologischen Haltung zu Fragen wie Abtreibung und ihrer marktliberalen Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht punkten können."
"Das amerikanische Volk hat eine kluge Entscheidung getroffen", sagte der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi. Allerdings müsse Obama "nunmehr alle Versprechen einlösen, die er vor vier Jahren gemacht hat". Er hoffe, dass Obama auch gegenüber Iran und Syrien einen "Weg des Friedens geht", so Gysi. Dazu gehöre auch eine "Politik der Abrüstung, insbesondere bei Massenvernichtungswaffen". Eine wichtige Aufgabe Obamas zweiter Amtszeit bleibe die Lösung des Nahostkonflikts, forderte Gysi.
Der Koordinator der transatlantischen Beziehungen der Bundesregierung, der FDP-Politiker Harald Leibrecht, hofft, dass der US-Präsidenten mehr Mut bei Fragen des Klimaschutzes und der Abrüstung zeigt. "Obama kann sich in seiner zweiten Amtszeit entschlossener zeigen und wird das auch tun", sagte Leibrecht in einem Interview mit DW-TV. Wirtschaftspolitisch wichtig sei auch, dass Europa und die USA gegenüber den asiatischen Märkten geschlossen auftreten. "Wir müssen die Standards setzen, sonst werden uns die Standards diktiert."
In einem am Mittwoch veröffentlichten Glückwunschschreiben sicherte Bundespräsident Joachim Gauck dem wiedergewählten US-Präsidenten die Partnerschaft Deutschlands zu. Beide Länder seien "auf der Grundlage gemeinsamer Werte, der Freiheit, der Menschenrechte und der Demokratie fest verbunden". Und gemeinsam sei man gefordert, die "globalen Herausforderungen und Bedrohungen für Freiheit, Frieden, Wohlstand und Umwelt anzunehmen".