Er schenkte den Menschen Licht - in zeitlosem Design. Mit "Bulb", einer puristischen Glühbirne, machte er sich in den 1960er Jahren einen Namen. Nun ist Ingo Maurer im Alter von 87 Jahren gestorben.
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Pures Licht: Ingo Maurer schuf Designklassiker
Zwei Tage vor seinem Tod wurde sein letztes Werk in München präsentiert. Mehr als 50 Jahre lang schuf Ingo Maurer zeitlose Lampen und Lichtinstallationen. Wir stellen seine leuchtenden Meilensteine vor.
Bild: Ingo Maurer
Die Glühbirne in der Glühbirne
Sie ist seine "große Liebe" und brachte seinen Durchbruch als Designer. Mit "Blub" setzte Ingo Maurer der Glühbirne 1966 ein Denkmal. Für ihn ist sie nicht nur ein Leuchtmittel, sondern "die ideale Symbiose von Poesie und Technik". Der mehr als 50 Jahre alte Verkaufsschlager wird immer noch hergestellt - aus mundgeblasenem Muranoglas.
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Beflügeltes Licht
Die Glühbirne hat Ingo Maurer Flügel verliehen, sie machte ihn international bekannt. 1992 schenkte er ihr Flügel - und schuf wieder einen Klassiker. "Lucellino" heißt diese Lampe. Nackt ist hier nicht nur die Glühbirne, zum gestalterischen Einsatz kommen auch die Elektrokabel, die nicht, wie sonst üblich, versteckt werden.
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Klare Linie
Ingo Maurer klebte jedoch nicht an seiner Glühbirne fest. Er ging stets mit der Zeit, nutzte als einer der ersten neue Produktentwicklungen für seine Designs. Wie hier in "YaYaHo", ein weiterer seiner Klassiker aus dem Jahr 1984. Zwischen horizontalen Metallseilen sind frei bewegbare Halogenlampen im Einsatz.
Bild: Ingo Maurer
Licht im Untergrund
Wer mit der U-Bahnlinie U1 in München an der Haltestelle Westfriedhof aussteigt, taucht in ein Farbenmeer ein. Riesige kuppelförmige Lampenschirme, knapp vier Meter im Durchmesser, hängen über dem Bahnsteig, färben ihn in gelb, rot und blau. Ingo Maurer schuf diese Lichtinstallation 1998 für seine Wahlheimatstadt München.
2006 wurde das Atomium in Brüssel umfassend renoviert. "Nachdem ich das Projekt eine Weile im Kopf herumgetragen habe, beschloss ich, meine ersten Eindrücke als Ausgangspunkt zu wählen: ein starkes, emotionales Erlebnis, das Gefühl, sich in einem Weltraumfahrzeug zu befinden", sagte Maurer, der hier die Lichtplanung übernahm. "Im Atomium will man noch zum Mond fliegen."
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Mehr als Einrichtungsgegenstand
Auch das gehört zum Geschäft des Lichtkünstlers: Einrichtungsmessen wie hier auf der "Light + Building" 2006 in Frankfurt am Main. Sein Unternehmen ist seit den 1970er Jahren auf den Messen dabei und fällt immer wieder mit ungewöhnlichen Präsentationen auf. Zusätzlich eröffnete Maurer 1999 einen Showroom in New York, 2009 einen weiteren in München.
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Von München nach New York
Diese Schneeflocke aus Edelstahl wurde in der Münchner Werkstatt von Ingo Maurer gefertigt - im Auftrag für das Kinderhilfswerk UNICEF 2004. Es besteht aus 16.000 Kristallprismen und hat einen Durchmesser von sieben Metern. "Unicef Crystal Snowflake" strahlte über der berühmten Straße Fifth Avenue in New York.
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Naturelemente
Dieses riesige Pendel von Ingo Maurer ist derzeit im Atrium der Münchner Pinakothek der Moderne zu sehen. Für diese Arbeit orientierte er sich an der Natur: an der harmonischen Form eines Eis, gekoppelt mit der ruhigen Bewegung eines Pendels. Das drei Meter hohe Werk aus Aluminium wurde handgefertigt und aufwendig poliert.
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Letztes Werk
Zwei Tage vor Maurers Tod wurde am 19. Oktober im Foyer des Münchner Residenztheaters die 12 Meter lange "Silver Cloud", bestehend aus 3000 versilberten Blättern, vorgestellt. "Wir sind dankbar, dass wir dieses Projekt gemeinsam mit Ingo Maurer, der daran noch bis kurz vor seinem Tod gearbeitet hat, realisieren konnten und werden sein Andenken bewahren", schrieb das Theater auf der Internetseite.
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Ingo MaurerBild: picture-alliance/dpa/S. Görlich
Vor mehr als 50 Jahren liegt Ingo Maurer, angetrunken nach einer Flasche Rotwein, auf seinem Hotelbett in Venedig und starrt an die Decke - und eine nackte Glühbirne starrt zurück. Als "wunderschön" empfindet er die 15-Watt-Birne. "Manchmal werden die Dinge ja intensiver, wenn man nicht ganz nüchtern ist. Ich habe mich sofort hingesetzt und meine Lampe 'Bulb' gezeichnet", erzählte der Lichtkünstler 2014 der Wochenzeitung DIE ZEIT. Gleich am nächsten Tag soll er auf die Insel Murano übergesetzt sein und sich seinen Entwurf von den Glasbläsern anfertigen haben lassen: eine Glasskulptur in Form einer Glühbirne - mit Glühbirne. Ein Designklassiker war geboren und schaffte es bereits drei Jahre später, 1969, in die Design Collection des Museum of Modern Art in New York, ein außerordentlicher Ritterschlag für eine Lampe.
Inspiriert von Sonnenstrahlen
Ingo Maurer, geboren 1932, wuchs auf der Insel Reichenau im Bodensee in Süddeutschland auf. Sein Vater war dort Fischer, das Element Wasser prägte den Jungen, der sehr viel Zeit auf dem See verbrachte. "Ich lag auf dem Rücken in einem Boot und schaute verträumt in den Himmel", erzählte er einmal der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Die Reflexionen der Sonnenstrahlen seien ihm stets im Gedächtnis geblieben. Maurer wuchs während des Zweiten Weltkrieges auf, machte später eine Ausbildung als Schriftsetzer in Konstanz und studierte anschließend Gebrauchsgrafik in München. In den 1960er Jahren arbeitete er in New York und San Francisco. 1966 gründete er die Firma "Design M", die später zu "Ingo Maurer GmbH" umbenannt wurde. Hier entwarf er seine ersten wegweisenden Leuchten bis hin zur Produktreife.
Pures, zeitloses Licht
"Schlechtes Licht macht unglücklich", hat Maurer einmal gesagt und immer wieder seine große Liebe zur Glühbirne bekannt. Sie war sein Markenzeichen. Während andere Designer diese nur als Leuchtmittel begreifen und sie unter Schirmen verstecken, machte Maurer sie zum Zentrum seiner Entwürfe. Aber auf diesem zeitlosen Einfall ruhte er sich nicht aus. Bereits in den 1980er Jahren arbeitete er mit Niedervolt-Systemen, hängte Halogenleuchten an Metallseile und setzte auch hier erneut Designstandards.
Raumgreifende Maßstäbe entwickelte Ingo Maurer ab den 1990er Jahren. Hier machte er sich als Lichtkünstler einen Namen, schuf Installationen für den öffentlichen Raum wie U-Bahnhöfe in München oder für das Atomium in Brüssel. Nur zwei Tage vor seinem Tod wurde sein letztes Werk vorgestellt: "Silver Cloud", eine zwölf Meter lange Installation aus 3000 Silberblättern, im Foyer des Münchner Residenztheaters. Ingo Maurer verstarb am 21. Oktober im Alter von 87 Jahren.