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Erdal Doğan: "Aslı Erdoğan aus politischen Gründen in Haft"

Başak Özay14. September 2016

Erdal Doğan ist Anwalt der inhaftierten türkischen Journalistin und Schriftstellerin Aslı Erdoğan. Im DW-Interview berichtet er über ihre Haftbedingungen und die Lage anderer inhaftierter Schriftsteller.

Asli Erdogan. (Foto: DW)
Bild: DW

Deutsche Welle: Seit 25 Tagen ist Aslı Erdoğan in Haft. Man weiß, dass es um ihre Gesundheit schlecht steht. Wie geht es ihr aktuell? Können Sie sie besuchen?

Erdal Doğan: Da ich ihr Anwalt bin, darf ich sie besuchen. Ich bemühe mich, sie ein bis zwei Mal pro Woche zu sehen. Körperlich hat Aslı Erdoğan einige Beschwerden. Sie hatte Operationen an der Wirbelsäule und hat Probleme mit dem Hals. Gleichzeitig muss sie eine bestimmte Diät einhalten und regelmäßig essen. Das ist leider nicht möglich. Wir haben entsprechende Forderungen gestellt - manchen ist man nachgekommen, anderen noch nicht. Darüber hinaus ist es sehr verletzend für sie, als Schriftstellerin, die sich immer für Frieden, Demokratie und Gewaltlosigkeit eingesetzt hat, beschuldigt zu werden, Terror zu propagieren und Mitglied einer terroristischen Organisation zu sein. Die unrechtmäßige Beschuldigung und Inhaftierung hat auch Einfluss auf Aslı Erdoğans Psyche. Am meisten belastet sie, dass es hier weder Vernunft noch Gesetz gibt.

Mit was für einem juristischen Verfahren muss Aslı Erdoğan angesichts dieser Anschuldigung rechnen? Und wie stehen ihre Chancen, freigelassen zu werden?

Ich muss sagen, dass dies keine rechtmäßige Inhaftierung ist, es gibt hier keine juristische Logik. Hier geht es allein um eine politische Bestrafung. Aslı Erdoğan war, obwohl sie keine Kurdin ist, Autorin für die Zeitung Özgür Gündem, die sich für die kurdische Sache einsetzt, und ihr Name wurde im Zusammenhang mit einem Rat, und zwar dem Beratungsrat, genannt, der nach dem Pressegesetz der Türkei keinerlei juristische Verantwortung hat. Wir denken, dass hier die Botschaft gesendet werden sollte, sie solle sich nicht in die Kurdenproblematik einmischen und sich keine Gedanken um die Politik des Staates machen. Gleichzeitig war das eine Botschaft, die sich auch an andere Intellektuelle und Oppositionelle richten sollte. Wie lange diese Bestrafung andauern wird, wissen wir nicht. Wir haben Widerspruch eingelegt, einer wurde abgelehnt. In fünf, sechs Tagen wird der Widerspruch noch einmal geprüft. Aber im Moment gibt es den Ausnahmezustand in der Türkei. Die Richter und Staatsanwälte können sich nicht einbringen wie früher etwa. Sie bewegen sich unter dem Einfluss der politischen Atmosphäre mit Angst. Deswegen ist Aslı Erdoğan noch immer in Haft, obwohl oppositionelle Parteien wie die CHP und HDP das Thema auf die Tagesordnung setzen und internationale Organisationen wie PEN ihre Bedenken äußern. Wir hoffen, dass sie so schnell wie möglich freigelassen wird und wir stellen jedes dafür notwendige juristische Ersuchen.

Nach Aslı Erdoğan wurde auch die Sprachwissenschaftlerin und Übersetzerin Necmiye Alpay aus ähnlichen Gründen inhaftiert. Wie bewerten Sie dieses Vorgehen gegen Schriftsteller?

Wir wissen, dass die Meinungsfreiheit zunehmend unterdrückt wird. Nicht nur Kritik im Inland, auch die Kritik an der Syrien-Politik der Türkei wird sehr hart bestraft. Für die Kritik an der Innen- und Außenpolitik der Regierung droht eine sehr harte Gefängnisstrafe. Die schwersten Beschuldigungen werden mit Terrorismus und Terrorpropaganda betitelt. Selbstzensur gab es ohnehin, viele Autoren und Journalisten haben aufgehört, für Zeitungen zu schreiben. Sie haben begonnen, die Dinge nicht auszusprechen und so kam es auch in den sozialen Medien zur Selbstzensur. Die Bürger leben ohnehin in Angst. Man hat ein Imperium errichtet, das auf Angst aufbaut.

Aslı Erdoğan wird international unterstützt. Zum Beispiel findet für sie am Donnerstagabend eine Solidaritätsveranstaltung in Köln statt. Hat diese Unterstützung Wirkung?

Wir denken, dass die internationale Unterstützung außerhalb der Türkei sehr wichtig ist. In der Türkei werden Mahnwachen gehalten. Die sind wirksam, um Öffentlichkeit herzustellen. Als Jurist kann ich unterstreichen, dass es wichtig ist, dass diese Arbeit fortgeführt wird und dass die Unterstützung wichtig ist. Das ist ein Kampf für Demokratie. Die Entwicklungen in der Türkei gehen die Welt und besonders das benachbarte Europa direkt an. Denn die Demokratisierung und der Frieden hier betreffen auch die europäische Gesellschaft.

Das Interview führte Başak Özay.

Die türkische Schriftstellerin und Journalistin Aslı Erdoğan wurde im Zuge der Verhöre bei der Zeitung Özgür Gündem in Untersuchungshaft genommen. Sie war auch Autorin bei der Zeitschrift KaraKarga. Wegen mutmaßlicher "Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation" wurde sie verhaftet. Nach ihr wurde kurz vor dem Weltfriedenstag am 1. September auch die Sprachwissenschaftlerin und Übersetzerin Necmiye Alpay festgenommen.

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