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Jost Kobusch über Beben am Mount Everest: "Alles wackelte"

8. Januar 2025

Die Auswirkungen des Erdbebens in Tibet überraschen den deutschen Bergsteiger Jost Kobusch am höchsten Berg der Erde im Zelt auf 5700 Metern. Für ihn ist es bereits die zweite Erdbeben-Erfahrung am Everest.

Jost Kobusch - am 27. Dezember auf der Westschulter des Mount Everest
Jost Kobusch - am 27. Dezember auf der Westschulter des Mount Everest Bild: Jost Kobusch

"Ich dachte erst, neben mir sei ein Serac [großer Eisblock eines Gletschers - Anm.d.Red.] abgegangen", erzählt der deutsche Bergsteiger Jost Kobusch am Telefon. "Dann merkte ich, dass alles wackelte."

Als am Dienstagmorgen (7. Januar) Ortszeit in Tibet die Erde bebte, befand sich Kobusch an einem alles andere als erdbebensicheren Ort: in seinem Zelt am Mount Everest auf 5700 Meter Höhe. "Schließlich hörte ich, wie auch Steine herunterfielen. Und ich spürte die Druckwellen, als einige Seracs zusammenbrachen."

Große Angst habe er trotzdem nicht gehabt, sagt Kobusch: "Mein Zelt stand relativ sicher auf einer Felsplatte, wie auf einem kleinen Balkon, rechts und links von Eistürmen flankiert." Dennoch sei sein Zelt nun nicht mehr zu gebrauchen. "Es hat einige Löcher von Einschlägen kleiner Steine. Eine Druckwelle hat zudem das Sichtfenster des Zelts förmlich herausgedrückt."

Als die Erdstöße nachließen, wartete Kobusch noch eine Weile, bevor er sich auf den Abstieg machte. "Ich habe mir bewusst Zeit gelassen, damit sich alles am Berg wieder sortieren konnte." Wenige Stunden später erreichte er wohlbehalten eine italienische Forschungsstation im Everest-Tal auf rund 5000 Metern, die ihm bei seiner Expedition als Basislager dient.

Mehr als 120 Tote in Tibet

Das Epizentrum des Bebens der Stärke 7,1 auf der Richterskala lag 80 Kilometer nördlich des Mount Everest, in der Region Tingri in Tibet. Nach Angaben chinesischer Staatsmedien kamen dort mehr als 120 Menschen ums Leben. Das dünn besiedelte Gebiet ist vielen Bergsteigern und Trekkingtouristen bekannt, da es auf dem Weg zur tibetischen Nordseite des Mount Everest liegt.

Jost Kobusch will den Mount Everest im Winter im Alleingang und ohne Flaschensauerstoff besteigenBild: Daniel Hug/Terragraphy/Archiv J. Kobusch

Kobusch versucht bereits zum dritten Mal nach 2020 und 2022, von der nepalesischen Südseite aus den Everest im Winter zu besteigen: im Alleingang, ohne Flaschensauerstoff, über den selten versuchten, weil anspruchsvollen Westgrat des Bergs. Am 27. Dezember erreichte er bei einem ersten Vorstoß nach Anzeige seines Höhenmessers eine Höhe von 7537 Metern. So hoch kam auf dieser Route zuvor noch niemand im Winter.

Die Wintererstbesteigung des höchsten Bergs der Erde gelang 1979 den beiden Polen Krzystof Wielicki und Leszek Cichy - allerdings mit Flaschensauerstoff und in einem großen Team. Insgesamt erreichten bisher nur 15 Bergsteiger im Winter den Gipfel auf 8849 Metern, davon lediglich der Nepalese Ang Rita Sherpa 1987 ohne Atemmaske.

Wer am Everest auf Flaschensauerstoff verzichtet, bewegt sich ohnehin schon im physiologischen Grenzbereich. Im Winter verschärft der üblicherweise sehr niedrige Luftdruck zusätzlich die Belastung für den Körper.

Kobuschs Lawinen-Video 2015 ging viral

Für Jost Kobusch war es bereits die zweite Erdbeben-Erfahrung am Mount Everest. Im April 2015 hatte ein verheerendes Erdbeben in Nepal eine Lawine vom gegenüberliegenden Siebentausender Pumori ausgelöst. Sie zerstörte das Everest-Basislager, 22 Menschen kamen dabei ums Leben. Kobusch hatte in jenem Frühjahr den neben dem Everest gelegenen Achttausender Lhotse besteigen wollen. Sein Video von der Lawine ging um die Welt. Das Beben 2015 hatte in Nepal insgesamt rund 9000 Menschen das Leben gekostet.

Ob Kobusch nun seine Expedition beendet, lässt er noch offen: "Ich warte jetzt erstmal die nächsten Tage ab. Wer weiß, was noch kommt? Es wird weiter tektonische Aktivität geben, womöglich einige Nachbeben." Die geplante Route sei bereits im unteren Bereich stark lawinengefährdet.

Sein ambitioniertes Winterprojekt am Mount Everest ist ohnehin nicht auf diesen Winter beschränkt. "Am Ende geht es mir ja nicht darum, kurzfristig irgendwelche Rekorde zu knacken", sagt der deutsche Profi-Bergsteiger. "Ich möchte langfristig das Projekt schaffen. Das ist der Fokus."

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