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Konflikte

Erdogan empört über Resolution zu Armenien

30. Oktober 2019

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nennt die Anerkennung des Völkermords an den Armeniern durch das US-Repräsentantenhaus wertlos. Er sieht darin die "größte Beleidigung unseres Volkes".

Türkei Rede von Präsident Erdogan während einer Zeremonie in Istanbul.
Bild: picture-alliance/dpa/Turkish Presidential Press Service

"Ich wende mich an die amerikanische Öffentlichkeit und den Rest der Welt: Dieser Schritt hat absolut keinen Wert und wir erkennen ihn ohnehin nicht an", sagte der türkische Präsident in Ankara. "Dennoch bedauern wir, dass diese Verleumdung gegen unser Land in einem Parlament eines Landes angenommen wurde. Was ist das für eine Haltung?" Weiter betonte Recep Tayyip Erdogan, dass im islamischen Glauben Genozid strikt verboten sei. "Diejenigen, die eine Vertreibung als Genozid darstellen, suchen einen Schuldigen", sagte er. Er betrachte die Resolution als "größte Beleidigung unseres Volkes". Das sei ein Schritt, der "allein aus innenpolitischen Erwägungen getroffen" wurde, sagte er.

Kurz zuvor hatte das Außenministerium in Ankara protestiert und erklärt, die Resolution sei offenbar "für den inländischen Konsum verfasst und herausgegeben" worden und habe keine "historische oder rechtliche Grundlage". Sie sei ein "bedeutungsloser politischer Schritt". Sie richte sich nur an die armenische Lobby und Türkei-feindliche Gruppen. Außenminister Mevlut Cavusoglu sprach auf Twitter von einer "antiquierten Resolution" und einer "beschämenden Entscheidung", die mit Blick auf den türkischen Vorstoß in Syrien darauf abziele, "Rache zu nehmen".

Etliche vergebliche Anläufe

Das US-Repräsentantenhaus hatte am Dienstag mit einer Mehrheit von 405 zu 11 Stimmen eine Resolution verabschiedet, die erstmals die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich in den Jahren 1915 bis 1917 als Völkermord bezeichnet. In den vergangenen Jahrzehnten waren immer wieder ähnliche Beschlussvorlagen eingebracht worden, doch hatten sie nie eine Mehrheit erzielt. Das Votum fand am Tag der Republik in der Türkei statt, bei dem an die Staatsgründung 1923 erinnert wird.

Aus Protest gegen den Beschluss der Kongresskammer bestellte die Türkei den US-Botschafter ein.  Das meldet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf diplomatische Quellen. Zweiter Grund für die Einbestellung des US-Botschafters David Satterfield sei die Billigung eines Gesetzesentwurfs durch das US-Repräsentantenhaus, der Sanktionen gegen die Türkei wegen des Einmarschs in Syrien vorsieht.

Ankara bestreitet Genozid

Die Türkei als Nachfolgestaat des Osmanischen Reiches gesteht zwar den Tod von 300.000 bis 500.000 christlichen Armeniern während des Ersten Weltkrieges ein, weist aber die Einstufung als Völkermord zurück. Gewalt und Deportationen seien Folge von bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen gewesen, so die Argumentation.

Eine Veranstaltung zum Gedenken an den Völkermord an den Armeniern im April 2019 in ParisBild: Getty Images/AFP/E. Feferberg

Mittlerweile haben rund zwei Dutzend Staaten den Genozid offiziell anerkannt, darunter Frankreich, Italien und die Niederlande. Auch Papst Franziskus sprach vom "ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts". Der Deutsche Bundestag verabschiedete 2016 eine Resolution, die den Völkermord verurteilte. Das führte zu erheblichen diplomatischen Spannungen zwischen Deutschland und der Türkei.

Am 24. April 1915 hatten die Gewalttaten mit der Verhaftung von 235 armenischen Intellektuellen in Istanbul begonnen. Zwischen 1915 und 1917 wurden zwischen 300.000 und 1,5 Millionen Armenier, Pontos-Griechen, Assyrer und Aramäer ermordet. Die großen Unterschiede bei den Zahlen hängen mit ungenauen Bevölkerungsstatistiken zusammen.

kle/stu (dpa, afp, kna)

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