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Politik

Erdogan will eine Million Syrer heimschicken

3. Mai 2022

In der Türkei wächst die feindselige Stimmung gegenüber syrischen Flüchtlingen. Aus wahltaktischen Gründen startet Präsident Erdogan ein Projekt, das Syrern die Rückkehr in die Heimat schmackhaft machen soll.

Recep Tayyip Erdogan
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forciert die Rückkehr syrischer FlüchtlingeBild: Ebrahim Noroozi/AP/dpa/picture alliance

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will eine Million syrischer Flüchtlinge zur freiwilligen Rückkehr in ihre Heimat bewegen. Als Anreiz locken neu errichtete Wohnungen und eine fertiggestellte lokale Infrastruktur. "Wir bereiten ein Projekt für die Rückkehr von einer Million unserer syrischen Schwestern und Brüder in ihr Heimatland vor", sagte Erdogan in einer Videoansprache. Dabei konzentriere man sich besonders auf Regionen in Nordsyrien. "Wir werden dieses Projekt mit 13 lokalen Gemeinden in der Region durchführen, insbesondere in Azaz, Al Bab, Tal Abyad und Ras-al Ayn", sagte Erdogan.

Die Ansprache wurde auch von Hunderte Menschen in Idlib, im Nordwesten Syriens, verfolgt. Parallel dazu fand eine Zeremonie zur Schlüsselübergabe für Häuser statt, die türkische Firmen im Norden des kriegsgebeutelten Landes für vertriebene Syrer errichtet hatten.

Ein vom türkischen Roten Halbmond geführtes Flüchtlingslager nördlich von Idlib Bild: Francisco Seco/AP Photo/picture alliance

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu reiste in die Region Sarmada im Nordwesten Syriens. In einer Rede versicherte er, die Türkei werde die Syrer weiterhin unterstützen und bis Ende 2022 mindestens 100.000 Wohnungen in der Region fertigstellen.

Mehr als 3,6 Millionen syrische Flüchtlinge

Die Türkei mit ihren knapp 85 Millionen Einwohnern beherbergt derzeit rund fünf Millionen Flüchtlinge. Mehr als 3,6 Millionen davon sind Syrer. Sie waren nach dem Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahr 2011 in das südliche Nachbarland geflohen. Im Zuge der schweren Währungs- und Wirtschaftskrise in der Türkei verschärft sich die Stimmung vor allem gegenüber syrischen Flüchtlingen. In der Hauptstadt Ankara kam es im vergangenen Jahr zu gewalttätigen Angriffen auf Syrer, ihre Wohnungen und ihre Geschäfte.

Erdogan befürchtet, das Thema könne die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im nächsten Jahr dominieren und will deshalb mit dem Rückkehrprogramm dem vorgreifen. In seiner Videobotschaft erklärte er nun, seit 2016 seien rund 500.000 Syrer in "sichere Zonen" an der türkisch-syrischen Grenze zurückgekehrt.

Die Türkei will laut Erdogan auch beim Bau einer Schule und eines Krankenhauses für die Rückkehrer helfen und die von der lokalen Wirtschaft benötigte Infrastruktur unterstützen, "von der Landwirtschaft bis zur Industrie".

Syrische Flüchtlinge auf dem Weg in ihre Heimat - sie feiern dort das Fest Eid al-Fitr zum Ende des Fastenmonats Ramadan Bild: DHA

Zivilgesellschaftliche Vereinigungen und Hilfsorganisationen befürchten, dass die Flüchtlinge im Wahlkampf 2023 als Sündenbock für die Probleme in der Türkei herhalten müssen. Mehrere Oppositionsparteien fordern regelmäßig die Rückkehr der syrischen Flüchtlinge in ihr Heimatland. Politiker der größten türkischen Oppositionspartei CHP werben gar mit der Ankündigung, bei einem Wahlsieg würden sie alle Syrerinnen und Syrer in ihre Heimat zurückschicken.

se/rb (afp, dpa)

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