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Bildung

Erdogan wirft Darwin aus den Schulen

23. Juni 2017

Die Evolutionstheorie kommt bei radikalen Gläubigen aller Konfessionen nicht gut weg. Sie steht aber in den Schulen aller Nationen auf dem Lehrplan. Mit einer Ausnahme. Bislang. Denn eine zweite kommt nun hinzu.

Homo errectus
Bild: picture-alliance/dpa

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan habe den neuen Lehrplan bereits unterzeichnet, sagte der Oberste Erziehungsrat des türkischen Bildungsministeriums, Alpaslan Durmus, in Ankara. Damit werde Charles Darwins Evolutionstheorie ab 2019 aus türkischen Lehrbüchern verschwinden. Der neue Lehrplan werde mit dem Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan am Dienstag vorgestellt.

Nach Ansicht der türkischen Regierung ist die Evolutionstheorie für Schüler zu kontrovers und kompliziert. Daher solle das Kapitel aus dem Biologieunterricht der neunten Klassen entfernt und durch ein neues namens "Lebewesen und ihre Umwelt" ersetzt werden, sagte Durmus. Die Evolutionstheorie wird dann nur noch an der Universität gelehrt. Durmus sprach von einer "Vereinfachung des Lehrplans".

Kein Verfechter der Evolutionstheorie: Der türkische Staatschef ErdoganBild: Getty Images/AFP/A. Altan

Die größte türkische Oppositionspartei CHP sowie Akademiker mehrerer Universitäten kritisieren den Entwurf. Das einzige Land, in dem der Darwinismus ebenfalls vom Lehrplan gestrichen ist, sei Saudi-Arabien. Der Kreationismus kommt dagegen schon seit den 80er Jahren in türkischen Schulbüchern vor. Laut einer Umfrage von 2012 zweifeln 70 Prozent der Türken an der Evolutionstheorie.

"Scharia-Prinzipien"

Der CHP-Abgeordnete für Istanbul, Baris Yarkadas, warf der islamisch-konservativen AKP vor, das Land nach islamischen Gesetzesprinzipien regieren zu wollen. "Eine erwiesene Theorie aus den Lehrplänen zu entfernen heißt, Wissen und Wissenschaft zu missachten. Die AKP-Regierung ersetzt sie mit einem Programm, das Scharia-Prinzipien enthält", sagte Yarkadas. Seine Partei will den gesetzlichen Lehrplan vor Gericht anfechten.

Die Türkei ist formal ein laizistischer Staat mit Religionsfreiheit, ein Erbe von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk (1881-1934). Säkulare Türken befürchten seit langem eine Islamisierung sowohl des Lehrplans als auch der Gesellschaft. Seit dem Regierungsantritt der AKP 2003 wurde das Kopftuchverbot aufgehoben, Glücksspiel verboten und Alkoholverbote ausgeweitet.

rb/uh (dpa, kna)