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Politik

Erdogans Erfolg: "Wahlsieg war teuer erkauft"

25. Juni 2018

Manche Berichterstatter hatten mit einem knapperen Ausgang gerechnet. Der Sieg von Präsident Recep Tayyip Erdogan in der Türkei stößt auch vor diesem Hintergrund nicht auf ein positives Echo. Einige Pressestimmen.

Türkei Wahl Tageszeitung
Bild: Getty Images/AFP/O. Kose

"Die Opposition muss sich wieder einmal mit dem Gefühl begnügen, dabei gewesen zu sein",

schreibt der TAGES-ANZEIGER aus der Schweiz zum Wahlergebnis in der Türkei. Das Blatt kommentiert weiter:

"Die Verunsicherung wird anhalten, Kapital und Köpfe werden weiterhin fliehen, daran wird das Wahlergebnis nichts ändern. Der Verfall der türkischen Lira ist nicht nur hausgemacht, aber die politischen Zustände spielen eine große Rolle beim Vertrauen in eine Währung. Viele Unternehmen hat dies schon an den Rand der Zahlungsfähigkeit gebracht. Auch der Staat hat über seine Verhältnisse gelebt, er hat das Geld mit vollen Händen ausgeteilt, um die Wähler zufrieden zu stimmen. Dieser Wahlsieg war teuer erkauft. Die Großzügigkeit lässt sich nicht fortsetzen, sie führt die Türkei in eine Schuldenkrise."

Die spanische Zeitung EL MUNDO spricht von einer "beunruhigenden Ära" und meint:

"Angesichts des autoritären Abgleitens und Erdogans Streben nach Islamisierung befürchten viele, dass die liberale Demokratie in einer Schlüsselnation für die Geostrategie der Welt nun den Todesstoß bekommt. Im Stil von Putin in Russland hat Erdogan Sicherheit und nationalistischen Stolz zu seinen großen Themen gemacht und damit die Idee effektiv umgesetzt: 'Ich oder das Chaos'."

Die Londoner TIMES geht davon aus, dass Erdogan - Zitat

"viele Türken vor den Kopf gestoßen hat. Einstige Insider berichten, dass das in starkem Maße an seinen Beratern liegt, die von einem vielseitigen, gebildeten und moderat unabhängigen Kreis zu einer Clique von Ja-Sagern geschrumpft sind. Es ist fast niemand mehr übrig, der dem Mächtigen noch die Wahrheit sagt."

Die italienische Zeitung LA REPUBBLICA schreibt: 

"Erdogan hat nun die größtmögliche Macht in der Hand. Vor ihm liegt ein Mandat für fünf Jahre mit quasi absoluter Macht, obgleich in einem gespaltenen Land. Kein Ministerpräsident mehr. Das Parlament unter direkter Kontrolle. Richter direkt vom Staatschef eingesetzt. Auch hat der Präsident die Politik der Zentralbank unter Kontrolle. Seine Prüfbank wird die Wirtschaftskrise mit dem Verfall der türkischen Lira. Aber Erdogan hat nun freie Hand."

Das Fazit der russischen Zeitung KOMMERSANT lautet:

"Die vorgezogenen Wahlen von Präsident und Parlament in der Türkei haben gezeigt, dass das Land weiterhin keine Alternative zum Kurs von Staatschef Recep Tayyip Erdogan sieht. In Zeiten ökonomischer Probleme und großer Müdigkeit wegen der Unabänderlichkeit der Macht war es schwer, die Wähler zu mobilisieren. Erdogan und seine Helfer setzten deshalb auf nationalistische Parolen und das Entlarven äußerer Feinde. "

ml/rb (dpa)